Pern 04 - Drachensinger
Gitarre spielte … aber man hatte so sehr befürchtet, daß sie Schande über die Burg am Meer bringen könnte.
Eines Tages würden ihr Vater und auch ihre Mutter einsehen, daß sie Menolly Unrecht getan hatten.
Menolly spann die Triumphgedanken weiter, bis Lärm ihre Überlegungen durchdrang. Dunkles Männerlachen und Gesprächsfetzen hingen in der klaren Nachtluft.
Harfnerstimmen – Tenor, Baß und Bariton in gutmütigem Wettstreit; dazwischen ein quengeliger Tonfall, wie von einem schlechtgelaunten Greis. Beschwichtigend hob sich ein leichter, samtweicher Bariton über das Gezeter, suchte es zu besänftigen. Dann beherrschte die dunklere Stimme des Meisterharfners alle anderen und brachte sie zum Schweigen.
Obwohl Menolly nicht verstand, was er sagte, wiegten seine Worte sie in den Schlaf.
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Harfner, wohin führt der Weg,
Der von der Burg sich windet?
Sag, endet er im Hügelland?
Sag, schlängelt weiter er sein Band,
Bis die Abendsonne er findet?
Menolly schreckte kurz hoch, aufgescheucht von einem inneren Ruf, der nichts mit dem Sonnenaufgang auf dieser Seite von Pern zu tun hatte. Sie sah schwarze Nacht und Sterne durch das Fenster, spürte die Feuerechsen, die sich an sie schmiegten, und schlief dankbar wieder ein. Sie war so müde.
Als die Sonne die Außenfassade des Gebäudevierecks hoch-gekrochen war, schien sie direkt in Menollys Fenster, die nach Osten hin schauten. Nach und nach erfüllte Helligkeit den Raum, und das Licht und die Wärme weckten sie.
Sie lag da, immer noch schlaftrunken, und überlegte, wo sie war. Als es ihr wieder in den Sinn kam, wußte sie nicht so recht, was sie nun anfangen sollte. Hatte sie irgendeine allgemeine Weckzeit versäumt? Nein, Silvina hatte ausdrücklich betont, sie solle ausschlafen.
Als sie die Felldecke zurückschob, hörte sie von draußen einen vielstimmigen Chor. Der Rhythmus war ihr vertraut. Sie lächelte, als sie eine der langen Sagas erkannte, die sie den Kindern in der Burg damals eingebleut hatte. Die Lehrlinge mußten den schwierigen Takt auch immer wiederholen. Das beruhigte sie. Ihre Unterrichtsmethode war also nicht die schlechteste gewesen.
Als sie die Beine aus dem Bett schwang, biß sie die Zähne zusammen. Sie hatte Angst vor dem Moment, da ihre Sohlen den kalten, harten Steinboden berühren würden. Aber zu ihrem 20
Staunen fühlten sich die Füße nur steif und überhaupt nicht mehr wund an. Menolly warf einen Blick aus dem Fenster. Die Sonne stand schon hoch am Himmel; offenbar hatte sie lange geschlafen. Dann lachte sie sich selbst aus. Und ob sie lange geschlafen hatte! Sie befand sich jetzt auf der anderen Hälfte von Pern; immerhin gab es zwischen dem Benden-Weyr und der Gildehalle eine Zeitverschiebung von sechs Stunden. Zum Glück waren die Echsen genauso erschöpft gewesen wie sie, sonst hätte das Hungergeschrei der Kleinen sie längst geweckt.
Sie streckte sich, schüttelte das Haar aus und humpelte vo rsichtig zum Waschkrug. Nachdem sie sich mit Kleie ge-schrubbt hatte, zog sie sich an und bürstete gründlich ihr Haar.
Prinzessin begann ungeduldig zu schimpfen. Sie war wach.
Und sehr hungrig. Rocky und Taucher unterstützten ihre Beschwerde.
Menolly mußte versuchen, Nahrung für ihre Schar aufzutrei-ben – und das rasch. Es reichte schon, daß sie mit neun Echsen hier aufkreuzte. Wenn die Biester, durch leere Mägen gereizt, auch noch allerhand Unfug anstellten, war die Geduld der Bewohner sicher bald erschöpft.
Entschlossen öffnete Menolly die Tür. Vor ihr lag ein verla ssener Gang. Der würzige Duft von Klah, frischem Brot und Bratengebrutzel erfüllte die Luft. Menolly beschloß, einfach ihrer Nase zu folgen.
Zu beiden Seiten des Korridors befanden sich Türen; die entlang der Außenfassade standen offen, um Sonne und Luft hereinzulassen. Sie stieg vom oberen Stockwerk zur breiten Eingangshalle hinunter. Jenseits des Treppenschachtes entdeckte sie drachenhohe Metalltüren mit einem seltsamen Schließmechanismus; an der Rückseite der Portale waren Kurbeln angebracht, die allem Anschein nach dazu dienten, schwere Riegel in Decke und Boden zu treiben. In der Halbkreis-Bucht hatte man nur Bolzen und dicke Querstangen benutzt, um die Burgtore zu sichern; dieser Mechanismus hier 21
wirkte sicherer und ließ sich bestimmt leichter bedienen.
Zur Linken befand sich eine Flügeltür, die in den Großen Saal führte – vermutlich der Raum, aus dem sie nachts die Stimmen der Harfner vernommen
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