Pern 07 - Moreta, die Drache
klang bittend.
»Er hat recht, Capiam, wir dürfen jetzt nicht den Mut verlieren«, murmelte Fortine von seinem Lager.
Tirone erhob sich energisch. »Hören Sie, Capiam, ich fordere per Trommelbotschaft einen Drachenreiter an. Sie suchen den Fort-Weyr auf und führen ein Gespräch mit Moreta. Dann begeben Sie sich zu dem neuen Mann, der die Herden betreut, Bessel, nicht wahr? Ich werde inzwischen die Bewohner der Burgen und Höfe auf Ihre Impfaktion vorbereiten. Am besten beginne ich bei Tolocamp.« Tirone deutete mit dem Daumen zur Burg hinüber. »Wenn er einverstanden ist, werden wir 321
kaum Probleme mit den übrigen Baronen haben, nicht einmal mit dieser Tunnelschlange Ratoshigan.«
»Und wie wollen Sie Tolocamp überzeugen?« fragte Capiam, ein wenig aufgemuntert von Tirones Schwung. »Der Mann ist doch kaum noch bei Verstand.«
»Sie vergessen, daß er seit einigen Tagen auf unsere Dienste verzichten muß. Da er weder seine Kinder noch seine Pächter zu eigenständigem Denken erzogen hat, ist er auf uns angewiesen. Er hatte jetzt Zeit genug, um seine Starrköpfigkeit zu bereuen.« Tirones Lächeln strahlte trügerische Milde aus. »Sie kümmern sich um den Impfstoff, und ich übernehme den
Rest.«
Der Meisterharfner steckte das Log der Windtoss ein, verließ mit raschen Schritten den Raum und schloß energisch die Tür hinter sich.
*
Die gehobene Stimmung, in der sich Alessan nach seinem Besuch im Fort-Weyr befand, war ein Gemisch aus neuer Hoffnung und Herzklopfen bei dem Gedanken an Moreta. Er hätte sich gern länger mit dieser unerwarteten Begegnung befaßt, aber das vordringliche Problem bestand jetzt darin, Impfstoff für die Renner herzustellen, besonders für die kleine Zuchtherde, die Dag von der Burg weggebracht hatte. Der junge Baron hoffte inständig, daß die Tiere noch am Leben waren.
M'barak flog Alessan und Tuero nach Ruatha zurück und setzte sie im vorderen Hof ab. Oklina erschien mit ängstlicher Miene auf der Treppe. Alessan glitt über die Flanke des blauen Drachen zu Boden und winkte ihr fröhlich zu. Erleichtert lief sie ihm entgegen. Alessan schloß sie in die Arme und wirbelte sie herum. Sie war nach ihrer Krankheit immer noch leicht wie eine Feder.
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»Moreta hält die Idee mit dem Impfstoff für sehr vernünftig.
Wir werden sie erproben und zwar sofort!« sprudelte Alessan hervor. »Wenn alles klappt, herrscht auf Ruatha keine Ansteckungsgefahr mehr, und die Pächter werden mir ihre Hilfe nicht länger verweigern können. Und wenn es nicht klappt, haben wir auch nichts verloren.«
»Es muß klappen!« sagte Oklina leise.
Alessan rief nach Folien. »Wir werden seine Hilfe und seine Instrumente brauchen. Und jemand soll die alte Zuchtstute holen. Ich weiß, daß sie die Grippe hatte, und ich möchte keines der Zuggespanne riskieren.«
»Arim! Benimm dich! Das hier ist Lady Oklina!« rief M'barak erschrocken. Der blaue Drache hatte den Kopf weit vorgestreckt und kam schnüffelnd immer näher an Oklina heran. Sie wußte nicht recht, was sie tun sollte, und drückte sich eng an Alessan.
»Ich begreife wirklich nicht, was ihm einfällt! Arith benimmt sich im allgemeinen sehr gut. Aber es ist spät, er ist müde, und wir kehren am besten zum Weyr zurück.« Arith schnaubte hörbar, und M'barak schaute ihn verwirrt an. »Ich will aber heim, mein Lieber«, setzte er hinzu.
Alessan bedankte sich bei M'barak für den Flug und brachte Oklina weg, gefolgt von einem sehr nachdenklichen Tuero.
»Blaue Drachen fühlen sich im allgemeinen nicht vom and eren Geschlecht angezogen«, meinte der Harfner trocken zu Alessan.
»Nein?« entgegnete der Burgherr höflich, aber seine Gedanken weilten bereits bei der Herstellung des Impfstoffs.
»Und in der Brutstätte des Fort-Weyrs reift ein Königinnen-Ei heran!«
»Ja, und?« fragte Alessan ungeduldig. Es gab noch eine Menge zu tun, ehe er nach Dag und der Herde schauen konnte.
Tuero grinste breit. »Wenn ich mich recht erinnere, verbinden enge Blutsbande Ruatha und die Drachenreiter ...«
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Alessan starrte von Oklina zu dem blauen Drachen, der sich bereits in die Lüfte erhoben hatte. »Das kann nicht sein!«
In diesem Moment kam Folien ins Freie gerannt, und Alessan wandte seine ganze Aufmerksamkeit wieder dem Impf-Problem zu.
Tuero holte die Zuchtstute vom Feld; sie war so gutmütig, daß man sie an der Mähne führen konnte. Folien, Oklina, Deefer und die vernünftigsten unter den Pfleglingen brachten die medizinische
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