Pern 05 - Drachentrommeln
öffnete sie die Tür zum Krankenzimmer einen Spalt, und Rocky ließ sich am Fußende des Bettes nieder, die Augen fest auf das blasse Gesicht des Jungen gerichtet.
»Rokayas, helfen Sie bitte Menolly, Piemurs Habseligkeiten von den Trommelhöhen herunterzuholen!« meinte der Harfner.
Seine Stimme klang freundlich wie immer, aber Dirzan konnte seiner Miene entnehmen, daß Piemur eine größere Bedeutung hatte als er vermutete.
Dirzan bot Rokayas seine Hilfe an und erhielt eine Absage; er wandte sich an Menolly und erntete auch hier nur einen kühlen Blick. Von da an schwieg er, aber die tiefen Linien zwischen Nase und Mundwinkel sowie seine düster gerunzelte Stirn kündeten nichts Gutes für die Lehrlinge, die ihn in diese wenig beneidenswerte Lage gebracht hatten. Und als er für die Zeit 126
des Festes unvermutet den Wachdienst übernehmen mußte, wußte er, weshalb.
Er hütete sich allerdings, Piemur die Schuld daran zu geben.
Sobald Menolly und die anderen Gesellen gegangen waren, wandte sich Robinton noch einmal an Silvina. Diesmal zeigte er offen die Besorgnis, die er bis jetzt unterdrückt hatte.
»Nun bleiben Sie mal ganz ruhig!« meinte Silvina und legte ihm lächelnd die Hand auf den Arm.
»Er hat einen harten Schlag gegen den Kopf abbekommen, aber ich konnte keine Knochenverletzung feststellen. Die Schürfwunden heilen schnell. Nur die blauen Flecken und Prellungen wird er noch eine Weile spüren.«
Silvina seufzte.
»Ich hätte Ihnen gleich sagen können, daß da oben bei den Trommlern nicht der richtige Platz für ihn war. Er wirkte in jüngster Zeit völlig verändert. Keinen Ton brachte er heraus –
als hätte er Angst, das Falsche zu sagen. Und dann besitzt dieser Dirzan die Frechheit und beschuldigt ihn, er habe Gildegeheimnisse verraten.«
Sie waren bei den Privaträumen des Harfners angelangt, und Silvina wartete, bis Robinton die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Dabei weiß ich genau, was der Junge geleistet hat – auch wenn er es mit keiner Silbe erwähnte.«
»So – was denn?« Robinton musterte sie lächelnd.
»Er hat die Meister-Steine aus den Bergen geholt – und dabei muß irgend etwas Außergewöhnliches vorgefallen sein, weil er über Nacht blieb. Ich kriege das schon noch heraus!«
Sie nahm entschlossen Platz.
Robinton lachte, legte einen Moment lang die Hand an ihre Wange und schenkte ihr dann ein Glas Wein ein. Sie nickte dankbar. Der Wein tat ihr nach all der Aufregung gut. Und sie wußte, daß sie sich eine kleine Pause gönnen konnte, nun, da 127
Rocky den Kranken bewachte.
»Die ganze Geschichte ist meine Schuld«, meinte der Harfner nach einem tiefen Zug.
»Piemur ist schlau, und er kann schweigen, wenn es darauf ankommt. Zu gut, wie wir jetzt feststellen mußten.
Er hat weder Menolly noch Sebell anvertraut, daß er auf den Trommelhöhen Schwierigkeiten mit den anderen Lehrlingen hatte …«
»Gerade vor den beiden wollte er nicht als Verräter daste-hen.«
Silvina schüttelte den Kopf.
»Daß es Probleme gab, erfuhr ich nach der Gegenüberstellung in Benden. Die Lehrlinge hatten seine Kleider…« – sie rümpfte die Nase – »unbrauchbar gemacht. Ich kam dazu, als er das Zeug wusch, sonst wäre auch ich ahnungslos geblieben.«
Silvina begann leise zu lachen. »Allerdings ging dieser Streich gründlich daneben.«
Der Harfner zog fragend die Brauen hoch und stimmte dann in ihr Gelächter ein.
»Sie führten den Schabernack an dem Tag aus, als er in Igen war? Und dann kam völlig unvorhergesehen die Gegenüberstellung! Eine gerechte Strafe …«
Er wurde wieder ernst.
»Und ich dachte, dort oben sei er am besten aufgehoben! Sind Sie sicher, daß er keinen bleibenden Schaden davongetragen hat?«
»Ziemlich sicher. Vielleicht kann ihn aber Meister Oldive noch einmal untersuchen, wenn er von Nabol zurückkommt.«
Robinton spürte, daß sie Meister Oldives Besuch bei Baron Meron mißbilligte.
»Ja, die Geschichte mit Meron …«
Der Meisterharfner seufzte wieder, und seine Mundwinkel zuckten verärgert.
»Der Mann liegt im Sterben. Nicht einmal Meister Oldives 128
Künste können ihn retten. Und weshalb all die Umstände mit Meron? Ausgerechnet mit dem Mann, der soviel Leid über uns gebracht hat! Brekkes Drachenkönigin könnte heute noch leben, wenn er nicht…«
»Silvina, durch seinen Tod entstehen uns noch mehr Probleme!«
»Weshalb?«
»Weil es zu Streitereien, wenn nicht gar zum Kampf um seinen Besitz kommen kann. Und das darf
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