Pern 06 - Der Weisse Drache
aber er brannte darauf, mehr, sehr viel mehr über sie zu erfahren. Ihr Zorn auf die Drachenreiter des Südens hatte ihn verblüfft; überhaupt verblüfften ihn ihre Reaktionen oft. Ein Teil ihrer Anziehungskraft rührte wohl daher, daß er nie wußte, was sie im nächsten Moment sagen – oder wie sie es sagen würde.
Unvermittelt ließ er sie los, legte ihr einen Arm leicht um die Schultern und führte sie zu den Flechtmatten, wo sie noch kurz zuvor ganz unbefangen ein Kinderspiel begonnen hatten. Er drückte sie sanft zu Boden.
»Es wird vermutlich eine ganze Weile dauern, Sharra, bis wir erfahren, wie es dem Harfner geht.«
»Wenn ich nur wüßte, was mit ihm los ist! Falls dieser T’kul unserem Harfner etwas angetan hat …«
»T’kuls Kampf gegen F’lar berührt dich gar nicht?«
»Ich kenne F’lar nicht, obwohl es mir natürlich sehr leid täte, wenn T’kul ihn verwundet hätte.« Sie schlang geistesabwesend 320
die Arme um die Knie. »Und in gewisser Hinsicht ist es F’lars Aufgabe, T’kul zu bekämpfen. Schließlich hat er die Alten ins Exil geschickt – also muß er die Angelegenheit irgendwie zu einem Ende bringen.«
»Und das geschieht durch T’kuls Tod?«
»Oder durch seinen eigenen.«
»Das wäre der Zusammenbruch!« rief Jaxom mit mehr
Nachdruck, als er beabsichtigt hatte. Ihre Gleichgültigkeit gegenüber F’lars Schicksal stachelte ihn auf. »Der Benden-Führer ist Pern – begreifst du das nicht?«
»Tatsächlich?« Sharra warf ihm einen neugierigen Blick zu.
»Ich habe ihn noch nie gesehen …«
Es sind viele Drachen da und noch mehr Menschen, bericht e-te Ruth. Die Gedanken erreichten Jaxom immer noch aus weiter Ferne, aber er konnte sie klar verstehen. Sebell kommt, Menolly darf noch nicht fliegen.
»Spricht Ruth mit dir?« fragte Sharra. Sie umklammerte seinen Arm. Er legte ihr sachte die Finger auf die Hand. Sie beobachtete seine Züge so angespannt, daß er ihr beruhigend zunickte.
Aber ihre FeuerEchsen sind da. Der Harfner schläft. Meister Oldive betreut ihn. Die anderen warten draußen. Wir lassen ihn nicht fort. Soll ich jetzt zu dir zurückkehren?
»Wen meinst du mit ›die anderen‹?« erkundigte sich Jaxom, obwohl er die Antwort zu kennen glaubte.
Lessa und F’lar. Der Mann, der F’lar angriff, ist tot.
»T’kul ist tot – und F’lar unverletzt?«
Genau.
»Frag ihn, was dem Harfner fehlt!« wisperte Sharra.
Jaxom mußte lange warten, bis der kleine Drache antwortete, ein wenig verwirrt, wie es schien.
Mnementh berichtet, daß Robinton Brustschmerzen bekam und einschlafen wollte. Ein Becher Wein hat ihn wieder aufgerichtet. Mnementh und Ramoth wußten, daß er nicht 321
einschlafen durfte, weil er dann für immer gegangen wäre.
Kann ich jetzt wieder zurück?
»Braucht Brekke dich?«
Es sind viele, viele Drachen hier.
»Dann komm zu uns, mein Freund!«
Ich komme.
»Schmerzen in der Brust?« murmelte Sharra, als Jaxom Ruths Worte wiederholte. »Es könnte das Herz sein. Der Harfner ist nicht mehr der Jüngste, und er arbeitet zuviel.« Sie sah sich nach ihren FeuerEchsen um.
»Ich könnte Meer hinschicken …«
»Ruth erklärte, daß sich im Moment eine Unzahl von Menschen und Drachen im Ista-Weyr befinden. Es ist wohl besser, wenn wir noch warten.«
»Ich weiß.« Sharra stieß einen tiefen Seufzer aus. Sie nahm eine Handvoll Sand auf und ließ ihn durch die Finger rieseln.
Dann lächelte sie Jaxom zu. »Ich habe warten gelernt – aber das heißt nicht, daß es mir leichtfällt.«
»Wir wissen, daß er lebt. Das gleiche gilt für F’lar – auch wenn dich das vielleicht weniger freut …« Jaxom sah sie von der Seite an.
»Ich hatte doch nicht die Absicht, deinen Weyrführer zu kränken, Jaxom. Ich kenne ihn nur nicht.«
Unvermittelt kreischten Meer und Talle los, reckten die Hälse und starrten zum Westausläufer der Bucht. Mit gespreizten Flügeln duckten sie sich in den Sand.
»Was ist los?«
Im nächsten Moment hatten sich die beiden Echsen wieder beruhigt. Meer begann einen Flügel zu putzen, als sei nichts gewesen.
»Kommt jemand zu uns?« fragte Sharra und sah Jaxom
erstaunt an.
Jaxom war aufgestanden und suchte den Himmel ab. »Ich weiß nicht. Ruths Ankunft hätte sie sicher nicht erschreckt.«
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»Es muß aber jemand sein, den sie kennen.« Sharra schüttelte den Kopf. Der Gedanke kam ihr ebenso unwahrscheinlich vor wie Jaxom.
In diesem Moment hörten sie ein Knacken im Wald. Ein
unterdrückter Fluch deutete
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