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Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Titel: Perfect Copy - Die zweite Schöfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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aus, was meinst du?«
    Wolfgang konnte es kaum fassen, wie einfach das gegangen war. Er war mit Svenja verabredet! Wow! Was interessierte ihn da Mathe? »Und die anderen, die noch an dem Wettbewerb teilnehmen?«, fragte er, mehr oder weniger, weil es ihm gerade einfiel, nicht weil es ihn sonderlich kümmerte.
    Svenja deutete auf die Regale. »Es sind noch zwei Exemplare da, allerdings mit rotem Streifen. Die anderen werden eben hierher kommen müssen, während wir die Bücher zu Hause haben, weil wir schlau waren und zuerst gekommen sind.« Sie grinste.
    Wolfgang musste auch grinsen und klappte sein Buch ebenfalls zu. »Dann nehm ich das andere.«
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    Kapitel 5
     
    An diesem Donnerstag geschah es zum ersten Mal, dass Wolfgang mit seinem großen schwarzen Cellokoffer eines der alten Spinnräder im Treppenhaus seines Cellolehrers umstieß, zum Glück ohne es zu zerbrechen. Beim Vorspiel fielen ihm mehrmals die Noten herunter, und das, was er auf den Saiten zu Wege brachte, klang so schräg wie schon lange nicht mehr. Und dann fragte Herr Jegelin auch noch: »Wirst du von der Polizei gesucht?«
     
    »Wie bitte?«, fragte Wolfgang. Er war völlig verdutzt. »Nein, wieso?«
    »Weil du immer schneller wirst. Als ob du auf der Flucht wärst.«
    Wolfgang betrachtete die Spitze seines Bogens, als stünden dort die Antworten auf alle Fragen. »Ich fang noch mal an.«
    Herr Jegelin nickte. »Empfiehlt sich.«
    Aber Wolfgang konnte sich nicht konzentrieren. Wie auch, wo er doch nachher mit Svenja verabredet war? Beim Mittagessen war ihm das plötzlich wie der reine Wahnsinn vorgekommen. Er hatte kaum einen Bissen hinunterbekommen. Über was sollte er bloß mit ihr reden? Übers Cellospielen? Klassische Musik? Das interessierte sie bestimmt nicht die Bohne. Aber was dann? Am Ende doch Mathematik? Das interessierte wiederum ihn nicht die Bohne. Wofür interessierten Mädchen sich eigentlich? Er hatte keine Ahnung. Wie auch, wenn er sein halbes Leben mit Celloüben verbrachte?
    Den Kopf kochend voll mit Gedanken verhaspelte er sich natürlich bei der ersten schweren Stelle. Mutlos ließ er den Bogen sinken; das kam ihm plötzlich alles so sinnlos vor.
    »Ich überlege mir, den Unterricht vielleicht zu reduzieren«, sagte er, ohne groß nachzudenken.
    Herr Jegelin sah ihn ausdruckslos an. »Davon wird es nicht besser.«
    »Ja, schon klar.« Wolfgang betrachtete die Porträts der großen Cellisten an der Wand. Sie kamen ihm so fremd vor wie die Gesichter von Marsmenschen. »Ich weiß eigentlich nicht, wozu ich das mache. Cello spielen, meine ich. Ich habe überlegt, ganz aufzuhören. Für eine Weile zumindest, erst mal.«
    »Was sagt denn dein Vater dazu?«
    »Der hält mich für den nächsten Hiroyuki Matsumoto.«
    »Du hast also noch nicht mit ihm darüber gesprochen.«
    »Nein«, gestand Wolfgang.
    Herr Jegelin schwieg, guckte bloß, griff dann in das Fach mit den Noten und holte eine alte Dotzauer-Etüde hervor, die sie schon vor Ewigkeiten durchgenommen hatten. »Gehen wir eine Weile zurück zu den Grundlagen«, meinte er dazu.
    Wolfgang betrachtete das schlicht aussehende Blatt. Viertel und Achtel. Anfängerkram. »Soll ich das jetzt spielen oder was?«
    »Genau. Aber meisterhaft, bitte.«
    Wolfgang atmete durch, setzte den Bogen an und begann. Dabei hatte er das ungute Gefühl, dass er das, was er gesagt hatte, besser für sich behalten hätte.
    Die Eisdiele Da Mario war einer der wesentlichen Treffpunkte von Schirntal. Die Eisbecher waren üppig, die Preise taschengeldfreundlich, und es saß sich gut auf der Terrasse mit den türkisfarbenen Sonnenschirmen. Von hier aus konnte man gemütlich zusehen, wie große Lastwagen sich über die kleine, noch aus dem Mittelalter stammende Brücke über die Schirn quälen mussten, weil das berühmte Schirntaler Möbelgeschäft auf der anderen Seite lag, und wenn mehr als drei Autos zugleich über das Kopfsteinpflaster rumpelten, verstand man sein eigenes Wort nicht, was aber meistens auch nichts machte.
    Svenja war noch nicht da, und zum Glück auch niemand, der auf die Idee kommen würde, Gerüchte in die Welt zu setzen; nur drei Typen aus der Elften, die einen wie ihn ohnehin keines Blickes würdigten. Wolfgang bugsierte seinen großen schwarzen Cellokoffer in eine Ecke der Terrasse und setzte sich auf den freien Stuhl daneben, und als die ewig gelangweilt dreinblickende Kellnerin erschien, bestellte er eine Cola.
    Svenja kam kurz darauf mit dem Fahrrad

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