Perfekt
nicht schlecht. Obwohl sie es haßte, ihm weh zu tun, wurde sie das Gefühl nicht los, daß er wenigstens darüber sprechen könnte, daß er seine Unschuld beweisen wolle, auch wenn er sie nicht in seine Pläne einweihen würde. Der Film begann. Zack streckte seine Beine aus, legte die Füße übereinander, verschränkte die Arme vor der Brust und sah aus wie jemand, der nur darauf wartete, enttäuscht zu werden.
»Von mir aus müssen wir uns den Film nicht ansehen«, sagte sie.
»Ich würde ihn um nichts in der Welt verpassen wollen.«
Wenige Minuten später schnaubte er abfällig.
Die Hand in der Popcorn-Schüssel, fragte Julie: »Stimmt etwas nicht?«
»Die Beleuchtung stimmt nicht.«
»Was für eine Beleuchtung?«
»Schau auf den Schatten auf Swayzes Gesicht.«
Sie blickte auf den Bildschirm. »Ich dachte, es soll im Schatten liegen. Schließlich ist es Nacht.«
Er warf ihr einen verächtlichen Blick zu, der Bände sprach, sagte aber nichts.
Dirty Dancing war immer einer von Julies Lieblingsfilmen gewesen. Sie mochte die Musik, den Tanz und die erfrischend einfache Liebesgeschichte. Gerade fing sie an, all das zu genießen, als Zack monierte: »Ich glaube, sie haben Swayze Schmieröl ins Haar gerieben.«
»Zack ...«, sagte sie warnend, »wenn du diesen Film niedermachen willst, stelle ich ihn ab.«
»Ich sage nichts mehr. Ich werde nur dasitzen.«
»Gut.«
»Und zusehen, wie man einen Film durch schlechten Schnitt, schlechte Regie und schlechte Dialoge ...«
»Jetzt reicht's.«
»Bleib sitzen«, sagte Zack, als sie aufstehen wollte, ehrlich entsetzt darüber, daß er sich wie ein eifersüchtiger Teenager verhielt, Schauspieler niedermachte, mit denen er befreundet gewesen war, und einen Film kritisierte, der alles andere als schlecht war. Unsicher legte er seine Hand auf ihren Arm und versprach: »Ich werde nur noch Lobendes sagen.« Dieses Versprechen hielt er und schwieg bis zu der Stelle, an der Swayze mit dem Mädchen tanzte, das im Film seine Tanzpartnerin spielte; dann sagte er: »Wenigstens sie kann tanzen. Ausgezeichnete Besetzung.«
Die Blonde auf dem Bildschirm war sehr schön und talentiert und hatte eine fantastische Figur. Julie hätte wer weiß was darum gegeben, genauso auszusehen wie sie, und sie fühlte wieder einen Stich der Eifersucht, die sich in Anbetracht von Zacks schlechter Laune noch schwerer verbergen ließ. Dazu kam, daß sie es für ausgesprochen ungerecht hielt, daß er Patrick Swayzes Tanztalent bewußt ignorierte. Sie war fast soweit, zu sagen, daß ihm die Frauen in den Filmen wohl immer besser gefallen, als ihr plötzlich der Einfall kam, daß er vielleicht dasselbe Gefühl gehabt hatte, als sie seine ehemaligen Kollegen rühmte. Auf seine versteinerte Miene starrend, platzte sie heraus: »Bist du eifersüchtig auf ihn?«
Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Wie könnte ich auf Patrick Swayze eifersüchtig sein!«
Ganz offensichtlich gefiel es ihm, schöne Frauen anzusehen, dachte Julie, und das verletzte sie, obwohl sie genau wußte, daß sie keinerlei Recht dazu hatte, so zu empfinden. Und er haßte diesen Film, auch das war ganz offensichtlich. Bemüht, möglichst höflich zu wirken, griff sie nach dem Stapel Videobänder und sagte leise: »Schauen wir uns lieber Der mit dem Wolf tanzt an. Kevin Costner war wunderbar, und es ist eine Geschichte, die auch einen Mann anspricht.«
»Ich habe ihn im Gefängnis gesehen.«
Da er einer früheren Aussage nach auch die meisten anderen dort gesehen hatte, verstand sie nicht, was das jetzt damit zu tun haben sollte. »Hat er dir gefallen?«
»Ich fand, daß er in der Mitte einige Längen hat.«
»Ach wirklich?« schoß sie zurück, da ihr jetzt endlich klar wurde, daß nur seine eigenen Filme seinem kritischen Blick standhalten konnten und daß sie sich entweder damit abfinden oder aber seine schlechte Laune ertragen mußte. »Und wie hat dir der Schluß gefallen?«
»Kevin hat ihn geändert. Er hätte ihn so lassen sollen, wie es im Drehbuch stand.« Wortlos stand Zack auf und ging in die Küche, um Kaffee zu kochen, vor allem aber um sich selbst wieder zur Vernunft zu bringen. Patrick Swayze hatte mit dem ersten Film wirklich hervorragende Arbeit geleistet, und Kevin war nicht nur ein Freund gewesen, sondern hatte den Erfolg, den Der mit dem Wolf tanzt erzielte, auch redlich verdient. Zack hatte sich ehrlich darüber gefreut.
Er war so in Gedanken, daß er erst merkte, daß Julie einen anderen Film
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