Performer, Styler, Egoisten
der weiblichen Jugend stärker verbreitet ist als unter der männlichen. Dagegen zeigen die männlichen Jugendlichen eine noch traditioneller geprägte Herangehensweise an sportliche Aktivitäten. So ist unter Männern der traditionelle Mannschaftssport Fußball wichtiger, obwohl wir wissen, dass auch das Fußballspiel immer häufiger unter posttraditionalen Gemeinschaftsbedingungen außerhalb von Institutionen auf Wiesen oder in Parkanlagen stattfindet, und jene Sportarten wie z. B. Snowboard gerade auch unter männlichen Jugendlichen wichtig sind, die stark mit jugendkultureller Symbolik aufgeladen sind und damit die demonstrative Inszenierung von „coolen“, ästhetisch bestimmten Identitätsbildern ermöglichen.
Die starke Körperbezogenheit der Jugend führt dazu, dass auch in der soziologischen Literatur wieder häufiger über den Körper gesprochen wird (vgl. Schroer 2002, Bette 2005, Posch 2009). Mit der Aktualisierung des Körpers in der soziologisch orientierten Jugendforschung geht die Verbreitung der These, dass die Alltagskultur der Jugendlichen vom Zauber der Oberfläche beherrscht sei, einher. Damit ist gemeint, dass noch nie zuvor für eine so große Zahl an Jugendlichen die Beschäftigung mit dem eigenen Körper, mit dem eigenen Körperbild so wichtig war wie heute. Für diese These spricht eine Fülle von empirischen Befunden. Es stellt sich damit aber auch eine Fülle von neuen Fragen: Warum investieren junge Menschen so viel Zeit in den Zauber ihrer Körperoberfläche? Warum gibt man mehr Geld denn je für „schönheitsfördernde“ Dienstleistungen und sportlich-körperbildende Aktivitäten aus? Warum sind die Fitness-Center voll mit jungen Leuten, die dort an ihrem Körper arbeiten?
Im Grunde lässt sich der Körperkult als eines der Phänomene der gesellschaftlichen Individualisierung interpretieren. Wenn das Individuum zum zentralen Bezugspunkt für die Gesellschaft und für sich selbst wird, dann kommt auf dieses Individuum die Aufgabe zu, seine eigene Körperästhetik individuell zu gestalten, d. h., es muss aus sich eine besondere, unverwechselbare Erscheinung, ein einzigartiges Bild machen. Der Körper wird so zum ästhetischen Mittel, um Individualität zu demonstrieren.
Wir leben in einer Gesellschaft, die maßgeblich von den Medien beeinflusst wird. Die Medien, die uns umgeben, bestimmen nicht nur, wie wir kommunizieren, sondern auch, wie wir uns in unserem gesellschaftlichen Umfeld präsentieren. Die Medien, vor allem aber die Bildmedien, senden ohne Unterbrechung Vorschläge und Anleitungen, wie man sein Äußeres gestalten kann, um in der Öffentlichkeit gut anzukommen.
In individualisierten Zeiten ist das wichtigste Motiv der Bildmedien der Mensch selbst. Ob es nun Printmedien sind, das Fernsehen oder das Internet, im Mittelpunkt der Berichterstattung dieser Medien stehen die Versuche von Menschen, sich durch die individualistische Stilisierung ihres Körpers als etwas Einzigartiges zu positionieren. Wer in den Bildmedien reüssieren will, muss gut aussehen, muss durch seine Körperlichkeit signalisieren, dass ihm der eigene Körper wichtig ist, dass er sich um seinen eigenen Körper sorgt. Die Sorge um das eigene Körperbild wird so über Vermittlung der Bildmedien zum zentralen Anliegen der Jugend. Das widerspiegeln die Daten der 15. Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2006: 90 Prozent der deutschen Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 26 setzen das Anliegen „toll aussehen“ an die erste Stelle der Dinge, die in ihrer Altersgruppe besonders angesagt sind (Deutsche Shell 2006).
Jugendliche ringen um das gute Aussehen. Dafür nehmen sie einiges in Kauf. So betreiben fast 50 Prozent der 11-29-jährigen ÖsterreicherInnen zwei- bis dreimal die Woche Sport
(tfactory 2007). Diese sportlichen Aktivitäten finden zum großen Teil im Fitnesszentrum oder outdoor beim Joggen im Park statt. Sport wird also immer öfter nicht aus reiner Freude an der Bewegung oder gar mit dem Ziel, eine sportliche Technik zu perfektionieren, betrieben. Was perfektioniert werden soll, ist das eigene Körperbild, und zwar ganz gezielt.
Aber nicht nur auf den Körper will die (post-)moderne Jugend gestaltend einwirken. Auch die Psyche wird in den Jugendkulturen mehr und mehr zum Thema der bewussten Manipulation. Längst wird auch in psychischen Belangen nicht mehr einfach hingenommen, wie man ist. Vielmehr geht es darum, aus dem eigenen Selbst das zu machen, was in den hegemonialen kulturellen Skripten
Weitere Kostenlose Bücher