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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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unbehaglichen Eindruck, wenn sie sich nach ihm erkundigte, als wäre es ihnen lieber, sie würde das nicht tun. »Gut«, lautete dann die Antwort, bevor rasch das Thema gewechselt wurde. Offenbar war es irrsinnig, Neuigkeiten über den Ehemann, oder besser gesagt: Exmann, von den eigenen Kindern zu erfragen.
    Eines Tages, als Scarlet ungefähr sechs Monate alt war, nahm Helen ein schweres, drückendes Gefühl im Magen wahr, als hätte sie zu viel gegessen. Tatsächlich hatte sie aus unerfindlichen Gründen seit Wochen keinen Appetit mehr. Anfangs maß sie dem keine Bedeutung bei, wurde aber irgendwann das Gefühl nicht mehr los, ständig aufgebläht zu sein – beinahe, wie sie scherzhaft zu Peter bemerkte, als wäre sie schwanger. »Du bist noch relativ jung, meine Schöne«, sagte Peter daraufhin. »Es sind schon seltsamere Dinge passiert.«
    Schließlich suchte sie ihren Arzt auf, der ihr Verdauungstabletten verschrieb. Sie halfen eine Zeit lang, aber dann kehrte das Völlegefühl zurück, und die Vertretungsärztin empfahl ihr, sich im Krankenhaus durchchecken zu lassen.
    Während Helen dort wartete, fiel ihr unwillkürlich eine schottische Krankenschwester mit dem Namensschild »Patricia Green« auf. War das womöglich Bobs Frau? Sie war jünger als Helen – das hatte sie zumindest aus den Kindern herausbekommen –, und irgendwie störten Helen die blonden Haare (sicher aufgehellt!) und die knallrot geschminkten Lippen.
    Der Facharzt hörte aufmerksam zu, als sie ihm ihre Beschwerden schilderte. Die Liste schien unendlich: Blähungen, Müdigkeit, das Gefühl, dass sie permanent »voll« war. Während sie die Symptome beschrieb, wurde sein Gesicht immer ernster, was Helen leichtes Unbehagen verursachte, bevor er sie schließlich zur Blutabnahme schickte. Nach wenigen Tagen wurde sie zu ihrem Hausarzt bestellt. Die Bluttests, zusammen mit den Ultraschalluntersuchungen, deuteten auf eine Zyste hin. Sie müsse sich darauf gefasst machen, dass diese bösartig sein konnte. Sie müsse noch in dieser Woche operiert werden.
    Helen kam es vor, als würde er von jemand anderem sprechen statt von ihr. »Es wird alles gut«, tröstete sie Peter, der im Wartezimmer zusammenbrach.
    Es musste einfach gutgehen, dachte sie, weshalb sie die Mädchen nicht unnötig beunruhigen wollte. »Ich muss mir eine kleine Zyste entfernen lassen«, erklärte sie beiden. »Es besteht kein Grund zur Sorge. Ehrlich nicht.«
    Als sie zu sich kam, war Helens erster Gedanke, dass ihr schlecht war. Furchtbar schlecht. Der zweite war, dass sie halluzinierte. Ihre Mutter stand in der Tür, mit weißem Gesicht, kreidebleich und einem Baby auf dem Arm.
    »Mummy?«, sagte eine Stimme.
    Also nicht ihre Mutter. Caroline.
    Aber die Gestalt hatte gewellte Haare und Perlenohrringe, es musste also Mummy sein.
    »Mum?«, sagte eine andere Stimme.
    Grace.
    Oder war es Tante Phoebe, als sie noch jung war?
    Sie sahen sich alle so ähnlich mit diesen ausgeprägten Gesichtszügen und den kühlen blaugrauen Augen. Wer konnte das schon wissen?
    »Warum hast du uns nichts gesagt?«, fragte Caroline kurz nach Helens Entlassung. Sie saßen im Wohnzimmer von Helens kleiner Maisonettewohnung, alle drei, oder besser gesagt, alle vier. Sie, ihre Mädchen und die kleine Scarlet. Caroline war wütend auf ihre Schwester, weil diese mit einer Erkältung gekommen war, obwohl sie das Baby anstecken konnte.
    Helen mochte ihrer Ältesten nicht sagen, dass ihre eigenen Abwehrkräfte geschwächt waren und sie daher den Kontakt mit Kranken meiden sollte. »Ich wollte euch nicht beunruhigen.«
    »Aber es wird alles wieder gut«, beharrte Grace. »Sobald du die Chemotherapie hinter dir hast.«
    »Das sollte es.«
    Helen hatte das Wesentliche erklärt, während Peter laut in der Küche herumhantierte, um Tee zu kochen, und zwischendurch fragte, ob jemand Gebäck wünsche, als könne er dadurch das Negative ausblenden. Sie würde eine medikamentöse Therapie und Bestrahlungen im Mount Vernon bekommen, derselben Klinik, in der sie damals wegen ihrer Verbrennungen behandelt worden war. Und dann hieß es abwarten.
    »Eierstockkrebs ist in der Regel sehr schwer heilbar«, hatte der Arzt sie gewarnt. »Wenn wir Glück haben, haben Sie vielleicht noch fünf Jahre. Manche Frauen schaffen es länger.«
    Fünf Jahre! Scarlet würde dann die Schule besuchen, und Carolines zweites Kind würde auf der Welt sein. Helen musste so lange wie möglich durchhalten. Offen gestanden wäre das einfacher, wenn

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