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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Lastenkahns sahen sich ratlos an. Clemens erkannte sogleich, dass sie nicht beabsichtigten, dem Ertrinkenden nachzuspringen.
    »So helft ihm doch!«, rief er aus. Er hielt sein Pferd an, stieg ab und stolperte durch die tiefen Pfützen zum Fluss. Nun endlich kam Bewegung in einen der beiden Schiffer. Er reichte seine Hände in die Fluten, doch der immer wieder emportauchende Mann sah sie nicht.
    Voller Entsetzen sah Clemens sich am Ufer um. Er konnte nicht schwimmen. Wie sollte er dem Mann helfen? Zwischen Gestrüpp fand er einen langen Ast, er ergriff ihn und hielt ihn ins Wasser, doch er konnte den Ertrinkenden nicht erreichen.
    Kurz entschlossen stakte Clemens in den eisigen Rhein. Die Strömung zerrte an seinen Beinen, doch er ging weiter. Bald reichte das Wasser bis an seine Hüften, er drohte, im schlammigen Untergrund den Halt zu verlieren. Mit weit ausgestreckten Armen schob er den Ast nach vorne. Der Mann umklammerte das Holz mit der Kraft der Hoffnung und riss Clemens fast mit sich. Doch der Kanonikus stemmte seine Beine fest in den aufgewühlten Grund, spürte weder Kälte noch Schmerz und zog den Mann mit ungeahnten Kräften, langsam rückwärts gehend, an Land.
    Keuchend sank er zu Boden. Der Mann, dunkelhaarig und mit vollem Bart, kniete neben ihm und erbrach Wasser in großem Schwall.
    Unterdessen hatten die Schiffer den Prahm vorsichtig zum Ufer gelenkt und ein Stück weiter flussabwärts vertäut. Sie kamen herbeigeeilt, der eine verbeugte sich unterwürfig, während der andere die Hände rang. »Mein Herr, ich danke Gott, dass Ihr am Leben seid.«
    »Unverschämtes Gesindel«, rief der Mann aus, während er sich mit dem durchnässten Ärmel den Mund abwischte. »Ertrinken lassen wolltet ihr mich. Mit meinen Waren abhauen und sie für ein paar Silberlinge verscherbeln. Ihr könnt dem Herrn danken, dass ich euch dafür nicht in den Kerker werfen lasse!«
    Der Jüngere der Schiffer zuckte zurück, doch der andere blieb ungerührt, stand mit verschränkten Armen. »Was redet Ihr? Ich reichte Euch die Hand, doch Ihr nahmt sie nicht.«
    Der Bärtige atmete schwer und spuckte noch einmal Wasser. Dann stand er auf, heftig hustend und mit grimmigem Ausdruck. Auch Clemens erhob sich schwerfällig. Der Schmerz in seinem Bein pochte nur noch stärker. Blut und Eiter mischten sich mit dem Wasser des Flusses.
    »Ihr seht übel aus«, sagte der Mann und hustete wieder. »Habt Ihr es noch weit?«
    »Ich bin auf dem Weg nach Bingen. Der Stadt gegenüber liegt das Kloster Rupertsberg.«
    »Ah, ein Diener Gottes also. Das ist ein weiter Weg hoch zu Ross. Zudem wird die Straße überschwemmt sein. Obschon auch das Boot sich in ungewissen Strömungen bewegt, so ist es sicherer, es auf diesem Weg zu versuchen. Darf ich Euch als Dank für meine Rettung eine freie Passage bis nach Mainz anbieten? Der Prahm ist groß genug. Es ist auch Platz für Euer Pferd, sollten wir es vom Wasser aus an Bord bekommen.« Der Bärtige zeigte schwer atmend auf die Wunde. »Nur sollten wir diese unfähigen Leute dort, die sich Schiffer nennen, antreiben und die Reise unverzüglich fortsetzen, wenn Euer Bein nicht dem Wundbrand anheimfallen soll.«
    Die Strömung trieb das Boot mit Macht flussabwärts in Richtung Mainz.
    Bereits nach kurzer Fahrt war die Römerstraße nicht mehr zu sehen. Der Strom hatte alles überflutet, Felder und Hütten, Weiden und Weinstöcke.
    Der Bärtige stellte sich als Norbert von Koppenstein vor, reisender Händler aus Mainz. »Und was führt Euch bei diesem Unwetter des Weges?«
    »Ich bin Kanonikus aus Mainz und reise im Namen des Herrn«, antwortete Clemens ausweichend.
    Der Händler nickte scheinbar unbeteiligt, doch seine Züge verrieten, dass er gerne mehr erfahren hätte. »Ich komme von der Champagnemesse in Provins. Die Bilanz nach der Sankt Aigulfsmesse kann sich sehen lassen. Die Pelze, die ich dorthin mitbrachte, verkauften sich gut. Mir ist nur noch ein Rotfuchs geblieben und ein Lämmerfell, obgleich der Markt fast mehr Händler aufwies als Käufer. Denn auch in Frankreich nahmen viele angesehene Männer das Kreuz und verkauften all ihre Ware, um für das Unternehmen vom König Geld zu bekommen.«
    Norbert von Koppenstein zeigte auf die vielen Säcke und Kisten.
    »Die Italiener kamen zuhauf mit Gewürzen, Pfeffer und Ingwer aus dem Orient und Safran, die waren kaum halb so viel wert wie im letzten Jahr«, erklärte er eifrig. »Sie strömten herbei und brachten all die Kostbarkeiten, mit denen man

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