Perfect Copy - Die zweite Schöfung
er.
Der Journalist langte in eine seiner zahllosen Taschen und förderte eine kleine Karte zu Tage, die er Wolfgang reichte. »Die Adresse meines Büros in Berlin. Da werde ich die nächste Zeit meistens zu erreichen sein.« Er drehte sie um. »Und meine Handynummer. Für alle Fälle.«
Wolfgang nickte, verstaute die Karte in seinem Geldbeutel, nahm sein Rad und ging. Der Journalist blieb auf der Mauer sitzen und sah ihm nach, bis er außer Sicht war.
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Kapitel 8
Wie sich herausstellte, war Wolfgangs Vater längst aktiv und auf den Rat Tommaso Contis nicht angewiesen. Natürlich gab es auch in der Klinik Zeitungen, natürlich war auch dort jedem sofort klar gewesen, wer gemeint war und dass es sich nur um Stunden handeln konnte, bis die Medien wie die Heuschrecken über Schirntal im Allgemeinen und die Familie Wedeberg im Besonderen herfallen würden. Also hatte Dr. Richard Wedeberg alle Termine für den Tag abgesagt und war heimgefahren, wo er mit Dr. Lamprecht, dem Rechtsanwalt der Familie, im Wohnzimmer saß, als Wolfgang nach Hause kam.
Außerdem kniete im Flur ein Mann in grauem Overall vor der Telefonanlage, einen Laptop auf dem Schoß und eine ausgerollte Werkzeugtasche neben sich und unübersehbar dabei, etwas daran umzuprogrammieren.
»Gute Entscheidung der Rektorin«, nickte der Anwalt, nachdem Wolfgang erzählt hatte, wie es ihm in der Schule ergangen war. Die Begegnung mit dem Journalisten verschwieg er, um seinen Vater, der von einer Zornigkeit erfüllt war, die man beinahe körperlich spürte und die Wolfgang so noch nie bei ihm erlebt hatte, nicht noch mehr aufzuregen.
Wolfgang fühlte sich in Gegenwart von Dr. Lamprecht immer unbehaglich. Der Anwalt war so korpulent, dass er selbst in die breiten Ledersessel nur mit Mühe hineinpasste, trug stets dunkle Hemden und Krawatten wie die Gangster in Filmen und wirkte mit seinem dünn ausrasierten Kinnbart und seinen stechenden kleinen Augen eher wie das Oberhaupt eines Mafia-Clans als wie jemand, mit dem man Kaufverträge oder Probleme ärztlicher Haftung besprach. Und so geschäftig hatte er ihn auch noch nie gesehen. Er hatte seinen dicken Terminplaner vor sich auf dem Schoß und sein Mobiltelefon in der Hand und schien ein Telefonat nach dem anderen geführt zu haben.
»Also«, fasste er zusammen, »die Polizei ist informiert und versteht es mittlerweile auch als ihre Aufgabe, euch vor der Presse abzuschirmen. Darauf verlassen wir uns aber nicht, deswegen werden in Kürze ein paar Männer von einem privaten Sicherheitsdienst eintreffen. Und wenn dieser Telefonknilch da draußen endlich mit seinen Gerätschaften zurechtgekommen ist, werden euch nur noch Leute anrufen können, denen ihr den Zusatzcode gesagt habt. Mehr fällt mir im Moment nicht ein.«
»Ich darf gar nicht daran denken, was das alles kostet«, schnaubte Vater.
»Jetzt mal langsam. Wir werden natürlich die Zeitung auf Schadenersatz verklagen. Die Kosten für den Wachdienst, den Telefonmenschen, dein Verdienstausfall, mein Honorar und so weiter – das werden die alles bereitwillig zahlen, wenn ich mit denen fertig bin. Aber das hat Zeit bis später.«
»Ärgerlich ist es trotzdem.«
»Ärgerlich?« Dr. Lamprecht warf ihm einen amüsierten Blick zu. »Du denkst, das ist schon Ärger? Dann lass dir gesagt sein, dass du ein Optimist bist. Der richtige Ärger hat noch gar nicht angefangen.«
Der richtige Ärger kam in Gestalt eines Staatsanwalts, der zusammen mit einigen äußerst dienstlich aussehenden Begleitern kurz nach dem Mittagessen vor der Tür stand. »Schönbrecher, Staatsanwaltschaft Freudenstadt«, sagte er und präsentierte einen beeindruckenden Ausweis sowie eine noch beeindruckendere richterliche Anordnung. »Doktor Richard Wedeberg?« Wolfgangs Vater sah Dr. Lamprecht fragend an, der das Dokument in Augenschein nahm, und erst als der nickte, sagte er: »Ja, der bin ich.«
»Es liegt ein Anfangsverdacht gegen Sie vor, gegen das Embryonenschutzgesetz und damit gegen deutsches sowie europäisches Recht verstoßen zu haben. Ich muss Sie und Ihren Sohn bitten, sich einer vergleichenden genetischen Analyse zu unterziehen.«
Vater nickte grimmig. »Herzlich gern. Je schneller dieser Spuk vorbei ist, desto besser.«
Und so nahmen einige Polizisten und ein Spezialist des Landeskriminalamtes, der zwei große weiße Koffer mitschleppte, das Wohnzimmer in Beschlag. Der Staatsanwalt, dessen Gesicht so faltig war wie sein dünner grauer Anzug, setzte sich
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