Perfekt
Positives spüren zu lassen - beides war eine völlig neue Erfahrung für ihn. Bevor er ins Gefängnis kam, hatten ihm Frauen immer wieder vorgeworfen, er sei distanziert und unnahbar, kalt und rücksichtslos. Einige hatten ihm gesagt, er gliche einer Maschine, und eine hatte die Analogie sogar noch weiter geführt: Sex sei das einzige, was ihn anturne, und interessieren würde ihn sowieso nichts außer seiner Arbeit. Bei einer ihrer zahllosen Streitereien hatte Rachel einmal gesagt, er könne mit seinem Charme selbst Schlangen beschwören, sei aber auch genauso kalt wie eine solche.
Andererseits hatte er, seit er erwachsen war, aber auch nie eine Frau gekannt, die nicht in erster Linie an ihrer eigenen Karriere interessiert war und sich in dieser Richtung etwas von ihm versprach. Und Rachel hatte da keine Ausnahme gemacht. Wenn man nun noch all die anderen Schmeichler und Speichellecker dazunahm, deren Gegenwart er in Hollywood ertragen mußte, war es eigentlich kein Wunder, daß er zu einem gefühllosen und desillusionierten Zyniker geworden war. Nein, dachte Zack, das stimmte nicht ganz. Die Wahrheit war vielmehr, daß er das schon gewesen war, lange bevor er nach Los Angeles gekommen war - kalt und gefühllos genug, um seinem früheren Leben, seiner Familie, ja sogar seinem eigenen Namen einfach den Rücken zu kehren. Daß er schon mit achtzehn Jahren das alles aus seinem Kopf verdrängt hatte und niemals wieder darüber reden wollte - weder mit dem PR-Büro seines Filmstudios, das bei seinem ersten Film darüber jammerte, eine völlig neue Vergangenheit für ihn erfinden zu müssen, noch mit einer seiner Geliebten und nicht einmal mit seiner Frau. Sein früherer Name, seine Familie und seine Vergangenheit waren gestorben; er hatte sie vor siebzehn Jahren unwiderruflich und für immer begraben.
»Zack?«
Allein schon der Klang ihrer Stimme, die Art, wie sie seinen Namen aussprach, übte eine magische Wirkung auf ihn aus; aus ihrem Mund klang sein Name so ganz anders. Wie etwas ganz Besonderes. »Hmmm?«
»Weißt du eigentlich, daß ich kaum etwas von dir weiß, obwohl wir ... äh ... obwohl du und ich ein ...« Julie verstummte, nicht sicher, ob das Wort Liebespaar angemessen war. »Und miteinander ...«
Zack hörte die unsichere Verlegenheit in ihrer Stimme und lächelte, weil er annahm, daß sie nach einem sittsamen und züchtigen - und schon von daher völlig unpassenden -Wort suchte, um die ungezügelte Leidenschaft zu beschreiben, die sie miteinander geteilt hatten - oder möglicherweise auch nach einem Wort, das das Verhältnis beschrieb, in dem sie jetzt zueinander standen.
Er lächelte sie an und sagte: »Wie hättest du es denn lieber - in einem Wort oder in einem ganzen Satz?«
»Sei nicht so anmaßend. Zufällig besitze ich die Qualifikation, Sexualerziehung zu unterrichten, und zwar bis zur Mittelstufe.«
»Wo liegt dann das Problem?«
Ihre Antwort ließ sein Lachen verstummen, seinen Atem ins Stocken geraten und ihn völlig dahinschmelzen. »Irgendwie«, sagte sie und blickte nervös auf ihre Hände, »scheint mir der klinische Ausdruck Geschlechtsverkehr vollkommen falsch, um etwas zu beschreiben, was so ... so wunderschön ist, wenn wir es tun. Und so bedeutsam. Und so vollkommen.«
Zack lehnte seinen Kopf gegen das Sofa, schloß die Augen und versuchte herauszufinden, warum sie diese irrsinnige Wirkung auf ihn hatte.
Einen Augenblick später brachte er es fertig, mit halbwegs normaler Stimme zu sagen: »Wie findest du den Ausdruck Liebespaar?«
»Ein Liebespaar«, stimmte sie zu und nickte mehrfach mit dem Kopf. »Was ich sagen wollte, ist, daß ich, obwohl wir ein Liebespaar sind, so gut wie gar nichts über dich weiß.«
»Was würdest du denn gerne wissen?«
»Nun, zunächst einmal: Ist Zachary Benedict dein wirklicher Name, oder hast du ihn geändert, als du anfingst, Filme zu machen?«
»Mein Vorname war Zachary, und Benedict war mein zweiter Vorname, nicht mein Nachname, bis ich ihn mit achtzehn ändern ließ.«
»Wirklich?« Sie drehte ihren Kopf und rieb ihre zarte Wange an seinem Arm, als sie ihn anblickte. Obwohl er die Augen noch immer geschlossen hatte, merkte er, daß sie ihn ansah, spürte er ihr fragendes Lächeln, und während er auf die unvermeidliche Frage wartete, die, das wußte er, als nächstes kommen würde, wanderten seine Gedanken zu etwas anderem ...
»Ich hätte dir nie einen Korb gegeben, Zack.«
»Wie kannst du es wagen, mir auch nur vorzuschlagen,
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