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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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»Tut mir leid, Teafortwo, aber jetzt ist nicht die beste Besuchszeit, in Ordnung? Später vielleicht …«
    »Wollte nur mal gucken, Käp’m …« Teafortwo hörte sich kleinlaut an, das krasse Gegenteil zu seinem gewohnten übermütig-dreisten Keckern. »Wollte wissen, wie’s dem Lublub geht.«
    »Wie?« Isaac sprang auf. »Was weißt du davon?«
    Teafortwo zuckte zurück. »Ich war’s nicht«, heulte er, »ich bin nicht schuld. Will nur wissen, ob’s ihm wieder gut geht, wo doch das große Scheusal sein Gesicht gefressen hat!«
    »Teafortwo, du warst hier?«
    Der Wyrmen nickte trübsinnig und wagte sich etwas weiter hervor.
    »Was ist passiert? Wir sind nicht böse auf dich, wir wollen nur wissen, was du gesehen hast …«
    Teafortwo schniefte und wackelte kummervoll mit dem Kopf. Sein Kinn fing an zu bibbern, er zog eine weinerliche Schnute und die Worte purzelten ohne Punkt und Komma aus ihm heraus:
    »Großes Biest kommt Treppe runter und klappt mit sooo großen grauslichen Flügeln, wo man von ganz dumm im Kopf wird, und hat sooo große Zähne und – und überall Krallen und eine fiese langlange Zunge – und ich – und Mr. Lublub guckt in den Spiegel und dreht sich um und sieht es an und wird ganz – Wischiwaschi – und ich sehe – alles dreht sich in meinem Kopf, und als ich aufwache, hat das Ding seine Zunge glatt in Mr. Lublub sein Mund gesteckt und es macht schlürfschlürf undich – und ich bin abgehauen; ich konnte nichts tun, ich schwöre – ich hab’ so Angst …« Teafortwo fing an zu plärren wie ein kleines Kind, Rotz und Wasser liefen ihm über das Gesicht.
    Er schluchzte immer noch, als Girrvogel auftauchte. Weder Trost noch Flüche noch Bestechung vermochten den Wyrmen zu beruhigen. Zu guter Letzt schlief er ein, zusammengerollt in einer tränenfeuchten, schnupfigen Decke, genau wie ein müde geweintes Menschenkind.
     
    »Du hast mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hergelockt, Isaac. Mir wurde gesagt, es könnte sich für mich auszahlen, in deiner Bude vorbeizuschauen.« Lemuel musterte Isaac abwartend.
    »Gottschiet und dammich, Girrvogel, du geldgieriger Spitzbube«, brauste Isaac auf. »Das ist deine einzige Sorge? Jabber, du kannst dich darauf verlassen, dass du kriegst, was dir zusteht. Zufrieden? Jetzt hör mir zu. Aus einer der Larven, die deine Leute angeschleppt haben, ist ein Monster geworden, das meinen Freund angefallen hat. Wir müssen das Biest kriegen, bevor es sich noch jemanden schnappt, und vor allen Dingen ist es wichtig, dass wir herausfinden, womit wir es zu tun haben. Deshalb brauchen wir Informationen über Mutter und Vater, und zwar pronto. Kannst du mir folgen, Herzensbrüderchen?«
    Lemuel zeigte sich unbeeindruckt von diesem leidenschaftlichen Ausbruch. »Hör mal, du kannst nicht mir die Schuld geben …«, fing er an, doch Isaac unterbrach ihn mit einem wütenden Aufheulen.
    »Beim zwiegeschwänzten Seibeiuns, Lemuel, keiner macht dir Vorwürfe, du Idiot! Ganz im Gegenteil! Womit ich sagen will, dass du ein viel zu gewiefter Geschäftsmann bist, um nicht sorgfältig Buch zu führen, und darin sollst du nachsehen. Wir beide wissen, alle Geschäfte laufen über dich – du musst mir den Namen von dem Kerl nennen, der die große, fette Raupe herbeigeschafft hat. Das Riesenbiest mit den bunten Farben. Erinnerst du dich?«
    »Vage.«
    »Na, wenigstens etwas.« Isaac wurde langsam ruhiger. Er rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht und stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Lemuel, ich brauche deine Hilfe«, sagte er müde. »Ich werde dich bezahlen, aber ich bin auch auf deinen guten Willen angewiesen. Versteh doch«, er schaute Lemuel zwingend an, »das verfluchte Biest ist vielleicht umgekippt und gestorben, Punkt. Wie eine Eintagsfliege: Nur ein einziger goldener Tag. Vielleicht wacht Lub morgen wieder auf als wäre nichts gewesen. Aber vielleicht auch nicht. Ich will also wissen, erstens«, er zählte an den Fingern ab, »wie man Lub aufwecken kann, zweitens, was es mit diesem Biest für eine Bewandtnis hat – unsere einzige Beschreibung davon ist nicht sehr aufschlussreich …« Er warf einen Blick auf den schlafenden Wyrmen. »Und drittens, wie fangen wir das elende Vieh?«
    Lemuel schaute ihn an, seine Miene war steinern. Langsam und ostentativ zog er eine Tabatiere aus der Tasche und nahm eine Prise. Isaac schloss und öffnete die Fäuste.
    »In Ordnung, Zack«, sagte Lemuel ruhig und steckte das edelsteinbesetzte Döschen wieder

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