Pern 07 - Moreta, die Drache
Fleisch.« Er reichte K'lon das Blatt mit einem bitteren Lächeln. »Begreifen 259
Sie, wie wichtig Ihre Ankunft für uns war? Tuero schickte heute morgen noch eine Trommelbotschaft los, ehe er zusammenbrach. Ich fürchte, ich selbst hätte nicht die Kraft aufgebracht, den Turm zu erklimmen.«
K'lon nahm die Liste entge gen, und seine Hand zitterte kaum weniger als die des Burgherrn. Er verneigte sich, um seinen Gesichtsausdruck zu verbergen. Als er wieder aufschaute, starrte Alessan mit verschlossener Miene aus dem Fenster.
»Folien sagte mir, daß sich ähnliche Szenen auf dem gesamten Kontinent abspielen.«
»Hier ... ist es besonders schlimm.« K'lons Stimme schwankte.
»Wie ... wie hart sind die Weyr betroffen?«
»Auch da gab es Verluste, aber die Drachenreiter konnten bei jedem Fädeneinfall aufsteigen.«
Alessan warf ihm einen verwirrten Blick zu, dann schaute er wieder aus dem Fenster. »Ja, ich nehme an, daß sie ihr Bestes taten. Ihr kommt vom Fort-Weyr?«
Da Alessan seine Weyr-Zugehörigkeit kennen mußte, zielte er mit seiner Frage wohl auf etwas Bestimmtes ab. K'lon erinnerte sich an den Klatsch, den Nesso verbreitet hatte: daß der junge Burgherr sich auf jenem Fest auffällig um Moreta bemüht hatte ...
»Lady Moreta befindet sich ebenso auf dem Wege der Besserung wie unser Weyrführer. Wir hatten auf Fort nur einen Todesfall zu beklagen - einen älteren braunen Reiter und seinen Drachen Koth. Auf Igen starben fünfzehn, auf Telgar acht und auf Ista zwei Männer; aber seit es den Impfstoff gibt, steigen unsere Hoffnungen.«
»Das ist gut.« Alessans Blicke schweiften von den Feldern hin zu den Bergketten, und seine Miene wirkte mit einem Mal erleichtert.
»Wußten Sie, daß sich hier noch vor wenigen Tagen ein-hundertzwanzig der besten Renner aus dem Kontinent tummel-260
ten? Und daß siebenhundert Gäste sich bei Tanz, Wein und Speisen vergnügten ...?«
»Baron Alessan, weshalb quälen Sie sich? Durch Ihre strikte Einhaltung der Quarantäne gelang es, die Epidemie auf ein kleines Gebiet zu beschränken!«
Alessan wandte sich abrupt vom Fenster ab. »Übermitteln Sie Baron Tolocamp mein tiefes Beileid! Lady Pendra und ihre Töchter kümmerten sich aufopfernd um die Kranken, bis sie selbst der Seuche zum Opfer fielen. Sie waren so tapfer.«
Alessans Stimme klang hart.
K'lon nickte wortlos. Er war nicht der einzige, der Baron Tolocamp seine feige Flucht ein Leben lang vorwerfen würde.
Es gab Leute, die es richtig fanden, daß Tolocamp das Wohl seiner Burg über das seiner Gemahlin und seiner Töchter gestellt hatte. Der Baron hielt sich in seinen Privaträumen verbarrikadiert, während auf Ruatha die Menschen litten und starben. Der Burgherr von Fort bekam die Krankheit sicher nicht, denn er hatte sehr energisch darauf bestanden, geimpft zu werden, ungeachtet der Prioritätenliste, die Meister Capiam und die Weyrherrinnen zusammengestellt hatten.
»Ich werde Ihre Worte ausrichten. Die Vorräte, die wir mitbrachten, stammen übrigens von Benden und Nerat.«
Alessans Augen blitzten kurz auf, und es hatte den Anschein, als sähe er K'lon zum ersten Mal richtig an.
»Ich danke Ihnen für diese Auskunft. Bestellen Sie Baron Shadder und Baron Gram, daß ich ihre Großzügigkeit zu schätzen weiß.« Wieder schweiften seine Blicke zu den Begräbnishügeln. Allmählich machte sich K'lon Sorgen um ihn. »Ich muß gehen«, meinte der blaue Reiter unentschlossen.
»Es gibt soviel zu tun.«
»Natürlich. Vielen Dank für Ihr Kommen und den Trost, den Sie mir gespendet haben. Und grüßen Sie Rogeth von mir!«
Alessan streckte ihm die Hand entgegen.
K'lon durchquerte den Raum und umschloß die kraftlosen 261
Finger mit einem warmen Druck beider Hände. Dann verließ er rasch den Raum. Er wollte nicht, daß der Burgherr merkte, wie nahe ihm dieser Besuch gegangen war. K'lon eilte durch den dunklen Korridor - jemand mußte neue Leuchtkörbe anbringen
- in den Großen Saal, wo zwei Freiwillige von Benden sauber-machten. Der Lärm, den sie dabei veranstalteten, war ein wohltuender Gegensatz zu der Grabesstille, die sie empfangen hatte. Er bat die beiden, Leuchtkörbe zu besorgen und so bald wie möglich die Festbanner einzuholen. Draußen hörte er Rogeth trompeten.
Das ist der trostloseste Ort, an dem wir bisher waren, klagte der blaue Drache. Müssen wir noch sehr lange hierbleiben?
K'lon bedankte sich noch einmal herzlich bei den Leuten von Benden und eilte hinaus in den Hof. Rogeth kam
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