Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Titel: Performer, Styler, Egoisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Heinzelmaier
Vom Netzwerk:
analytisch-tiefenstrukturellen Aufsuchen eines roten Fadens.“ (Ferchhoff 2007: 372)
     
    Einen deutlichen Unterschied finden wir im Medienverhalten der Geschlechter. Während die männlichen Jugendlichen ein postmodernes, an schnellen Wechseln und oberflächlichen Bildreizen ausgerichtetes Medienwahrnehmungsverhalten haben, ist der Umgang der Mädchen und jungen Frauen noch stark am traditionellen Muster der Schreib-Lesekultur ausgerichtet. Zeitschriften, Magazine, Bücher spielen in der Lebenswelt der weiblichen Jugend eine wichtige Rolle, genauso wie dort der aktive, kultivierte Umgang mit der gesprochenen, vor allem aber mit der geschriebenen Sprache noch eine große Relevanz besitzt. So ist bei den weiblichen Jugendlichen aus den Mittelschichten das Tagebuchschreiben noch immer verbreitet und es werden Radioprogramme wie FM4 , die das sprachlich gepflegte Feature kultivieren, besonders geschätzt.
     
    Aus deutschen Untersuchungen wissen wir, dass Jugendliche und junge Erwachsene im Durchschnitt täglich ca. vier Stunden mit Medien verbringen (tfactory 2008b). Die größten Anteile der Medienzeit werden für Internet, Fernsehen und Radio verausgabt. Laut JIM-Studie 2008 entfallen davon in der Altersgruppe der 14-19-Jährigen 120 Minuten auf das Internet, 100 Minuten auf das Fernsehen und 97 Minuten auf das Radio (zitiert nach Friedrichs/Sander 2010: 30).
     
    Durch den größer werdenden Einfluss der digitalen Medien kommen die Printmedien und hier insbesondere die Tageszeitungen und die gedruckten Jugend- und Lifestylemagazine stark unter Druck. Wesentlich auch hier der Hinweis auf die Unterschiede in der Mediennutzung zwischen den Geschlechtern. So nimmt die Radionutzung im Medienbudget der Mädchen und jungen Frauen einen deutlich größeren Raum ein, während das Internet von weiblichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen etwas weniger genutzt wird als von den männlichen.
    Junge Freizeitkultur als Eventkultur
    Jugendliche Freizeit- und Erlebniskultur spielt sich keineswegs nur in den virtuellen Räumen der Medien ab. Mindestens genauso wichtig wie virtuelle Erfahrungen sind reale Erlebnisse im Rahmen von so genannten Events. Events gelten als etwas Außergewöhnliches, als etwas, was den Rahmen der alltäglichen Erfahrungen sprengt. „Einzigartig sind Events aber auch, weil die in ihnen angebotenen Stimuli dem Gesetz des ‚Immer mehr und immer größer‘ unterliegen. Ein Event, der nur das Gleiche bietet wie ein Vorgänger, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, weshalb auch die Veranstalter von Events deren ‚Einzigartigkeit‘ mit allen medialen Mitteln herausstellen und aggressiv vermarkten.“ (Gebhardt 2000: 20)
    Zudem ist das Event auch die typische Veranstaltungsform für Jugendliche, die in posttraditionalen Gemeinschaften ihre Freizeit verbringen. Diese offenen, instabilen, ja oft flüchtigen Gruppierungen können durch das gemeinsame Erleben von Events zumindest vorübergehend zum Bewusstsein einer Zusammengehörigkeit kommen und das vor allem dadurch, dass sie ihre gemeinsame Besonderheit durch ästhetische Stilmittel öffentlich demonstrieren. Gebhardt spricht in diesem Zusammenhang sogar vom Event als „die prototypische Veranstaltungsform spätmoderner Gesellschaften“: „Events sind die sozialen Orte und Zeiträume, an und in denen die Mitglieder postmoderner Gesellungsformen (wie z. B. Szenen), die im Vergleich zu den traditionalen (wie z. B. Familien) bzw. klassisch modernen Gesellungsformen (wie z. B. Verbände, Vereine, Parteien) ungleich lockerer und unverbindlicher gebaut sind, wenigstens partikular und für den Moment zum Bewusstsein ihrer selbst kommen.“ (Ebd.: 21)
    Über Events wird unter Jugendlichen viel und gern gesprochen. Events werden einmal real erlebt und im Anschluss daran wird das Erlebte in Gesprächen viele Male aktualisiert. Events sind eines der wichtigsten Gesprächsthemen im Alltag der Jugendlichen. Das Wort Event ist eine Chiffre für ein erlebnisintensives Ereignis, das sich explizit von der Alltäglichkeit des Lebens unterscheidet. Werte, Normen und Handlungsroutinen, die den Alltag prägen, sind dort außer Kraft gesetzt. Das Event ist das „Reich der Freiheit“, das sich vom „Reich der Notwendigkeit“ abhebt. Das Event erlaubt das, was im Reich der Notwendigkeit verboten ist, was dort peinlich, übertrieben, exaltiert erscheint. Das Event ist dazu da, jene Grenzen für die Überschreitung zu öffnen, die man im Alltag bereitwillig akzeptiert.

Weitere Kostenlose Bücher