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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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gesagt, daß ich wirklich der Ansicht sei, es sei absolut falsch, Johnny völlig anders als alle anderen Jungen zu behandeln, nur weil er im Rollstuhl säße. Ich war mit meiner Rede am Ende und hatte sie noch immer nicht überzeugt, als wir draußen plötzlich Geschrei und einen Mordskrach hörten. Wir rannten beide hinaus in den Hof. Da lag Willie«, fuhr Julie fort, und bei der Erinnerung daran glänzten ihre Augen, »flach auf dem Rücken inmitten mehrerer umgefallener Mülleimer, den Football fest an sich gedrückt und ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Anscheinend konnte Johnny den Football nicht gut fangen, aber er hat - laut Willie -eine Rechte wie John Elway! Johnny strahlte, und Willie sagte zu ihm, er wolle ihn in seinem Team, aber sie müßten mehr üben, weil Johnny auch das Fangen lernen müsse.«
    Als sie wiederum schwieg, fragte Zack sanft: »Und üben sie?«
    Sie nickte, und die Freude stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. »Sie spielen mit dem Rest von Willies Team jeden Tag Football. Und anschließend gehen sie dann zu Johnny, wo der Willie bei den Schularbeiten hilft. Es hat sich nämlich gezeigt, daß Johnny sich zwar nicht am Unterricht beteiligte, aber alles Wissen wie ein Schwamm in sich aufgesaugt hat. Er ist hochintelligent, und wenn er sich ein Ziel gesetzt hat, gibt er nicht auf, bevor er es nicht erreicht. Ich habe noch nie so viel Mut und so viel Entschlossenheit gesehen.« Etwas verlegen über ihren Enthusiasmus, verfiel Julie in Schweigen und konzentrierte sich ganz auf das Essen.

24
    Als Zack aufgegessen hatte, lehnte er sich auf dem Sofa zurück, schlug die Beine übereinander und beobachtete die Flammen, die im offenen Kamin tanzten. Er wollte seiner Essensgefährtin Gelegenheit geben, ihr Mahl ohne weitere Un-terbrechungen durch ihn zu beenden, und versuchte, sich auf seine nächsten Schritte zu konzentrieren. Doch in seiner momentanen Verfassung, gesättigt und entspannt, war die Versuchung groß, sich mit der wunderbaren - und irgendwie fast unglaublich anmutenden - Laune des Schicksals zu beschäftigen, die dafür verantwortlich war, daß ihm jetzt und hier Julie Mathison gegenübersaß. All die langen Wochen, in denen er seine Flucht bis ins letzte Detail geplant hatte, all die endlosen Nächte, die er in seiner Zelle gelegen und von der ersten Nacht in Freiheit in diesem Haus geträumt hatte - nie hatte er daran gedacht, daß er nicht allein sein würde. Er hätte mehr als tausend gute Gründe nennen mögen, warum es bei weitem besser gewesen wäre, allein zu sein, doch jetzt war sie da, und er konnte sie nicht einfach in irgendein Zimmer sperren, ihr etwas zu Essen bringen und so tun, als sei sie nicht hier. Nachdem er die letzte Stunde in ihrer Gesellschaft verbracht hatte, war die Versuchung, genau das zu tun, dennoch riesig groß. Denn ihre Anwesenheit zwang ihn dazu, an all die Dinge zu denken, die er in seinem bisherigen Leben verpaßt hatte, und auch an die, auf die er für den Rest seines Lebens würde verzichten müssen. Nach einer Woche spätestens würde er wieder auf der Flucht sein, und da, wo er hinfuhr, würde es keine luxuriösen Gebirgshütten mit gemütlichem Kaminfeuer geben; es würde keine ergreifenden Unterhaltungen über behinderte kleine Jungen mehr geben, mit sittsamen Lehrerinnen, die Augen wie ein Engel hatten und deren Lächeln selbst einen Stein erweichen könnte. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals ein solches Strahlen auf einem Gesicht gesehen zu haben wie das ihre, als sie von diesen Kindern sprach! Sicher, er hatte ehrgeizige Frauen gesehen, die bei dem Gedanken an eine gute Rolle oder an ein Schmuckstück zu strahlen begannen; er hatte die besten Schauspielerinnen der Welt dabei beobachtet, wie sie - vor der Kamera und dahinter, im Bett und außerhalb - erstklassige und überzeugende Vorstellungen leidenschaftlicher Zärtlichkeit und Zuneigung gaben, doch heute abend hatte er diese Eigenschaften zum allerersten Mal echt und wahrhaftig erlebt.
    Als er mit achtzehn Jahren in der Fahrerkabine eines Lasters in Richtung Los Angeles unterwegs gewesen war und an den Tränen, die er nicht vergießen wollte, fast erstickt wäre, hatte er sich geschworen, niemals zurückzublicken und sich zu überlegen, wie sein Leben hätte sein können, »wenn die Dinge anders verlaufen wären«. Doch jetzt, mit fünfunddreißig, von allem, was er erlebt, getan und gesehen hatte, mehr als abgebrüht, jetzt blickte er Julie Mathison an und erlag der

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