Pern 05 - Drachentrommeln
und kam zu dem Schluß, daß er schon schönere Feste gesehen hatte. Beim Bäcker gab es keine Beerenpasteten, und die Gilden hatten offenbar nur jüngere Gesellen entsandt, die sie leicht entbehren konnten. Immerhin, Festtage gab es nur wenige, und so nutzten die Bewohner von Nabol die Gelege nheit, um sich ein wenig zu zerstreuen.
Der Weinschenk hatte bereits alle Hände voll zu tun, als Piemur ein zweites Mal die Runde machte. Er ließ sich in einer Ecke der Bude nieder, aß langsam eine Scheibe Brot mit Fleisch und lauschte den Gesprächen der Besucher. Mit wachsendem Zorn stellte er fest, daß eine Unmenge von Feuer-Echsen umherschwirrten. Sie saßen auf den Dächern der Stände, flatterten ihren Freunden auf die Schultern und vollführten wilde Lufttänze. Anfangs versuchte sich Piemur einzureden, daß es immer der gleiche Schwarm war, den er zu Gesicht bekam. Er stellte auch fest, daß in der Hauptsache grüne Echsen vertreten waren. Blaue oder braune Tiere sah er selten, und Bronze-Echsen entdeckte er nur auf den Schultern einiger reicher Hofbesitzer. Aber wie immer er die Angelege nheit betrachtete, er kam nicht um die Tatsache herum, daß es auf Nabol mehr Feuer-Echsen gab, als er je auf einem Haufen gesehen hatte. Nicht einmal zur Gegenüberstellung auf Benden fanden sich so viele der kleinen Geschöpfe ein.
Plötzlich drang ein Satz an sein Ohr, der ihn aufhorchen ließ.
»Wie ich höre, sollen sie heute noch schlüpfen!«
Piemur kratzte sich heftig an der Schulter und drehte dabei 151
den Kopf halb nach hinten, bis er den Sprecher in der Menge ausgemacht hatte. Den Gilde-Abzeichen nach war er ein Schmied. Der Mann, der nun mit Verschwörermiene nickte, trug die Embleme der Bergleute.
»Nabol kümmert sich nicht richtig um die Gelege – das ist es.
Das letzte Mal hatten wir drei kaputte Eier. Mein Meister war ganz schön aufgebracht. Will sich heute unbedingt drei neue beschaffen – und wie ich Kaijan kenne, setzt er sich auch durch.«
»Tatsächlich?«
Der Schmied schnalzte mit der Zunge, »Bei uns blieb eines liegen, aber die Beschwerde des Meisters hat nichts genutzt.
Man hätte uns Eier versprochen, hieß es, und die hätten wir gekriegt. Läge an uns, sie richtig zu versorgen.«
Er wies zur Burg hin.
»Macht dem da oben wohl Spaß, uns hin und wieder reinzu-legen.«
Er schnaubte verächtlich.
»Ist sicher das einzige Vergnügen, das ihm noch geblieben ist!«
Beide Männer lachten schadenfroh.
»Hab’ gehört, daß er’s nicht mehr lange macht.«
Der Schmied blinzelte dem Bergmann vielsagend zu.
»Na, mir kann es nicht bald genug sein. Ich muß jetzt weiter.
Sehen wir uns später beim Tanz?«
»Was – du gehst schon?«
»Mir reicht ein Glas. Ich habe noch zu tun.«
Die Enttäuschung des Bergmanns ließ Piemur vermuten, daß sich der Schmied überhastet zurückzog. Ob er jetzt zu seinem Meister lief und ihm erzählte, daß in der Burg neue Eier heranreiften? Piemur beschloß, ihm zu folgen.
Große Mengen von Eiern … Eier, aus denen niemals Echsen schlüpften, weil sie nicht richtig behandelt wurden … Es sei denn …
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Piemur fiel ein, was Menolly einmal über Feuerechsen-Eier gesagt hatte. Auch grüne Weibchen legten Eier, wenn sie bei einem Paarungsflug von blauen oder braunen Echsen befruc htet wurden. Aber grüne Weibchen waren dumm; sie ließen ihr Gelege, das meist nicht mehr als zehn Eier enthielt, irgendwo am Strand zurück, ohne es richtig mit Sand zu bedecken, und so wurde es zur leichten Beute von wilden Wheren und Sandschlangen. Nur selten schlüpften Junge aus diesen Gelegen. Und das war ganz gut so, hatte Menolly mit Nachdruck festgestellt, denn sonst hätte sich Pern vor den kleinen Biestern nicht mehr retten können.
Ob die Bewohner von Nabol ahnten, daß hier Betrug im Spiel war und lediglich die minderwertigen Eier von grünen Weibchen so großzügig verteilt wurden? Plötzlich bemerkte Piemur, daß er den Schmied aus den Augen verloren hatte. Er verwünschte seine Unaufmerksamkeit. Langsam schlenderte er durch die Gassen des Festplatzes zurück und musterte unauffällig jeden freien Winkel zwischen den einzelnen Ständen. Als er den Gesellen wiederentdeckte, redete er gerade heftig auf einen anderen Mann ein, der ebenfalls die Farben der Schmiedegilde trug. Eine Kette funkelte an seinem Hals – das Rangabzeichen der Meister. Die beiden drehten sich um und kamen geradewegs auf Piemur zu. Der mischte sich unauffällig unter die Menge, ließ die
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