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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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glühend vom unauslöschlichen Feuer der Liebe, gestärkt durch die Blüten des Martyriums, gelangt sie nun zur ewigen Herrlichkeit.«
    Margarete erschrak. Sprach er von Elysa?
    »Wir wollen nun für ihre Seele beten und unsere Stimmen erheben, auf dass sie sanft ruhe im ewiglichen Himmelreich.«
    Margarete erhob sich, zögernd. »Verzeiht«, sagte sie mit dünner Stimme. »Ihr sprecht von der Anwärterin …«
    »Gewiss«, sagte er sichtlich ungehalten. »Willst du ihren Heimgang stören?«
    Margarete dachte an den Augenblick, als sie die Krankenstube verlassen hatte, um dem Appell zur Versammlung zu folgen. Elysa hatte auf dem Boden gelegen, noch immer still und unbeweglich, doch plötzlich hatte sie tief geseufzt.
    »Es ist noch zu früh, um zu trauern – die Anwärterin lebt.«
    Leises Gemurmel erfüllte den Saal. Der Exorzist blinzelte sichtlich verwirrt. »Doch sie ist bereits auf dem Wege der Heimführung.«
    »Mitnichten, ehrwürdiger Radulf. Die Medica nahm sich ihrer an und führt nun den Beweis, dass Gottes Wege wunderbar sind.« Hatte sie tatsächlich jemals an Juttas Künsten gezweifelt?
    Das Gemurmel der Nonnen wurde lauter.
    »Schweigt still! Wer hat euch erlaubt zu schwatzen«, rief Radulf gestrengen Blickes, und die Nonnen verstummten sogleich. Dann wandte er sich wieder an Margarete und fragte eisig: »Soeben erhielt ich Bericht vom Seelsorger. Sag, wie kannst du ihm widersprechen?«
    Schon spürte Margarete eine heftige Abneigung gegen den Mann aufsteigen. »Geht hin und seht selbst«, sagte sie mit festerStimme. »Die Medica ist bei ihr und versorgt sie mit Kräutern der seligen Hildegard.«
    »Nun«, die Augen des Exorzisten verengten sich, dann schien er sich zu besinnen und lächelte salbungsvoll, »dann sollten wir für ihre Genesung beten. Doch wenden wir uns zunächst anderen Dingen zu. Die Priorin wird euch nun aus der Regel des heiligen Benedikts über die Demut vorlesen.«
    Agnes sah auf. Sie bemühte sich, die Überraschung zu verbergen, was ihr allerdings nicht gelang. Schließlich aber ergriff sie die Schrift, die man ihr gereicht hatte, und begann:
    »Laut ruft uns, Schwestern, die Heilige Schrift zu: ›Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.‹ Mit diesen Worten zeigt sie uns also, dass jede Selbsterhöhung aus dem Stolz hervorgeht.«
    Zögernd sah sie auf, doch Radulf von Braunshorn ermunterte sie fortzufahren.
    »Aus Liebe zu Gott unterwirft sich die Braut Christi dem Oberen in vollem Gehorsam und übt diesen Gehorsam auch dann, wenn es hart und widrig zugeht. Sogar wenn ihr dabei noch so viel Unrecht geschieht, schweigt sie und umarmt gleichsam bewusst die Geduld.«
    Der Exorzist hob Schweigen gebietend die Hand. »Hat eine von euch ein Vergehen gegen die Regel der Demut zu beichten?«
    Keine der Nonnen wagte aufzusehen. Margarete empfand die Stille als bedrohlich, voller Angst, die sich langsam im Raum ausbreitete.
    Radulf erhob eine Braue. »Nun, dann werde ich eure Augen öffnen. Zur Versammlung am Morgen wurdet ihr Zeuge eines groben Verstoßes gegen die Regel. Eine von euch maßte sich an, mich über das Wesen der himmlischen Freude zu belehren, und verteidigte hartnäckig ihre Ansicht. Der Mensch aber verharre in Demut, damit er nicht durch den vom Himmel herniedergestürztenHochmut überwunden wird, weil er besser sein will als andere gute Menschen und sich selbst als gut und heilig anrechnet.« Er lächelte scheinbar sanftmütig. »Ehrwürdige Schwestern, wer von euch eine Verletzung der Ordensregel beobachtet oder am eigenen Leib erfahren hat, der möge sich nun erheben und sprechen – zum Wohle unserer aller Seelen.«
    Die Oblatin Anna stand auf. »Ich möchte berichten, dass eine von uns, Schwester Ida, ihren Zorn hat zur Tat werden lassen, als sie Margarete am Vortag im Handarbeitsraum mit dem Stab schlug.«
    Dann sprang eine andere auf. »Ja, auch mich schlug sie, obgleich ich mich nur jener Fröhlichkeit hingab, die Ihr uns ans Herz legtet.«
    »Sie verbreitet Angst und Schrecken, statt uns fürsorglich zu leiten«, rief eine dritte.
    »Ja, sie züchtigt uns, obwohl die Zucht der Priorin unterliegt!«
    Eine nach der anderen brachte ihren Unmut hervor. Margarete blieb still sitzen und beobachtete den Aufruhr der unterdrückten Seelen. Ja, Ida hatte es mit der Ordnung zu hart genommen und im strengen Regiment alle gegen sich aufgebracht. Doch hatte bisher niemand gewagt, sich dagegen aufzulehnen.
    Margarete

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