Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
Vom Netzwerk:
würde ich garantiert erfrieren, wenn ich versuchen sollte, zu Fuß zu entkommen. Ich brauche einfach etwas Bewegung, frische Luft, will nur ein bißchen draußen herumlaufen und ...«, sie stockte, doch dann hatte sie einen Gedankenblitz und versuchte, in ihre nächsten Worte etwas kindlichen Enthusiasmus einfließen zu lassen, «... ich möchte einen Schneemann bauen! Bitte schlagen Sie mir das nicht ab. Seit ich als kleines Mädchen nach Texas kam, habe ich nicht mehr soviel Schnee gesehen.«
    Er war nicht beeindruckt und reagierte auch durchaus nicht freundlich. »Bitte, wenn es Ihnen Spaß macht. Aber bleiben Sie in der Nähe, so daß ich Sie vom Fenster aus sehen kann.«
    »Zu Befehl, Herr Gefängnisdirektor!« schnappte Julie, weil sie sich über seine Überheblichkeit ärgerte. »Aber darf ich mir erlauben, von Zeit zu Zeit aus Ihrem Blickfeld zu verschwinden - nur um ein paar Zweige und so weiter zu suchen, die ich brauche?«
    Statt einer Antwort hob er die dunklen Brauen und betrachtete sie kalt.
    Julie beschloß, sein Schweigen als Zustimmung anzusehen, obwohl sie sehr wohl merkte, daß es nicht so gemeint war. Sie hatte sich entschieden, ihm zu entwischen, und um dieses Ziel zu erreichen, war sie gewillt, fast alles zu tun oder zu sagen - auch schmeichelnde, besänftigende Worte. »Früher hatten meine Schneemänner immer eine gelbe Rübe als Nase«, plauderte sie, und mit einem bislang unentdeckten Talent für Schauspielerei fügte sie lächelnd hinzu: »Ich werde im Kühlschrank nachsehen, ob welche da sind.«
    Der Kühlschrank befand sich neben einer Schublade, die, das hatte sie gestern abend entdeckt, ein paar seltsam geformte Schlüssel enthielt. Mit der linken Hand öffnete Julie den Kühlschrank, während sie mit der rechten vorsichtig die Schublade herauszog und mit den Fingern nach den flachen Metallschlüsseln tastete, die sie gesehen hatte. »Keine gelben Rüben«, sagte sie mit gespielter Enttäuschung und schenkte ihm ein gekünsteltes Lächeln, dann warf sie vorsichtig einen kurzen Blick in die Schublade. Sie sah einen Schlüssel und nahm ihn, doch sie wußte, daß mehr als nur einer dasein mußte - und tatsächlich, unter Schneebesen und Seihlöffeln lagen drei weitere Schlüssel. Die Augen auf den Kühlschrankinhalt gerichtet, schaffte sie es, einen weiteren Schlüssel herauszufischen, doch ihre zitternde Hand und die langen Fingernägel machten es ihr unheimlich schwer, ohne hinzusehen auch die beiden anderen zu greifen. Fast hatte sie einen davon, da hörte sie, daß er sich bewegte, und als sie aufblickte, sah sie ihn direkt auf sich zukommen. Blitzschnell zog sie ihre Hand aus der Schublade und schloß sie. Zwei Schlüssel in der Faust, fragte sie mit zitternder Stimme: »W-was wollen Sie?«
    »Mir etwas zu essen holen. Warum?«
    »Ich war bloß neugierig.« Als er die Theke umrundete, lief sie rasch an ihm vorbei. »Bitte sehr, bedienen Sie sich.«
    Er blieb stehen, und sein Blick folgte ihr, als sie zum Schrank ging. »Was ist mit Ihren Beinen los?«
    Julie schluckte. »Nichts. Ich meine - ich habe ein paar lange Unterhosen gefunden und dachte mir, daß die mich warm halten, wenn ich draußen bin.«
    »Bleiben Sie nahe beim Haus«, warnte er. »Ich will nicht nach Ihnen suchen müssen.«
    »Mach' ich«, log sie und öffnete bereits die Tür zum Dielenschrank, in dem sie Skimützen und warme Handschuhe gesehen hatte. »Was soll ich als Augen und Nase nehmen?« fragte sie, mit gespielter Fröhlichkeit über die Details ihres Vorhabens plappernd, womit sie ihn zu langweilen hoffte, so daß seine Wachsamkeit und sein Mißtrauen nachließen.
    »Ich weiß es nicht, und ehrlich gesagt ist es mir auch scheißegal.«
    Harmlosen Enthusiasmus vortäuschend, blickte sie ihn über die Schulter an, während sie in dem Schrank nach Snowboots suchte. »Schneemänner gelten in manchen Kulturen als wichtige Kunstwerke«, erklärte sie und schlug da-bei unbewußt denselben Ton an, den sie bei ihren Drittkläßlern benutzte. »Haben Sie das gewußt?«
    »Nein.«
    »Sie gehen dabei mit großer Sorgfalt vor«, fügte sie unbefangen hinzu.
    Anstelle einer Antwort betrachtete er sie einen Moment lang schweigend, dann drehte er ihr abrupt den Rücken zu und kehrte in die Küche zurück.
    Julie hätte am liebsten alle weiteren Anstalten, das Gespräch in Gang zu halten, unterlassen, aber, eben war ihr eine Entschuldigung dafür eingefallen, wie sie draußen aus seinem Blickfeld verschwinden konnte, wobei sie

Weitere Kostenlose Bücher