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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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verursachen würde, einen Raum abends offen zu halten, hatte sie zuckersüß darauf hingewiesen, daß sie dann wohl mit dem Direktor der High-School würde sprechen müssen. Um nicht als herzloser Unmensch dazustehen, wenn der Leiter der High-School ihren strahlendblauen Augen und dem bezaubernden Lächeln nachgab, hatte Mr. Duncan eingewilligt, sie ihr eigenes Klassenzimmer in der Grundschule benutzen zu lassen. Kurz nachdem er kapituliert hatte, war diese energische junge Frau darauf gekommen, daß sie spezielle Lehrmittel benötigte, um den Lernprozeß »ihrer« Erwachsenen zu beschleunigen. Frustriert hatte er erkennen müssen, daß Julie Mathison nie aufgab, bevor sie einen Weg gefunden hatte, das Ziel, das sie sich gesetzt hatte, zu erreichen. Wenn sie davon überzeugt war, im Recht zu sein, verfügte Julie Mathison über eine mit grenzenlosem Optimismus gepaarte Hartnäckigkeit, die er ebenso bemerkenswert fand, wie sie ihn störte.
    Was ihre behinderten Kinder anging, hatte sie eine frustrierende Beharrlichkeit gezeigt, doch dieses Alphabetisierungs-Programm schien ihr sogar noch mehr am Herzen zu liegen, und nichts, was er sagte oder tat, würde sie davon abbringen. Sie war entschlossen, das Lehrmaterial zu bekommen, und er war sicher, daß ihr Antrag auf zwei freie Tage und ihre Fahrt nach Amarillo damit zu tun hatten, das Geld dafür aufzutreiben. Er wußte, daß sie den wohlhabenden Großvater eines behinderten Schülers - ein Mann, der zufällig in Amarillo lebte - überredet hatte, Geld für das Behindertenprogramm zu spenden. Jetzt, so vermutete Mr. Duncan, hatte sie wohl vor, den ahnungslosen Mann dafür zu gewinnen, auch ihren Feldzug gegen das Analphabetentum finanziell zu unterstützen.
    Diese Methode von ihr, Geldmittel aufzutreiben, fand er besonders geschmacklos und außerordentlich peinlich. Es war einfach würdelos, wie sie bei reichen Leuten oder ihren Verwandten »betteln« ging. In den vier Jahren, die sie nun an der Keaton Elementary lehrte, hatte Julie Mathison es fertiggebracht, ihm ständig Unannehmlichkeiten zu bereiten. Aus diesem Grund war er auch völlig immun gegen das bezaubernde Bild, das sie bot, als sie jetzt auf die Füße kam, ihre Schüler in die Umkleideräume schickte und ihnen Anweisungen für das Spiel zurief, das nächste Woche stattfinden sollte. Völlig ungeschminkt, wie sie jetzt war, und das schulterlange kastanienbraune Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, strahlte sie genau die jugendliche Frische und Vitalität aus, die Mr. Duncan bei ihrer Einstellung in der Hoffnung gewiegt hatte, sie sei hübsch und unkompliziert. Sie war 1,65 Meter groß, zart gebaut und langbeinig, hatte eine feingeschnittene Nase, klassische Wangenknochen und einen vollen, weichen Mund. Unter den sanften geschwungenen dunklen Brauen blickten ihre dichtbewimperten, strahlend dunkelblauen Augen sanft und unschuldig. Doch die Erfahrung hatte ihn gelehrt, daß dieses zarte Gesicht ein Merkmal besaß, daß einen echten Hinweis auf ihren wahren Charakter gab - es war das trotzig-energische Kinn mit einer winzigen, unweiblichen Kerbe in der Mitte.
    Ungeduldig wartete er, bis die lästige junge Lehrerin mit ihrem »Team« alles Nötige abgesprochen hatte. Dann ließ er sich dazu herab, ihr den Grund für seinen ungewöhnlichen nachmittäglichen Besuch in der Turnhalle zu nennen. »Ihr Bruder Ted hat angerufen. Ich war als einziger noch da, deshalb habe ich das Telefon abgenommen«, fügte er irritiert hinzu. »Er hat mich gebeten, Ihnen auszurichten, daß Ihre Mutter Sie um acht zum Abendessen erwartet und daß Sie für die Fahrt Carls Wagen nehmen sollen. Er - äh - erwähnte, daß Sie Vorhaben, nach Amarillo zu fahren. Das hatten Sie nicht gesagt, als Sie mich aus persönlichen Gründen um zwei Tage Urlaub baten.«
    »Ja, nach Amarillo.« Julie lächelte ihn unschuldig an, doch das machte sie in seinen Augen nur noch verdächtiger.
    »Sie haben Freunde da oben?« fragte er und zog die Brauen über der Nasenwurzel zusammen.
    Julie wollte nach Amarillo, um dort den reichen Verwandten eines behinderten Schülers zu treffen. Sie hoffte, ihn dazu bewegen zu können, Geld für ihr Alphabetisierungs-Programm zu spenden ... und hatte das ungute Gefühl, daß Mr. Duncan sich darüber bereits im klaren war. »Ich bin nur zwei Unterrichtstage weg«, wich sie aus. »Und es ist schon arrangiert, daß eine Kollegin meine Stunden übernimmt.«
    »Amarillo ist mehr als hundert Meilen entfernt. Muß ganz schön

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