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Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Titel: Perfect Copy - Die zweite Schöfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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kommen, oder?«
    »Eher nicht. Meine Großeltern leben schon lange nicht mehr.«
    »Dann bei Festen im Verwandtenkreis.« »Verwandte haben wir eigentlich auch nicht.« Sie sah ihn an. »Und wem spielst du dann hier vor?« »Dir«, sagte Wolfgang ausweichend und mit dem Gefühl, dass das eine gute Gelegenheit für eine pfiffigere Antwort gewesen wäre, wenn er nur eine parat gehabt hätte. Er stand auf. »Ich hol mal alles her.«
    Beim Treppensteigen ging ihm durch den Kopf, dass es eigentlich schon ziemlich ungewöhnlich und irgendwie auch ziemlich traurig war, keine Großeltern zu haben, keine Onkels oder Tanten oder Cousins oder Cousinen oder was andere so hatten. Das kannte er alles nur von Erzählungen. Aber wo hätte die Verwandtschaft auch herkommen sollen, bei zwei Elternteilen, die beide genau wie er selbst spät zur Welt gekommene Einzelkinder waren? Mutter war bei seiner Geburt achtunddreißig gewesen, Vater zweiundvierzig, und schon damals hatte von seinen Großeltern niemand mehr gelebt. Seine Eltern schien diese Einsamkeit weiter auch nicht zu beschäftigen; sie pflegten ja auch keinen Freundeskreis oder dergleichen. Sie waren eben so.
     
    Er holte das Cello und den Bogen, die Svenja beide ausgi e big bewunderte. Ob sie den Bogen mal halten dürfe, wollte sie wissen. »Klar«, sagte Wolfgang und erklärte ihr, dass das Ende, das man hielt, Frosch hieß und dass es Pferdehaare waren, die in den Bogen eingespannt wurden. Er zeigte ihr, wie man den Bogen spannte und entspannte und wie man ihn richtig anfasste, und es durchfuhr ihn wie sanfte elektrische Schläge, dabei ihre Hand zu berühren, als er die Stellung ihrer Finger korrigierte, und er roch den Duft ihres Haares und betrachtete ihre Sommersprossen und redete eine Menge Unsinn und fühlte sich eigenartig beschwingt.
     
    Was so ein Cello koste, wollte sie wissen und erstarrte fast vor Ehrfurcht, als er sagte, dass man für ein einigermaßen gutes Instrument um die fünftausend Euro anlegen müsse. »Mein Cello ist aber ein Familienerbstück, über zweihundert Jahre alt und mindestens das Vierfache wert.«
    »Du meine Güte. Und damit läufst du einfach so durch die Stadt?«
    Wolfgang zuckte die Schultern. »Na ja, es ist natürlich versichert und registriert und alles. Ich meine, es geht ja nicht anders.«
    »Und der Bogen? Was kostet so ein Bogen?«
    Wolfgang nahm den Bogen in die Hand. »Den habe ich jetzt schon eine ganze Weile. Der hat damals zweitausend Euro gekostet, glaube ich.«
    Das erschütterte sie noch mehr. »Dafür hat mein Bruder ein Auto gekauft!«
    »Warte mal.« Wolfgang ging hinüber ins Arbeitszimmer und holte seinen ersten Bogen, der dort über der Kassettensammlung an der Wand hing. »Den hatte ich als Kind, das erste halbe Jahr oder so, ein ganz billiges Teil. Pass mal auf.« Er strich damit über die leeren Saiten, einfach E-A-D-H, und war selber erstaunt, wie dumpf und leblos sein Cello dabei klang. Als er zum Vergleich dieselben Töne mit seinem guten Bogen spielte, hörte auch Svenja den Unterschied. Jeder hätte ihn gehört. Ein guter Bogen wirkte Wunder.
    »Jetzt spiel mal was Richtiges«, forderte Svenja ihn schließlich auf.
    »Moment«, sagte Wolfgang. »Da brauche ich noch Noten und Ständer.«
    Es waren vertraute Bewegungen, den Ständer aufzustellen und einzurichten, das Lochbrett, in dessen Löcher der Stachel des Cellos Halt fand, an einem Stuhlbein zu befestigen, und sich mit dem Cello in die richtige Position zu setzen: aufrecht, den Korpus zwischen den Knien, das Griffbrett vor der Brust und links neben dem Kopf vorbeigehend, sodass es mit der linken Hand gut zu greifen war. Es war beinahe wie im Unterricht, bis ihm plötzlich einfiel, dass Svenja ja moderne Musik gewöhnt war, Popmusik, von der er keine Ahnung hatte, und sich vermutlich nur langweilen würde.
    »Ich spiele was Kürzeres für den Anfang«, kündigte er an, den Bogen in der Hand.
    »Ruhig auch was Längeres, wenn ich schon mal da bin«, meinte Svenja.
    »Ich spiele etwas von Haydn. Einen Satz aus dem Cello-Konzert in C-Dur.«
    »Sagt mir, ehrlich gesagt, nichts.«
    »Es ist eigentlich sehr bekannt. Vielleicht erkennst du es wieder. Du musst einfach sagen, wenn du dich langweilst.«
    »Ich werd's schon aushalten.«
    Er begann. Genau wie er befürchtet hatte, geriet es ihm ziemlich furchtbar. Er griff immer ein bisschen daneben, sodass die Töne schräg und jammrig klangen, vom Tempo her war er zu schnell, sodass er bei den Sechzehnteln

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