Pern 06 - Der Weisse Drache
jawohl – und dann verlangten sie von uns, daß wir uns mit jedem Atemzug bei ihnen bedankten.«
Jaxom hatte noch deutlich die Arroganz und Geringschätzung vor Augen, mit der T’ron seinen Vormund behandelt hatte.
»Wir beachten die Alten gar nicht«, sagte Sharra achselzuckend. »Wir gehen unserer Arbeit nach, halten die Höfe frei von Grün und treiben die Herden bei Fädeneinfall in die Ställe.
Danach machen wir einen kurzen Rundgang mit den Flam—
menwerfern, um uns zu vergewissern, daß die Würmer kein Knäuel übersehen haben.«
»Kämpfen die Drachenreiter denn überhaupt nicht gegen den Sporenregen an?« fragte Brekke überrascht.
»O doch, hin und wieder. Wenn es ihnen gerade Spaß macht oder wenn sich ihre Drachen zu sehr aufregen …« Sharras Verachtung war abgrundtief. Dann bemerkte sie die Bestür-315
zung auf den Zügen der beiden anderen und fügte hinzu: »Die Mehrzahl der Alten blieb ja im Norden. Es sind nur eine Handvoll Reiter, die ihren Stand in Verruf bringen. Immerhin –
wenn sie uns auf halbem Wege entgegengekommen wären …
wir hätten ihnen geholfen.«
»Ich glaube, ich muß zurück.« Brekke erhob sich und starrte nach Westen. »T’kul ist jetzt nur noch ein halber Mensch. Ich weiß, wie man sich fühlt, wenn …« Sie sprach nicht weiter, sondern starrte mit weitaufgerissenen Augen ins Leere.
Unvermittelt stieß sie einen Entsetzensschrei aus. »O nein!«
Sie fuhr sich mit einer Hand an die Kehle und machte mit der anderen eine abwehrende Geste.
»Brekke, was ist los?« Sharra war aufgesprungen.
Ruth schmiegte sich wimmernd gegen Jaxom.
Sie hat große Angst. Sie spricht mit Canth. Er ist unglücklich.
Ein zweiter Drache ringt mit dem Tode. Canth befindet sich bei ihm. Jetzt hat sie Kontakt mit Mnementh. T’kul kämpft gegen F’lar!
»Was?« Jaxom umklammerte Ruths Schulter.
Die FeuerEchsen begannen erregt zu kreisen und stießen schrille Schreie aus, bis Jaxom sie mit einer heftigen Geste zum Schweigen brachte.
»Das ist ja entsetzlich, Jaxom«, rief Brekke. »Ich muß fort.
T’kul weiß im Moment nicht, was er tut. Warum überwältigen sie ihn denn nicht? Hat auf Ista niemand Ruhe und Besonne nheit bewahrt? Wo bleibt D’ram? Ich hole meine Reitkleider.«
Sie rannte in die Hütte.
»Jaxom!« Sharra drehte sich hilfesuchend zu ihm um. »T’kul haßt F’lar! Ich habe oft genug seine Reden mitangehört. Er gibt F’lar die Schuld an jedem Mißgeschick im Süden. Wenn T’kul seinen Drachen verloren hat, ist er nicht mehr bei Sinnen. Er wird F’lar töten.«
Jaxom zog das Mädchen eng an sich. Er benötigte den Trost ebenso wie sie. T’kul im Kampf mit F’lar? Er bat Ruth, genau 316
aufzupassen.
Ich höre nichts. Canth ist im Dazwischen. Ich spüre nur eine große Hektik. Ramoth kommt …
»Hierher?«
Nein, zu den anderen! In Ruths Augen zeigten sich Purpurfle-cken. Mir gefällt das nicht.
»Was, Ruth?«
»O bitte, Jaxom, was sagt er? Ich habe solche Angst!«
»Ich auch. Und Ruth ebenfalls.«
Brekke kam zurückgelaufen, ihre Reitjacke in einer Hand, einen Beutel mit Medikamenten in der anderen. Als sie den Sandstreifen betrat, blieb sie unvermittelt stehen und sah ratlos umher.
»Ich kann ja gar nicht weg! Canth muß bei B’zons Ranilth bleiben. Es geht nicht, daß wir an einem Tag gleich zwei Bronzedrachen verlieren.« Sie biß sich auf die Unterlippe.
»Aber sie brauchen mich!«
Im nächsten Moment trompetete Ruth entsetzt los.
»Robinton!« Brekke schwankte und wäre wohl umgekippt, wenn Jaxom und Sharra sie nicht gestützt hätten. »O nein, nicht Robinton! Was ist geschehen?«
Dem Meisterharfner geht es sehr schlecht. Aber sie lassen ihn nicht fort. Sie halten ihn fest. Wie damals dich.
»Ich bringe dich hin, Brekke. Auf Ruth. Ich hole nur rasch meine Sachen.«
Beide Frauen schüttelten energisch den Kopf.
»Du darfst noch nicht fliegen, Jaxom. Die Kälte im Dazw ischen würde einen Rückfall auslösen.« Sharra schaute ihn beschwörend an. »Bitte, Jaxom, sei vernünftig!«
Jetzt haben sie Angst um dich. Ruths Gedanken drückten Verwirrung aus. Große Angst. Ich weiß nicht, warum, aber es ist lebensgefährlich, wenn ich dich ins Dazwischen bringe.
»Er hat recht, Jaxom. Die Folgen wären nicht auszudenken.«
Müde nahm Brekke den Reithelm ab. »Du mußt mindestens 317
vier bis sechs Siebenspannen warten, sonst riskierst du Kopfschmerzen für den Rest deines Lebens oder gar Blindheit …«
»Woher wißt ihr das?« fragte
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