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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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Erinnerung, daß es wesentlich klüger und um vieles angenehmer wäre, wenn es ihm gelänge, ihre Feindseligkeit wenigstens zum Teil zu neutralisieren, wie er es ja schon früher vorgehabt hatte. Und noch besser wäre es natürlich, wenn er sie etwas aufheitern könnte. Also antwortete er unbefangen lächelnd: »Sie haben absolut recht. Ich glaube, ich fange langsam an, die Sache zu genießen.«
    »Bastard!« erwiderte sie.
    Die Morgenröte begann sich als hellrosa Strich am Horizont abzuzeichnen, als Julie vorsichtig nachsah, ob er eingeschlafen war. Er hatte sie gezwungen, sich auf Nebenstraßen zu halten, was das Fahren des tiefen Schnees wegen so schwierig gemacht hatte, daß sie weite Strecken nur im Schneckentempo zurücklegen konnten. Dreimal waren sie durch Unfälle auf der Autobahn stundenlang aufgehalten worden, und noch immer mußte sie weiterfahren. Die ganze Nacht hindurch hatte das Radio über seine Flucht berichtet, doch je weiter sie nach Colorado hineinfuhren, desto weniger Aufhebens machte man um ihn, was zweifellos damit zusammenhing, daß niemand annahm, er sei Richtung Norden unterwegs - abseits aller großen Flughäfen, Eisenbahnlinien und Busverbindungen. Eine Meile zurück hatte sie ein Schild gesehen, das besagte, fünf Meilen vor ihnen läge ein Rastplatz. Julie betete inständig, daß auch auf diesem, wie auf dem letzten, an dem sie vorbeigekommen waren, wenigstens einige LKWs standen, deren Fahrer sich in ihren Kabinen zum Schlafen hingelegt hatten. Nur ein plausibler Plan, der ihr während der letzten Stunden der endlosen, ermüdenden Fahrt eingefallen war, erfüllte die beiden Kriterien, auf die es ihr ankam - daß er die Möglichkeit bekäme, mit dem Blazer davonzufahren, während er sie unverletzt zurücklassen mußte. Unter den gegebenen Umständen schien ihr der folgende Plan das sicherste: Sie würde auf den Rastplatz fahren und dort auf Höhe der geparkten LKWs eine Vollbremsung machen, aus dem Wagen stürzen und laut genug um Hilfe rufen, um die Fernfahrer aufzuwecken. Dann, sofern alles so funktionierte, wie sie es sich vorstellte, würden mehrere kräftig gebaute Lastwagenfahrer - im Idealfall riesige, bewaffnete Kerle mit eisernen Fäusten - aus ihren Kabinen stürzen und ihr zu Hilfe eilen. Unterstützt von Julie, würden sie Zachary Benedict überwältigen, ihn entwaffnen und dann über CB-Funk die Polizei alarmieren.
    So würde es nur ausgehen, wenn alles optimal ablief, dessen war Julie sich bewußt, doch selbst wenn nur ein Bruchteil davon eintraf - wenn nur ein einziger Fernfahrer aufwachen und den Grund ihrer Schreie erkunden würde standen ihre Chancen, Zachary Benedict zu entkommen, immer noch ausgesprochen gut. Denn von dem Augenblick an, in dem sie Alarm schlug und Aufmerksamkeit erregte, blieb ihm kaum eine andere Wahl, als mit dem Blazer schnellstmöglich auf und davon zu fahren. Es würde ihm absolut nichts nützen, dazubleiben und sie zu erschießen und dann anschließend einen Fernfahrer nach dem anderen umzubringen. Ein Versuch seinerseits, die Schlußszene des Films Zwei rechnen ab nachzuspielen, wäre schlichtweg dumm, und dumm war Benedict ganz bestimmt nicht.
    Julie war sich dessen so sicher, daß sie ihr Leben darauf verwettete.
    Sie warf ihm noch einen weiteren prüfenden Seitenblick zu, um sicherzugehen, daß er auch wirklich schlief. Er hatte die Arme über der Brust verschränkt, die langen Beine von sich gestreckt, und sein Kopf lehnte an der Fensterscheibe. Er atmete ruhig, gleichmäßig und entspannt.
    Er schlief.
    Julie war in Hochstimmung. Sie nahm langsam, ganz langsam Gas weg, beobachtete, wie der Zeiger auf dem Tachometer von fünfundvierzig Meilen pro Stunde auf zweiundvierzig, dann, noch langsamer, auf vierzig Meilen zurückging. Um den Rastplatz erreichen zu können, ohne daß ihr Beifahrer durch eine plötzliche Geschwindigkeitsänderung aufwachte, durfte sie nicht schneller als dreißig Meilen pro Stunde fahren, wenn sie bei der Ausfahrt ankam. Sie zwang sich, eine volle Minute lang die vierzig Meilen beizubehalten, dann verlangsamte sie weiter. Julie drehte das Radio ein wenig lauter, um das abnehmende Fahrtgeräusch zu kompensieren.
    Der Rastplatz, den ein schmaler, bewaldeter Streifen von der Autobahn trennte, war immer noch eine Viertelmeile entfernt, als Julie die Geschwindigkeit auf dreißig reduzierte und ganz allmählich das Lenkrad einschlug, so daß das Abbiegen in die Ausfahrt sanft verlaufen konnte. Ein Stoßgebet zum Himmel

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