Pern 05 - Drachentrommeln
auch stimmte. Hm, aber wo war er losgesegelt? Von Ista? Das war eine kleine Burg. Dort konnte man kaum unbemerkt ein Boot stehlen.
Igen? Vielleicht sogar Keroon? Die Südländer forschten sicher nicht so genau nach …
»Hallo! Wer schleicht denn hier durch den Dschungel?« Ein hochgewachsenes Mädchen versperrte ihm unvermittelt den Weg. Auf ihren Schultern saßen eine braune Echse und eine Bronze-Echse; beide starrten Farli aufmerksam an. Die Königin kreischte los, ebenso überrascht wie Piemur. Da sie gleichzeitig ihren Schweif fest um seinen Hals wickelte, brachte er nur einen halberstickten Laut heraus. Ein kurzer Ausruf der kleinen Bronze-Echse machte Farli auf die mißliche 232
Lage ihres Freundes aufmerksam, und sie lockerte ihren Würgegriff. Piemur sah sie an, ein wenig unmutig, weil sie ihn nicht gewarnt hatte.
»Es ist nicht ihre Schuld«, lachte das Mädchen. Sie schien Piemurs Unbehagen zu genießen. Ihr dunkles Haar wurde von einem Band zusammengehalten, damit es sich nicht in den Zweigen verfing; sie trug ein Bündel über der Schulter und hatte einen Gürtel mit vielen Taschen umgeschnallt, einige davon leer, die anderen halbgefüllt. Dicksohlige Sandalen und lederne Beinkleider schützten sie vor dem morastigen Gelände.
»Meer …« – sie deutete auf die Bronze-Echse –»und Talla haben gelernt, sich ganz ruhig zu verhalten. Und als die merkten, daß die kleine Königin bereits einen Partner gefunden hatte, wollten wir natürlich alle wissen, wem sie gehörte. Ich bin Sharra aus der Burg des Südens.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Wie kommst du hierher? Wir haben auf unserer Fahrt entlang der Küste kein einziges Wrack gesehen.«
»Ich lebe bereits seit drei Fädeneinfällen hier«, entgegnete Piemur und berührte nur flüchtig ihre Hand. Vielleicht gehörte sie zu den Menschen, die sofort spürten, wenn jemand log.
»Ich bin in der Nähe der großen Lagune gelandet.« Das stimmte fast.
»In der Nähe der großen Lagune?« Sharras Miene drückte Besorgnis aus. »Dann warst du nicht allein? Was geschah mit den anderen? Die se Lagune ist bei Flut mörderisch. Man bemerkt den äußeren Klippenrand erst, wenn das Schiff daran zerschellt.«
»Nun ja, ich bin klein und leicht und wurde vielleicht in die Lagune geschwemmt.« Piemur hielt es für richtig, eine betrübte Miene aufzusetzen.
»Lassen wir die Vergangenheit, Junge«, meinte Sharra, und ihre melodische Stimme drückte Mitgefühl aus. »Wenn du das Meer und drei Fädeneinfälle im Freien überlebt hast, dann gehörst du hierher in den Süden.«
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»Ich gehöre – in den Süden?« Die Aussicht gefiel Piemur.
Sharra war eine ebenso scharfe Beobachterin wie der Meisterharfner. Der Gedanke, daß man ihm gestattete, in diesem herrlichen Land zu bleiben und Gegenden zu erforschen, die vielleicht noch kein Mensch betreten hatte, ließ Piemurs Herz beinahe überquellen.
»Ja, das würde ich sagen.« Sharras volle Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. »Wie darf ich dich übrigens nennen?«
Hätte sie ihm nicht die Chance gegeben, einen Namen zu erfinden, so wäre Piemur vielleicht auf den Gedanken gekommen, sie zu belügen. So aber entgegnete er stolz: »Ich bin Piemur von Pern!«
Sharra warf den Kopf zurück und lachte laut los, aber gleich darauf legte sie ihm einen Arm um die Schultern und drückte ihn einen Moment lang kameradschaftlich an sich.
»Du gefällst mir, Piemur von Pern! Wie hast du deine kleine Königin genannt? Farli? Das ist ein hübscher Name. Und das Rennerfohlen gehört auch zu euch?«
»Dummkopf? Ja – seit dem letzten Sporenregen, bei dem seine Mutter ums Leben kam. Immerhin, er hält schon einigermaßen Schritt mit uns.«
»Er hält Schritt mit euch? Heißt das, daß du die Schiffe am Fluß erspäht hast und jetzt die Flucht ergreifst?«
»Sicher. Ich habe nämlich auch die Kessel zum Einkochen von Heilsalbe gesehen.«
Sharra lachte wieder, und Piemur fand ihre Fröhlichkeit ansteckend. »Das also hat dich bewogen, deine Zelte abzubre-chen und fortzuziehen? Ich kann es dir nicht verdenken, Piemur von Pern.«
Ihre Augen blitzten belustigt, und sie setzte im Verschwörer-ton hinzu: »Ich habe den Auftrag, bestimmte Gräser und Kräuter zu sammeln, die in dieser Gegend wachsen. Im allgemeinen brauche ich dafür so lange, bis die anderen die Salbe fertig haben.«
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»Soll ich dir helfen?« fragte Piemur und warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Er merkte jetzt erst, wie sehr ihm
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