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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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nicht mal mit ihr reden?«
    Mit Grace reden? Konnte das überhaupt jemand? Diese Hochzeit, dachte Helen, steckte voller Schwierigkeiten. Und sie hatte noch nicht einmal Simons Eltern kennengelernt, offenbar glühende Labour-Anhänger, die in einem kleinen Kaff in der Nähe von Stockport wohnten, das Helen nur mit Mühe auf der Karte fand. Vielleicht passierte mit etwas Glück irgendetwas, das verhinderte, dass die Hochzeit stattfand.
    Es nieselte an jenem Tag, aber selbst das konnte Caroline nicht das Lächeln verderben. Sie sah in der Tat hinreißend aus, dachte Helen, als sie sich umwandte in ihrem cremefarbenen Strohhut und dem rosa-blauen Kleid von Debenhams, um ihrer Ältesten entgegenzusehen, die durch den Mittelgang schwebte. Helens Herz stockte kurz beim Anblick ihres Exmanns, der wieder etwas Gewicht zugelegt hatte, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte. Er glich immer noch einem Fünfziger-Jahre-Filmstar. Wären sie zusammengeblieben, hätte dies hier eine richtige Familienhochzeit sein können. Unter den gegebenen Umständen jedoch sah Bob stur geradeaus, als er an ihr vorüberging. Später beim Empfang, wo Caroline sie diplomatisch möglichst weit voneinander entfernt an den Tisch gesetzt hatte, mied er sorgfältig Helens verstohlene Blicke.
    Abgesehen von ihrem Exmann kannte Helen kaum ein Gesicht unter den Gästen. Geoffrey war mit seiner Familie aus Sussex gekommen, aber ihre anderen beiden Brüder waren im Ausland. Sandra hatte sich geweigert zu kommen. Ihre Absage hatte Caroline, die immer noch ein enges Verhältnis zu ihrer Großmutter pflegte, verletzt und Helen ein schlechtes Gewissen verursacht, weil sie wusste, dass Sandras Weigerung von ihrer Abneigung herrührte, Helen zu begegnen. Tante Phoebe und Onkel Victor hatten eine höfliche Karte geschickt mit der Erklärung, dass sie »verhindert« waren, ohne einen Grund zu nennen, und schlichte weiße Bettwäsche als Hochzeitsgeschenk.
    Das Brautpaar würde die Nacht in einem Hotel verbringen, bevor es am nächsten Tag nach Spanien flog. »Kannst du mir meinen Koffer zum Bahnhof bringen?«, fragte Caroline in ihrem cremeweißen Rock und Blazer von BHS , kurz bevor sie den Hochzeitsempfang verließ.
    Selbstverständlich! So würde Helen die Gelegenheit haben, sich ohne all diese Leute hier von ihrer Tochter zu verabschieden. Aber als sie am nächsten Morgen zum Bahnhof in Ealing fuhr, bekam sie plötzlich Magenschmerzen. War das nicht Bob, der sich mit den beiden am Treppenaufgang unterhielt?
    »Dad hat mir ein paar Sachen aus meiner Wohnung gebracht«, raunte Caroline ihr zu, nachdem sie Helen entgegengelaufen war, um sie mit diesem herrlich rosigen Frischvermählten-Strahlen im Gesicht zu begrüßen. »Es macht dir doch nichts aus, oder?«
    Hatte ihre Tochter, fragte Helen sich, das absichtlich arrangiert? Wie dem auch sei, jedenfalls führte heute kein Weg daran vorbei, dass Bob und sie miteinander redeten. »Wie geht es dir?«, zwang sie sich, zu ihrem Exmann zu sagen. Er sah gut aus – das Alleinewohnen bekam ihm offenbar. Ob sie letzten Endes vielleicht doch überstürzt gehandelt hatte mit der Trennung?
    »Danke, gut. Und dir?«
    Er antwortete sehr steif, also tat sie dasselbe. »Sehr gut. Tolle Hochzeit, nicht?«
    »Ja, sehr schön.«
    Es hätte auch eine andere Hochzeit sein können, von der sie gerade sprachen, als die ihrer gemeinsamen Tochter. Dann war es Zeit, von Caroline Abschied zu nehmen und auch, mit knirschenden Zähnen, von Simon, der noch großspuriger wirkte als sonst. Sie sah den beiden hinterher, während sie Arm in Arm die Treppe zum Gleis hochgingen, wo ihr Zug nach Gatwick wartete.
    »Traurig, nicht?«, sagte Bob und riss sie aus ihren Gedanken.
    »Was?«
    Bob machte kurz den Eindruck, als wollte er ihren Arm nehmen, bevor er es sich anders überlegte. »Wir waren auch einmal glücklich miteinander, oder?«
    Sie konnte es kaum glauben! Bob zeigte sonst nie seine Gefühle. Das war eins der größten Probleme zwischen ihnen gewesen. Und nun stand er hier und sprach aus, was Helen in den letzten paar Jahren immer wieder gedacht hatte. Es hatte durchaus Zeiten gegeben, in denen sie glücklich gewesen waren, aber die Strapazen, die damit verbunden waren, zwei Kinder mit sehr wenig Geld großzuziehen, waren zu hart gewesen. Wenn sie durchgehalten hätten. Wenn sie nicht all die Jahre bei seiner Mutter gelebt hätten. Wenn …
    »Tja«, fuhr Bob fort. »Ich schätze, das Leben geht weiter. Ich wollte dir eigentlich schreiben, aber

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