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Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Titel: Perfect Copy - Die zweite Schöfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ihm verborgene Zusammenhänge offenbarten, die Harmonie dahinter sichtbar wurde.
    Unglaublich. Es machte beinahe Spaß!
    Vielleicht lag das aber vor allem daran, dass es einfach schön war, zusammen mit Svenja in diesem großen, stillen Raum zu sitzen, in dem nichts zu hören war als das Umblättern von Seiten und das Geräusch, das ihre Kugelschreiber auf dem Papier ihrer Schreibblöcke machten. Es fühlte sich wunderbar vertraut an, geradeso, als kennten sie sich schon immer, und von ihm aus hätte es ewig so weitergehen können.
    Allerdings würde es nicht ewig so weitergehen, fiel ihm bei einem Blick auf die Uhr an der Wand ein; im Gegenteil, die Zeit verrann wie im Flug. Er dachte an Cems Ermahnung. Genau, er musste sich mit ihr verabreden. Und das war nicht so einfach, wie sie da saß und am oberen Ende ihres Kugelschreibers kaute. Womöglich lachte sie ihn aus.
    Sie sah hoch, als habe sie seine Gedanken gehört. »Ist was?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte Wolfgang rasch. »Nichts. Ich, ähm, überlege bloß.« Das war ja nicht gelogen.
    Svenja tippte mit ihrem Stift auf eine Darstellung aus Linien und Kreissegmenten in dem Buch. »Diese grafischen Beweise finde ich schwierig. Ich meine, wenn man sie sieht, sind sie leicht zu verstehen, aber wie um alles in der Welt kommt man auf so was?«
    Wolfgang nickte. »Ja. Frag ich mich auch.« Irgendwie kam es ihm blöde vor, zu allem, was sie sagte, nur Ja und Amen zu sagen. Er musste ihr ja vorkommen wie ein Langweiler. »Genauer gesagt«, fügte er deshalb hinzu, »bin ich noch voll damit ausgelastet, die Beweise überhaupt zu verstehen. Draufzukommen… Ich weiß nicht, ob ich je im Leben auf so etwas kommen werde.«
    Sie sah ihn prüfend an, und ihre Nase machte eine kleine Kräuselbewegung dabei, die ihm unglaublich gefiel. »Ach doch«, sagte sie. »Ich glaube, das wirst du. Du bist irgendwie der Typ dafür.«
    Das machte ihn vollends sprachlos. Dass sie so was von ihm dachte. Er machte den Mund auf, aber auf geheimnisvolle Weise war ihm jegliche Sprache abhanden gekommen. Es tat gut, doch. Dass sie überhaupt etwas über ihn dachte, war ja schon allerhand. Aber er wollte doch… sollte doch… hatte sich doch vorgenommen… Mist, wenn Cem mit seinen lockeren Sprüchen auf Mädchen zuging, sah das immer so einfach aus!
    Der Uhrzeiger raste weiter, ungefähr mit halber Schallgeschwindigkeit inzwischen. Wolfgang hatte plötzlich Finger, die feuchte Flecken auf den Buchseiten machten beim Umblättern. Jetzt mal ganz ruhig. Überlegen. Was wollte er selber denn eigentlich? Kino? Nein, eigentlich nicht – was interessierte ihn irgendein Film, wenn er mit Svenja zusammen war? Da gefiel ihm die Idee mit der Eisdiele schon besser. Um genau zu sein: Das stellte er sich einfach sensationell vor. Mit Svenja auf der Terrasse von Da Mario, einen Eisbecher verdrücken und dabei über Gott und die Welt reden? Das war es, was er wollte. Das war es ganz genau.
    Und, ging es ihm durch den Kopf, das zu sagen, was man wirklich wollte, konnte ja wohl kaum verboten sein.
    »Du?«, sagte er, während die Uhr auf die Zwölf zuraste.
    »Ja?«
    »Ich würde dich gern zu einem Eis einladen.«
    In demselben Moment, in dem er das gesagt hatte, konnte er kaum fassen, dass er es wirklich getan hatte. Er hielt die Luft an und sah sie gespannt an. Und obwohl es sowieso mucksmäuschenstill war in der Bibliothek, hätte er schwören können, dass es plötzlich noch stiller war als vorher.
    Svenja blinzelte. »Wie bitte?«
    »Zwei dicke Eisbecher auf der Terrasse von Da Mario. Einer für dich, einer für mich. Und jedes Thema außer Mathe.« Wolfgang kam es vor, als habe er sich für einen Moment in Cem verwandelt, während er das sagte. Aber das war es, was er sich wünschte, verdammt noch mal, und das würde er jetzt durchziehen. Und wenn sie ihn auslachte deswegen.
    Doch sie lachte ihn nicht aus. Die Vorstellung schien ihr im Gegenteil zu gefallen. Zumindest leckte sie sich kurz über die Lippe, als stünde das Eis schon vor ihnen. »Klingt nicht schlecht. Wann?«
    Wolfgang überlegte rasch. »Heute Nachmittag um halb vier?«
    Svenja zog eine Schnute. »So spät?«
    »Um drei ginge auch.« So lange ging der Cellounterricht, und er konnte das Cello ja mitnehmen in die Eisdiele; die lag ohnehin am Weg.
    »Um drei wäre mir lieber.«
    »Dann um drei.«
    »Super.« Sie sah auf die Uhr, die sich plötzlich wieder wie eine ganz normale Uhr benahm, und klappte ihr Buch zu. »Also, ich leih das hier

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