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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Damenboutique, zeigte, als die Geschäftsführerin sie in beleidigender Weise aufforderte, das Geschäft zu verlassen, ihre Guineen und wies gebieterisch auf zwei Modellkleider. Sie ließ gründlich Maß nehmen und bestand darauf, dass jedes Teil sich ebenso sinnlich an ihren Körper schmiegte, wie der Couturier es sich bei seinem Entwurf für eine Menschenfrau vorgestellt hatte.
    Sie hatte beide Teile gekauft, alles ohne ein Wort von der Geschäftsführerin, die die Nase rümpfte, als sie das Geld einer Khepri nahm.
    Lin flanierte in einer ihrer Neuerwerbungen durch die Straßen von Salacus Fields, eine exquisit geschnittene Robe in gedecktem Blau, die ihrer dunkelroten Haut Tiefe verlieh. Sie konnte nicht sagen, ob sie sich besser oder schlechter fühlte als vorher.
    Sie trug das Kleid auch am nächsten Morgen, als sie eine Droschke nahm, um zu Isaac zu fahren.
     
    Bei den Kelltree-Docks begrüßte man denselben Morgen mit lautem Freudengeheul. Die Vodyanoi-Docker hatten die ganze Nacht hindurch gewaltige Mengen Wasser bewegt, geschachtet, geschanzt und gekræftet. Mit dem Aufgang der Sonne entstiegen sie zu Hunderten dem Fluss, schöpften große Hände voll Wasser und schleuderten es weit hinaus über den Gross Tar.
    Das Werk war vollbracht. Ein Graben aus Luft, eine mehr als 15 Meter breite Schlucht, zog sich quer durch den Fluss, die ganzen annähernd 300 Meter von einem Ufer zum anderen. An beiden Seiten und hie und da am Grund hatte man schmale Abflüsse belassen, damit das Wasser sich nicht aufstaute. Am Boden des Grabens, 15 Meter tief unter der Oberfläche, wimmelte es von Vodyanoi, plumpe Leiber, die im Morast übereinander glitschten und sorgfältig die eine oder andere Stelle in den gläsernen Wasserwällen nachkræfteten. Gelegentlich gab es einen kurzen Wortwechsel, und ein Vodyanoi schnellte sich mit den starken, froschähnlichen Hinterbeinen in einem mächtigen Satz über die Köpfe seiner Genossen hinweg in die Wassermauer und schwamm davon, um dies oder jenes zu erledigen. Andere beeilten sich, die aufgestörte Fläche hinter ihm zu glätten und zu stabilisieren und die Festigkeit ihrer Blockade zu sichern.
    In der Mitte des Grabens hockten drei massige Vodyanoi in unablässiger Diskussion zusammen, die nur ab und an unterbrochen wurde, um Informationen an die Basis weiterzugeben. Anschließend wurde sogleich wieder erregt debattiert. Diese drei waren die gewählten Führer des Streikkomitees.
    Als es hell wurde, entrollten die Vodyanoi am Flussgrund und die Streikpostenketten längs der Ufer Transparente mit Aufschriften wie: GUTER LOHN FÜR GUTE ARBEIT und KEIN PLUS – KEIN FLUSS.
    Zu beiden Seiten der Wasserschlucht kamen kleine Boote bis dicht an den Rand gerudert. Die Matrosen darin reckten die Hälse und schätzten die Breite des Hindernisses. Man sah sie resigniert die Köpfe schütteln. Die Vodyanoi pfiffen und johlten.
    Die Bresche im Fluss lag ein Stück südlich der Barley Bridge wie ein Riegel vor den Frachthäfen. Schiffe warteten auf Einfahrt, Schiffe warteten auf Ausfahrt. Etwa eine Meile flussabwärts, zwischen Badside und Dog Fenn, zügelten Kauffahrer ihre ungebärdigen Seewyrmen und drosselten die Kessel. In der Gegenrichtung, an den Vorlegern und Kajen des Umschlaghafens in Kelltree, beobachteten die Kapitäne auslaufbereiter Schiffe – manche von weit her, wie zum Beispiel aus dem fernen Kadoh – ungeduldig die Streikpostenketten an den Ufern und sorgten sich um die Heimfahrt.
    Im Lauf des Vormittags traten die menschlichen Schauerleute ihre Schicht an. Sie merkten bald, dass ihre Anwesenheit mehr oder weniger überflüssig war. Sobald die noch im Verladebereich vor Anker liegenden Schiffe bedient waren – höchstens Arbeit für zwei Tage – konnten sie die Hände in den Schoß legen.
    Die kleine Abordnung, die bereits mit den streikenden Vodyanoi Kontakt aufgenommen hatte, kam entsprechend vorbereitet. Gegen zehn Uhr vormittags liefen plötzlich an die zwanzig Mann aus den Höfen, kletterten über die Mauern um die Docks und trabten hinunter zu den Streikenden, die ihre neuen Verbündeten frenetisch anfeuerten. Die Männer präsentierten ihre eigenen Transparente: MENSCHEN UND VODYANOI VEREINT GEGEN DIE BOSSE!, und stimmten in die lauten Sprechchöre ein.
    Während der nächsten zwei Stunden wurde die Stimmung aggressiver. Ein harter Kern von Menschen startete innerhalb der niedrigen Mauern des Frachthafens eine Gegendemonstration. Sie schrien Beleidigungen zu den

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