Pern 07 - Moreta, die Drache
leuchteten wie eh und je aus dem kantigen Gesicht, das mit zunehmendem Alter immer anziehender
wirkte. Auch wenn sic h das Haar an den Schläfen lichtete und die grauen Strähnen zunahmen, verriet der Druck seiner Hände die ganze Kraft seiner Persönlichkeit.
»Was bringt mir das unverhoffte Vergnügen?« fragte sie.
Seine Augen blitzten. »Kein Vergnügen, eher eine Herausfo rderung, wie ich schon Meister Tirone sagte.«
Seine Freundlichkeit weckte ihr Mißtrauen. Forschend musterte sie ihn. »Eine Herausforderung?«
»Ich komme gleich darauf zu sprechen. Aber zunächst eine Frage: Glauben Sie, daß man auch die Renner mit einem Impfserum gegen die Epidemie schützen könnte?«
Moreta starrte ihn einen Moment lang an, verwirrt, weil ihr diese Frage innerhalb kurzer Zeit zum zweiten Male gestellt wurde, und erstaunt, daß es der Frage überhaupt bedurfte. Sie war wütend, daß niemand daran gedacht hatte, die Renner zu versorgen, obwohl sie auf dem Nordkontinent von unschätzba-rem Wert waren. Gewiß, Menschenleben hatten Vorrang, aber war denn keiner der Züchter auf die Idee gekommen, das Prinzip der Schutzimpfung auf die Tiere auszudehnen?
»Gestern abend suchte mich Baron Alessan mit dem gleichen Anliegen auf.«
»Tatsächlich?« Capiam wirkte verblüfft. »Und wie fiel Ihre Antwort aus?«
»Positiv.«
»Nahm er Kontakt mit Meister Balfor auf?«
»Es war zu spät für eine Trommelbotschaft nach Keroon. Ist Balfor der neue Herdenmeister?«
»Er nimmt zumindest seine Aufgaben wahr. Jemand muß es schließlich tun.«
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»Alessan hätte Sie oder zumindest die Harfnerhalle benach-richtigen sollen ...« Moreta zog die Stirn kraus. Warum nahm Tuero ihm diese Arbeit nicht ab? Oder hatte die Zeit nicht ausgereicht, um genügend Serum herzustellen? Nein. Wie sie Alessan kannte, war er sofort an die Arbeit gegangen.
»Es ist noch nicht Mittag«, nahm der Heiler den geplagten Burgherrn in Schutz. »Theoretisch müßte ein Serum, das aus dem Blut genesener Renner gewonnen wird, die gleiche
Wirkung haben wie bei Menschen. Wünschen wir Alessan
Glück und Erfolg! Er kann beides gebrauchen.«
Moreta nickte ernst. »Aber weshalb befaßt sich plötzlich die Heilerhalle mit den Rennern?«
»Weil ich guten Grund zu der Annahme habe, daß die Ep idemie auch von Tier zu Mensch übertragen wird und deshalb von neuem ausbrechen kann - als >zoonotisch< und >rekurrent< beschrieben die Alten diese Eigenschaften.«
»Hm.« Moreta versuchte die neue Erkenntnis zu verarbeiten.
Die Konsequenzen waren überwältigend. »Sie meinen, es könnte jederzeit eine zweite Epidemie ausbrechen? Beim Ei, Capiam, noch eine Grippewelle würde der Kontinent nicht verkraften!« Sie riß erregt die Arme hoch. »Die Weyr haben kaum genügend Leute, um die Fäden zu bekämpfen. Die Reiter tragen Verletzungen davon, weil sie übermüdet sind, oder sie leiden an Nebeninfektionen. Wenn die Krankheit ein zweites Mal ausbricht, sind wir verloren.« Erregt ging sie auf und ab.
Capiam wartete geduldig, bis sie sich ge fangen hatte. Schließ-
lich blieb Moreta stehen und schaute ihn an. »Und wenn der Impfstoff bei Rennern wirkt, könnten wir diese Zoonose aufhalten? Deshalb möchten Sie Mensch und Tier impfen? Und Sie ...« Ein Lächeln huschte über ihre Züge, als sie endlich den Grund seines Besuchs erkannte. »Und Sie bitten die Drache nreiter um Mithilfe bei der Verteilung des Serums?«
»Am liebsten wäre mir, wenn wir die Impfung an einem
einzigen Tag durchführen könnten.« Capiam rollte vorsichtig 330
eine Karte auf und beobachtete unauffällig Moretas Reaktion.
»Eine Massenimpfung ist die einzige Möglichkeit, der Seuche Einhalt zu gebieten. Aber sie erfordert einen ungeheuren Einsatz. In meiner Halle wird bereits damit begonnen, Men-schenserum herzustellen. Um ehrlich zu sein, die Heiler-Gilde hatte die Renner übersehen. Wenn ich mich auf Tirones Berichte und Desdras gründliche Nachforschungen stütze, muß ich sagen, daß es keine andere Ursache als eine Zoonose für die rasche Ausbreitung der Epidemie geben kann. Und das
bedeutet, daß wir die Viren in den nächsten Tagen immunisie-ren müssen. Andernfalls droht uns eine zweite Epidemie.«
Moreta erschauerte. Dann studierte sie aufmerksam seine Karte.
Capiam deutete auf das Pergament. »Natürlich steht und fällt der Plan damit, daß wir genügend Renner-Serum auftreiben und daß die Drachenreiter den Impfstoff verteilen.«
»Haben Sie sich schon an die übrigen Weyr
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