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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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ruhiger, als sie gedacht hatte. Wenige Sekunden später sauste sie, bemüht, das Gleichgewicht zu halten, über den Schnee in Richtung Wald und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß man das Snowmobil im Inneren des Hauses nicht hören könne.
    In einer Mischung aus Freudentaumel und Furcht schlitterte Julie durch den Wald, bemüht, die Kontrolle über die Maschine nicht zu verlieren und sie zwischen Ästen und Felsen hindurchzulenken. Sobald sie weit genug vom Haus weg wäre und sicher sein konnte, daß er ihr nicht hinterher kam, würde sie zu der Bergstraße fahren und dieser bis zum Highway folgen. Doch im Augenblick war sie erst einmal glücklich, im Wald bleiben zu können, denn der Wind fegte in eisigen Böen über den Berg, und der Schneesturm war dabei, sich in einen regelrechten Blizzard zu verwandeln.
    Aus fünf Minuten wurden zehn, und das Gefühl der Freiheit gab ihr neuen Mut, doch wurde ihre Freude unerwartet getrübt, als sie an die tiefe Trauer des Mannes dachte, den sie verlassen hatte. Es schien ihr unwahrscheinlich, ja fast unmöglich, daß ein kaltblütiger Mörder beim Tod seines Zellengenossen solche Qualen litt.
    Sie warf einen Blick über ihre Schulter, um nachzusehen, ob sie nicht doch verfolgt wurde, schrie dann plötzlich auf, da sie direkt auf einen Baum zusteuerte, riß den Lenker abrupt herum, um auszuweichen, und wäre fast mitsamt dem Snowmobil gestürzt.
    Zack faßte sich langsam wieder und blickte teilnahmslos auf den Haufen zertrümmerter Küchengeräte und Scherben am Küchenboden. »Mist«, sagte er langsam und griff nach der Brandy-Karaffe. Er goß einen Schluck in ein Glas und schüttete die brennende Flüssigkeit hinunter. Vielleicht würde das den Schmerz in seiner Brust betäuben. Im Geist hörte er immer wieder Doms fröhliche Stimme, wie er ihm vom letzten Brief seiner Mutter erzählte: »Hey, Zack, Gina heiratet! Was würde ich darum geben, bei der Hochzeit dabeizusein.« Er erinnerte sich auch an andere Dinge, an Sandinis profunde Ratschläge etwa. »Wenn du einen falschen Paß brauchst, Zack, dann geh bloß nicht zu einem dieser Gauner. Dann kommst du zu mir, und ich verschaff' dir Kontakt zu Wally dem Wiesel. Der ist der beste Bilderbuchmann im ganzen Land. Du mußt einfach erlauben, daß ich dir helfe, Zack ...«
    Zack hatte ihm erlaubt, ihm zu helfen - und jetzt war Dom deshalb tot.
    »Hey, Zack, willst du noch was von Mamas Salami?«
    Wie er so am Fenster stand, den Brandy trank und auf den Schneemann starrte, den Julie gebaut hatte, kam es Zack fast so vor, als stehe Dom neben ihm. Dom hatte soviel Spaß an idiotischen Kleinigkeiten gehabt. Wahrscheinlich wäre er jetzt auch draußen bei Julie und hätte ihr beim Schneemannbauen geholfen ...
    Das Brandyglas auf halbem Weg zum Mund, erstarrte Zack. Sein Blick suchte den Hof ab. Julie!
    »Julie!« rief er, lief zur Hintertür und riß sie auf. Schnee trieb ihm ins Gesicht, und er mußte sich mit der Schulter gegen die Tür stemmen, um sie gegen den immer stärker werdenden Wind öffnen zu können. »Julie, kommen Sie rein, bevor Sie erfrieren!« Der Wind trug seine Worte davon, doch Zack bemerkte es nicht. Sein Blick war auf die tiefen Fußstapfen gefallen, die sich langsam wieder mit Schnee füllten, und hastig folgte er ihnen zur Garage.
    »Julie!« brüllte er, während er die Seitentür zur Garage aufriß. »Was zum Teufel tun Sie hier drinnen ...«
    Zack blieb stehen und wollte sekundenlang nicht glauben, was er mit eigenen Augen sah - sein Blick wanderte von dem halb unter einer Plane verborgenen Snowmobil zur Tür. Dort begann eine Snowmobil-Spur, die direkt zum Wald hin führte.
    Noch vor wenigen Minuten hätte er geschworen, daß er unmöglich noch zorniger werden, daß er sich unmöglich noch elender fühlen könne als bei der Nachricht von Doms Tod, doch der Wutanfall und das Gefühl drohenden Unheils, das ihn jetzt erfüllte, übertraf auch das noch.
    Kälte. Eisige Kälte. Wenige Minuten nachdem sie den schützenden Wald verlassen und das Snowmobil auf die steile, baumgesäumte Straße gelenkt hatte, die sie mit dem Blazer heraufgekommen waren, verspürte Julie eine schneidende Kälte, die sie bis ins Mark frieren ließ und fast unerträglich war. Eistropfen klebten in ihren Augenwinkeln, Schneeflocken wehten ihr ins Gesicht und machten sie blind; ihre Lippen, ihre Arme und Beine waren steifgefroren, gefühllos. Das Snowmobil flog über eine tiefe Furche und rutschte bei der Landung seitwärts weg,

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