Pern 05 - Drachentrommeln
einge-keilt zwischen Menolly und Sebell, daß er sich ohnehin nicht rühren konnte. Dann drehte sich Sebell nach ihm um und sagte:
»Du hast sicher schon eine Menge über das Dazwischen gehört, aber ich warne dich: Es ist unheimlich, auch wenn man weiß, was einen erwartet.«
»Das stimmt, Piemur«, bekräftigte Menolly und umklammerte ihn von hinten. »Aber ich halte dich fest, und du kannst dich auch bei Sebell abstützen.«
»Du fühlst nichts, sobald wir im Dazwischen sind«, fuhr Sebell fort. »Im Dazwischen ist nichts außer Kälte. Du wirst weder Lioth noch unsere Nähe spüren. Aber das dauert nur einige Herzschläge lang. Zähl sie! Das Pochen ist laut genug.
Wir tun das gleiche, das versichere ich dir.« Sebell blinzelte ihm zu, und Piemur verstand, daß der Harfner ihm seine ängstliche Miene nicht übelnahm.
Piemur nickte stumm. Es war ihm gleichgültig, was im Dazwischen geschah. Zumindest konnte er später sagen, daß er diesen Zustand kannte – im Gegensatz zu den meisten anderen Lehrlingen.
Unvermittelt bäumte sich der Drache auf, und Piemurs Kinn prallte gegen Sebells linke Schulter. Der junge Harfner sah, wie der Boden unter ihnen wegsackte. Die Nackenmuskeln des Drachen spannten sich an, als die beinahe transparenten Flügel mächtig Schwung holten. Dann versanken Festwiese und Harfner-Halle in der Tiefe, und sie befanden sich über den 77
Feuerhöhen der Burg.
Sebell nahm Piemurs Hände, die seinen Gürtel umklammer-ten. Im nächsten Moment spürte Piemur nichts außer einer eisigen Kälte, die ihm bis ins Mark kroch. Das Herz hämmerte ihm gegen die Rippen.
Er wollte schreien, konnte aber keinen Laut hervorbringen.
Gleich darauf schwebten sie wieder über Pern. Lioth glitt über goldenes Land hinweg. Piemur erschauerte und starrte krampfhaft Sebells Rücken an. Lioth schoß steil nach unten, sehr zu Piemurs Unbehagen. Plötzlich hörte er Feuer-Echsen zirpen, und obwohl er beschlossen hatte, nicht mehr umherzu-schauen, hob er den Kopf und sah, wie sie den Drachen umschwirrten.
»Ein unheimliches Gefühl, wenn man zu Boden blickt, nicht wahr?« sagte Menolly neben seinem Ohr. »Es wird noch schlimmer, wenn … ohhh …«
Piemur hatte das Gefühl, daß sein Magen in die Tiefe plump s-te, und zu seinem Entsetzen schien er vom Nackenwulst des Drachen einfach abzuheben. Er keuchte und umklammerte Sebell fester.
»Genau das hatte ich gemeint«, rief Menolly. »N’ton sagt, es seien Luftströme, die Lioth in die Höhe tragen oder ein Stück absacken lassen.«
»Ach so!« entgegnete Piemur lässig, aber seine Stimme machte den Schwindel nicht mit, sondern ging eine Oktave höher.
Er war Menolly dankbar, daß sie in diesem Moment nicht lachte.
»Mir jagt das jedesmal von neuem Angst ein!« rief sie ihm zu.
Er begann sich eben an das unberechenbare Auf und Ab zu gewöhnen, als der Drache geradewegs auf den Igen-Fluß zustieß. Piemur wurde gegen Menolly gepreßt und wußte nicht, ob er Sebell loslassen oder fester umklammern sollte.
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»Weiteratmen!« schrie ihm Menolly zu. Er hörte ihre Worte dennoch nur ganz schwach, weil der Wind sie ihr von den Lippen zu reißen schien.
Dann fing Lioth sich ab und glitt in flachen, langgezogenen Kurven dem Rechteck eines Festplatze s entgegen. Links befand sich der Fluß, ein breites, schlammiges Band zwischen roten Sandsteinböschungen. Kleine Segelboote glitten auf einer Strömung dahin, die wohl schneller war, als die träge Oberflä-
che vermuten ließ. Rechts befand sich der breite, unbewachse-ne Gesteinssockel, der zur Burg Igen hinaufführte, hoch über den Flutmarken, die das Wasser hinterlassen hatte. Jenseits der Burg ragten merkwürdige, vom Wind zu bizarren Formen geschliffene Klippen auf; allem Anschein nach waren ihre Höhlen bewohnt, denn man sah zu Füßen der Burg keine Hütten.
Auf Igen gab es auch keine Feuerhöhlen, da die Fäden im Sand und auf den Felsplateaus keinen Schaden anrichten konnten. Die Grünflächen befanden sich jenseits der nächsten Flußbiegung, wo man Kanäle landeinwärts geführt hatte und Wassergetreide anbaute.
Piemur bezweifelte, daß es ihm in dieser kahlen Umgebung gefallen würde, selbst wenn hier kaum Fäden fielen. Er fand die Hitze unerträglich.
Roter Staub wirbelte auf, als Lioth landete; Piemur zog die Wherlederjacke aus, noch ehe er die Reitgurte löste, und er sah, daß auch Menolly rasch Helm, Handschuhe und Jacke abstreifte.
»Ich vergesse immer wieder, wie heiß es in Igen
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