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Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Titel: Performer, Styler, Egoisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Heinzelmaier
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Kommunikation, das spontane oder gezielte Reagieren auf den Absender der Botschaft und die Botschaft selbst, im Kontext medienvermittelter Kommunikation nur eingeschränkt möglich ist und dann vollständig fehlen muss, wenn der Dialog zeitlich asynchron erfolgt. Dieser Aspekt der medienvermittelten Interaktion, der in der Praxis immer wieder zu beträchtlichen Abstimmungsproblemen und Missverständnissen führt, und die zunehmende Unpersönlichkeit der medienvermittelten Kommunikation können uns davon ausgehen lassen, dass auch die Menschen der Zukunft die „Face-to-Face-Kommunikation“ suchen werden, weil sie das Bedürfnis nach menschlicher Nähe und nach Ehrlichkeit, Echtheit, Unmittelbarkeit und Authentizität wie keine andere Form des symbolischen Austausches befriedigt.
    Es scheint notwendig zu sein, bei der Analyse der Wirkung von Medien im Hinblick auf den Aufbau von persönlichen Beziehungen immer wieder ganz präzise jene Fragen zu stellen, die Andreas Hepp aufwirft: Erlauben sie „Turn Taking“? Und wenn ja, in welchem Rhythmus erfolgt das Wechselspiel? Welche Signale werden übertragen? Wird zwischen Alter und Ego kommuniziert oder werden Kommunikationsdyaden in größere Netzwerke einbezogen? (vgl. ebd.)
    Die Stärke des Web 2.0 besteht ganz offensichtlich in der Fähigkeit dieser Technologie, Kommunikationsdyaden in größere Netzwerke einzubeziehen, d. h., die Praxis der Kommunikation im Web 2.0 befördert im hohen Maße die Verbindung von jungen Menschen zu Netzwerkgemeinschaften. Insofern wirkt das Web 2.0 vergemeinschaftend, und zwar auch dort, wo die „Face-to-Face-Kommunikation“ z. B. aufgrund raum-zeitlicher Asynchronität an ihre Grenzen stoßen muss.
    Es stellt sich aber auch die Frage, wie die Web-2.0-Kommunikation die Bindungsqualität beeinflusst. Generell sehen wir, dass in unserer durch individualistische Subjektivierungsformen geprägten Zeit starke Bindungen genau reflektiert werden, bevor sie vom individualisierten Individuum eingegangen werden.
     
    Die Folge ist, dass der Einzelne im Vergleich zu früher weniger starke Bindungen eingeht, im Gegensatz dazu sich aber die so genannten „weak ties“ in großem Maßstab vermehren. Gerade bei Jugendlichen ist eine große Anzahl von „weak ties“ z. B. auf der Web-2.0-Plattform „facebook“ häufig eine wichtige Grundlage von Anerkennung und „fame“.
    Die schwachen Bindungen des Web 2.0 verpflichten zu nichts. Aus diesem Grund werden sie in Zeiten, in denen „bindungslose Flexibilität“ (vgl. Sennett 2006) eine wichtige Voraussetzung von persönlichem Erfolg ist, so geschätzt. Es gibt nichts Schlimmeres für den postmodernen Erfolgsmenschen, als sich festzulegen zu müssen oder festgelegt zu werden. Wer seine Flexibilität einbüßt, büßt damit wohl das wichtigste Erfolgskriterium unserer Tage ein. Will man Erfolg haben, muss man quasi immer auf gepackten Koffern sitzen und sollte, wenn man weiter muss, keine Angst oder Skrupel davor haben, etwas zurückzulassen. Der schwache Bindungstypus, der beliebig aus- und angeknipst werden kann, weil er über keine emotionale Tiefe verfügt, ist für den sich ständig in Bewegung befindlichen Handlungsreisenden in eigener Sache, den postmodernen Erfolgsmenschen, die adäquate Form der Vergemeinschaftung.
    Das Web 2.0 befördert den Aufbau von schwach gebundenen Netzwerken, die zu wenig bis nichts verpflichten. Zudem sind diese Netzwerke ideale Strukturen zur nutzenorientierten Akkumulation von Sozialkapital. Im Zentrum vieler Internetbeziehungen steht nicht bedingungslose Zuneigung oder Freundschaft, sondern die Vernutzung der Zwischenmenschlichkeit zum eigenen, ganz persönlichen Vorteil.
    Das Web 2.0 ist in erster Linie ein Marktplatz für den Austausch von soziokulturellen Kompetenzen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Beziehungen, die dem Aufbau und der Ausgestaltung des persönlichen Sozialkapital-Kontos der TeilnehmerInnen dienlich sein sollen. Das soll keineswegs heißen, dass der nutzenorientierte Aufbau von Beziehungen in der Face-to-Face-Sphäre des menschlichen Lebens nicht vorkommt. Ganz im Gegenteil. In Zeiten, die von der Ökonomisierung des Sozialen (vgl. Heitmeyer 2007) beherrscht sind, sind grundsätzlich alle persönlichen Beziehungen in Gefahr, in Waren verwandelt zu werden, die auf sozialkapitalistischen Märkten getauscht werden. Das Web 2.0 gibt durch seine technischen Möglichkeiten zur nutzenorientierten Vernetzung und durch seine distanzierende

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