Perfekt
ähnlichen Handlung beobachtet und dann festgestellt hatte: »Das ist eine Angewohnheit von dir, nicht wahr, alles in Ordnung zu bringen oder umzustellen, wenn du nervös bist?« Allein schon bei dem Gedanken an sein Lächeln und an die Art, wie er sie angesehen hatte, fühlte sie sich besser, und auf einmal war die Welt wieder in Ordnung. Sie mußte sich auf diese Erinnerungen konzentrieren, denn die waren real. Er war real. Und er wartete in Mexiko auf sie.
Julie entschied in diesem Augenblick, daß er alle anderen über Justins Tod angelogen hatte, nicht sie. Das hätte er nie getan, hätte er nie fertiggebracht. Das wußte sie ganz genau. Und wenn sie ihn in Mexiko sah, würde er ihr erklären, warum er die Polizei und die Leute von der Presse hinters Licht geführt hatte.
Im Fernsehen lief eine Berichterstattung über China, doch da sie zu aufgewühlt war, um schlafen zu können, beschloß sie, sich wieder an den Brief zu setzen, den sie für ihre Familie zurücklassen wollte. Dabei konnte sie auf die Spätnachrichten warten, um sicherzugehen, daß keine Meldung über Zack käme. Er hatte ihr gesagt, sie solle innerhalb einer Woche alles vorbereiten und am achten Tag dann abreisefertig sein. Fünf Tage waren bereits verstrichen.
Julie stand auf, um den angefangenen Brief zu holen, setzte sich dann wieder in ihren Schaukelstuhl und rückte sich die Stehlampe daneben zurecht. Während im Hintergrund der Fernseher Wissenswertes über die wirtschaftliche Zukunft Chinas verbreitete, las sie noch einmal durch, was sie bereits geschrieben hatte:
Liebe Mom und Dad, lieber Carl und Ted, wenn Ihr diesen Brief lest, wißt Ihr bereits, daß ich fortgegangen bin, um bei Zack zu sein. Ich kann nicht erwarten, daß Ihr darüber schweigend hinwegseht oder mir vergebt, aber bitte laßt es mich erklären, damit Ihr es eines Tages vielleicht doch verstehen könnt.
Ich liebe ihn.
Gerne würde ich auch noch mehr und stichhaltigere Gründe für meine Entscheidung nennen, und ich habe lange darüber nachgedacht, aber keine gefunden. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß meine Liebe das einzige ist, was wirklich zählt.
Dad, Mutter, Carl, Ted - Ihr alle wißt, was Liebe ist, Ihr habt es selber erlebt, das weiß ich. Dad, ich erinnere mich so gut daran, wie oft Du lange aufgeblieben bist und mit Mom im Arm auf dem Sofa saßest. Ich erinnere mich an Euer Lachen und an Eure Umarmungen. Und ich erinnere mich auch an den Tag, als Mom vom Arzt heimkam und uns gesagt hat, daß er einen Knoten in ihrer Brust entdeckt hat. An dem Abend bist Du lange hinterm Haus gestanden und hast geweint. Ich weiß das, Dad, weil ich Dir nachgegangen bin. Und genau das ist es, was ich mit Zack teilen will. Ich will alles mit ihm teilen, gute und schlechte Zeiten, Glück und Trauer. Bitte denke daran, denn ich weiß - genauso wie Du und Mom füreinander geschaffen seid, so bin ich dafür geschaffen, bei Zack zu sein. Daran glaube ich. Ich weiß es, und ich spüre es mit jedem Atemzug. Ich weiß nicht, warum er es sein mußte. Ich hatte es mir auch immer anders vorgestellt. Aber er ist es. Und ich bedauere es nicht.
Carl, Du hast Deine wunderbare, süße Sara. Sie hat Dich schon angehimmelt, als Ihr beide noch in der Volksschule wart, und ich glaube nicht, daß Du Dir jemals im klaren darüber warst, wieviel Du ihr schon damals bedeutet hast. Sie hat jahrelang darauf gewartet, daß Du sie überhaupt bemerkst. Als wir zusammen auf der High-School waren, hat sie die unwahrscheinlichsten Sachen angestellt, um Deine Aufmerksamkeit zu erregen. Vielleicht erinnerst Du Dich daran, wie sie vom Baum fiel, als Du vorbeifuhrst, oder daran, daß sie ihre Bücher immer genau vor Deine Füße fallen ließ. An dem Abend, an dem sie herausfand, daß Du Jenny Stone zu Deinem Abschlußball eingeladen hattest, lernten wir zusammen, und sie weinte ganz furchtbar. Du hast ihr damals schrecklich weh getan, und jetzt werde ich Euch allen schrecklich weh tun, indem ich mit Zack fortgehe. Sara hat Dich trotzdem weiterhin geliebt. Bitte behaltet auch mich in Eurem Herzen, wenn der erste Schmerz vorbei ist. Oder versucht es wenigstens.
Ted, Du wirst Dich am allermeisten über das ärgern, was ich getan habe, und wirst vermutlich auch der letzte sein, der mir vergibt. Du hast Dir selber noch nicht vergeben, daß Du Dich von Katherine abgewandt hast, und Du kannst ihr wohl auch nicht vergeben, was sie damals getan hat. Du kannst nicht vergeben, und Du kannst nicht
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