Performer, Styler, Egoisten
Kommunikationskultur den Tendenzen zur Ökonomisierung der zwischenmenschlichen Beziehungen einen zusätzlichen Spin.
Internet und Web 2.0 sind, wie oben bereits angedeutet, Kommunikationstechnologien und Kommunikationsräume, die die kulturelle Fragmentierung befördern. Sie schaffen kommunikative Räume für spezielle Kulturen und befördern die Tendenz, zum Unter-sich-Bleiben. Von einer verführerischen Kommunikation der Gemeinschaft in den Bann gezogen, im Kontext derer die Grenzen zwischen NutzerInnen-Rolle und ProduzentInnen-Rolle verschwimmen, tendieren die TeilnehmerInnen dazu, sich innerhalb der In-Group der Szene-Insider kommunikativ völlig zu verausgaben und sich gegenüber alternativen soziokulturellen Kommunikationsräumen abzuschotten.
Im Gegensatz dazu sind es die Dinosaurier der monologischen Massenmedienkultur, das Fernsehen und die Printmedien, die für die Synchronisation von Informationen sorgen. Indem sie Informationen über unterschiedliche (Sub-)Kulturen breit streuen, wird das Wissen der verschiedenen Kulturen übereinander befördert. Das Fernsehen, Profil , der Spiegel , Neon oder die Bravo leisten so – unabhängig von der Qualität ihrer Berichterstattung – einen zentralen Beitrag zur kulturübergreifenden und kulturvermittelnden Kommunikation (vgl. Hepp 2011).
Das Internet hat eine neue Form der Textrezeption auf die Tagesordnung gesetzt, die heute vor allem in jungen Altersgruppen zum weit verbreiteten Standard gehört, die so genannte hypertextuelle Lektüre von Texten. Im Gegensatz dazu steht die lineare Rezeptionskultur der Gutenberg-Ära, in der das Ideal darin bestand, einen einzelnen Text durchgehend von der ersten bis zur letzten Zeile zu lesen. Die Texte der Gutenberg-Ära sind auch strukturell so angelegt, dass eine vom Anfang bis zum Ende des Textes durchgehende Rezeption die Grundvoraussetzung für das adäquate Verständnis der Kernaussagen des Textes ist.
In der vom Hypertextprinzip geleiteten Textrezeption lässt sich der Rezipient nicht mehr vom Autor oder der Autorin von Kapitel zu Kapitel durch einen Text leiten. Vielmehr springen die LeserInnen, wie es ihnen beliebt, von einem Text zum anderen. Absprungbasen sind so genannte Links, die die im Internet vorhandenen digitalen Texte anbieten. Indem sie nach dem Hypertextprinzip handeln, schaffen die RezipientInnen bei jeder Lektüre quasi einen eigenen Text. Ihre Rezeption entzieht sich damit der Intention des Autors/der Autorin.
Ein gutes Beispiel für eine digitale Textsammlung, die zur hypertextuellen Rezeption einlädt, ist die Wissensplattform „Wikipedia“. Die hervorgehobenen Worte in den „Wikipedia“-Texten zeigen Links an. Klickt man auf sie, wird man zu einem anderen Text weitergeleitet. In diesem Text sind wieder einzelne Worte fett hervorgehoben und damit als Links gekennzeichnet. Klickt man diese an, wird man wieder zu einem anderen Text geführt und so weiter und so fort. Durch die Hypertextualität des elektronischen Lesens ist es den LeserInnen möglich, innerhalb von Texten von einem Text zum anderen und wieder zurück zu surfen und sich so einen eigenen Text zu schaffen. In der hypertextuellen Rezeption wird der Rezipient zum Schöpfer seines eigenen Textes.
Das Internet ist zum führenden Jugendmedium geworden. Dies vor allem dadurch, dass das Internet sämtliche Medienformen bündelt und verbindet. Das Internet ist das postmoderne Universalmedium, mit dessen Hilfe auch alle traditionellen Medien wie Fernsehen, Radio, Print etc. zugänglich sind. Somit sind über das Internet fast alle Medienbedürfnisse, die ein Mensch haben kann, zu befriedigen. Egal, ob der Nutzer nach aktiver Kommunikation, Information, Unterhaltung etc. sucht, das Internet kann alles bieten. Es verbinden sich im Internet auf ideale Weise die Funktionen eines passivierenden „Lean-Back-Mediums“ mit denen eines aktivierenden „Lean-Forward-Mediums“. Mit und durch das Internet stehen den NutzerInnen alle Möglichkeiten der medialen Selbstverwirklichung offen. Die große Stärke des Mediums Internet ist also seine Konvergenz, d. h. seine Fähigkeit, unterschiedliche Medien einander anzunähern und in einen größeren medialen Netzwerkkontext zu integrieren.
Obwohl die überwiegende Zahl der Haushalte einen Internetzugang hat und alle Bevölkerungsteile bereits über einen relativ langen Zeitraum Erfahrungen mit der Online-Welt sammeln konnten, ist das Nutzungsverhalten der Bevölkerung nicht homogen.
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