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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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ein. Er nickte bedächtig. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Du hörst von mir. Aber ich bin keine Wohltätigkeitsorganisation, Isaac. Ich bin Geschäftsmann und du bist ein Kunde. Ich lasse mir meine Arbeit bezahlen. Ich setze es auf deine Rechnung, klar?«
    Isaac nickte ergeben. Aus Lemuels Tonfall sprach keine Gekränktheit, kein Groll, keine Heimtücke. Er konstatierte lediglich die nackte Wahrheit unter seiner Bonhomie. Isaac wusste, falls es sich besser auszahlte, den Lieferanten der fraglichen Raupe nicht zu nennen, würde Lemuel eben schweigen.
     
    »Bürgermeister.« Eliza Stem-Fulcher trat beschwingten Schrittes in den Lemquist Room. Rudgutter blickte fragend auf. Sie warf eine dünne Zeitung vor ihn auf den Tisch. »Wir haben eine Spur.«
     
    Teafortwo wachte auf und machte sich getröstet davon, nachdem David und Isaac ihm nochmals versichert hatten, dass niemand ihm für das Geschehene die Schuld gab. Gegen Abend hatte sich eine trostlose Ruhe über das Lagerhaus am Paddler Way gesenkt.
    David fütterte Lublamai mit Früchtekompott und massierte jeden Löffel voll seinen Hals hinunter. Isaac wanderte ruhelos auf und ab. Er hoffte, dass Lin nach Hause kam, den Zettel fand, den er am Abend zuvor an ihre Tür geheftet hatte, und vielleicht schon auf dem Weg zu ihm war. Wenn sie es nicht schwarz auf weiß sähe und in seiner Handschrift, überlegte er, würde sie die Nachricht wahrscheinlich für einen schlechten Scherz halten. Dass Isaac sie in sein Reich einlud, war etwas nie Dagewesenes. Doch er brauchte sie, und er hatte Angst, wenn er das Haus verließ, eine entscheidende Veränderung in Lublamais Befinden zu verpassen oder eine wichtige Information.
    Die Tür wurde aufgestoßen, Isaac und David fuhren herum.
    Es war Yagharek.
    Isaac staunte. Zum ersten Mal tauchte Yagharek auf, während David anwesend war (und Lublamai natürlich, obwohl man ihn in seinem jetzigen Zustand kaum als anwesend bezeichnen konnte). David beäugte den Garuda und die von der schmutzigen Decke verhüllte Flügelattrappe.
    »Yagharek, mein Alter«, sagte Isaac unbeholfen, »komm rein. Das ist David … Wir haben hier ein kleines Malheur gehabt …« Er stapfte mit schweren Schritten zur Tür.
    Yagharek wartete, halb drin, halb draußen, bis Isaac bei ihm war, dann flüsterte er – ein eigenartiges Geräusch, wie von einem Vogel, dem sich die Schlinge um den Hals zusammenzieht: »Ich wäre nicht gekommen, Grimnebulin. Ich will nicht gesehen werden …«
    Isaacs Geduldsfaden drohte zu reißen. Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber Yagharek redete schon weiter.
    »Ich habe – Dinge gehört. Ich habe gespürt, es liegt ein Schatten auf diesem Haus. Den ganzen Tag hat keiner von euch das Haus verlassen, weder du noch einer deiner Freunde.«
    Isaac lachte abgehackt. »Du hast gelauert, stimmt’s? Darauf gelauert, dass die Luft rein ist, damit deine kostbare Anonymität gewahrt bleibt …« Er holte tief Atem und zwang sich zur Ruhe. »Sieh mal, Yagharek, uns ist irgendwie der Himmel auf den Kopf gefallen, und ich habe, nimm’s mir nicht übel, weder Lust noch Zeit, um den heißen Brei herumzureden. Ich fürchte, unser Projekt liegt für die nähere Zukunft auf Eis …«
    Yagharek stieß einen spitzen Vogelschrei aus.
    »Das kannst du nicht tun«, rief er tonlos. »Du kannst mich nicht im Stich lassen …«
    »Verflucht!« Isaac zog ihn zur Tür herein. »Sieh dir das an.« Er bugsierte Yagharek vor sich her, dorthin, wo Lublamai lag und röchelte und stierte und sabberte. Er schob mit Nachdruck, aber nicht heftig. Garuda waren drahtig, mit straffen Muskeln, kräftiger, als sie aussahen, aber hager und mit ihren hohlen Knochen kein Gegner für einen ausgewachsenen Mann. Doch nicht nur aus diesem Grund hielt Isaac sich zurück. Die Atmosphäre zwischen ihm und Yagharek war gespannt, aber nicht gereizt. Isaac spürte, dass Yagharek, ohne es sich einzugestehen, erpicht darauf war, den Grund für die über Nacht auf das Lagerhaus herabgesunkene Friedhofsstimmung zu erfahren, selbst wenn es bedeutete, das selbst auferlegte Tabu des Unsichtbarbleibens zu brechen.
    Isaac zeigte auf Lublamai. David schielte den Garuda von unten herauf an. Yagharek ignorierte ihn.
    »Die vermaledeite Raupe, die ich dir gezeigt habe«, sagte Isaac, »hat sich in etwas verwandelt, das meinen Freund so zurichten konnte. Hast du je etwas Ähnliches gesehen?«
    Yagharek bewegte verneinend den Kopf hin und her.
    »Du kannst dir vielleicht

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