Pern 07 - Moreta, die Drache
dem sicheren Wissen, daß Leri nicht lange auf ihre Unterlagen warten würde.
Sie ging weiter zu den Unteren Höhlen und blieb einen Moment lang im Eingang stehen. Nur wenige Leute saßen an den langgestreckten Tischen, und sie kämpften offensichtlich gegen die Folgen des Festes an. Mußte diese Epidemie ausgerechnet am Tag nach zwei Festen ausbrechen, da die eine Hälfte der Reiter diese Nachricht als schlechten Scherz abtäte und der Rest nicht nüchtern genug wäre, um den Ernst der Lage zu begreifen? Und morgen stand ein Sporenregen bevor!
Wie sollte sie nur die Aufmerksamkeit der Leute erringen?
Wenn du gegessen hast, fällt dir sicher etwas ein! kam die ungerührte Antwort ihres Drachen.
»Eine ausgezeichnete Idee!« Moreta ging an den kleinen Frühstücksherd, goß sich einen Becher Klah ein, rührte einen großen Löffel Süßwürze dazu und nahm sich ein warmes
Brötchen aus dem Rohr. Als sie Ausschau nach einem ruhigen Plätzchen hielt, entdeckte sie Peterpar, den Herdenaufseher des Weyrs, der gerade sein Hufmesser wetzte. Er war ungekämmt und alles andere als ausgeschlafen.
»Schneid dich nicht!« meinte sie ruhig und setzte sich neben ihn.
Peterpar zuckte beim Klang ihrer Stimme zusammen, hörte jedoch keine Sekunde auf, das Messer zu wetzen.
»Warst du auf Ista oder auf Ruatha?«
»Leider hier wie dort. Auf Ista gab es Bier. Und auf Ruatha diesen sauren Wein von Tillek.«
»Hast du auch das Raubtier auf Ista besichtigt?« Moreta hielt es für günstiger, dem Mann die Neuigkeit schonend beizubrin-gen.
»Mhm.« Peterpar runzelte die Stirn. »Meister Talpan war ebenfalls da. Verbot mir, in die Nähe der Bestie zu gehen, obwohl sie in einem Käfig mit dicken Gitterstäben saß. Läßt 106
Sie übrigens grüßen, der Mann. Später ...« Peterpar schüttelte den Kopf, als mißtraue er seiner Erinnerung. »Später brachten sie das Tier dann um!«
»Aus gutem Grund.« Moreta berichtete, was sie erfahren hatte.
Peterpar hielt das Messer starr in die Luft und schaute sie entsetzt an. Als sie fertig war, fand er seinen Gleichmut jedoch rasch wieder.
»Was kommen muß, kommt!« Er begann erneut, sein Messer zu wetzen.
»Die letzte Ladung Renner, die wir als Tribut bekamen ...«
Sie nahm langsam einen Schluck von dem warmen, anregenden Klah. »Woher stammten die eigentlich?« ; »Von Tillek.«
Peterpars Miene spiegelte die Erleichterung wider, die er empfand. »Auf Ista ging das Gerücht um, daß eine Krankheit unter den Rennern von Keroon herrscht.
Die ... gleiche Geschichte?«
Sie spürte, daß er die Frage nur zögernd stellte.
Moreta nickte.
»Wie kann ein Raubtier aus dem SüdKontinent an Menschen und Tiere des Nordens eine Krankheit übertragen?«
»Meister Talpan sagte, daß es so ist. Offensichtlich besitze n weder wir noch die Renner eine Immunität gegen die Infektion, die diese Katze einschleppte.«
Peterpar hielt den Kopf schräg und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Dann hatte das Tier, das beim Ruatha-Rennen zusammenbrach, ebenfalls diese Krankheit?«
»Alles deutet darauf hin.«
»Tillek bekommt kein Zuchtmaterial von Keroon. Ein Glück!
Aber ich will dennoch die Herden untersuchen, sobald ich meinen Klah getrunken habe.« Er schob das Hufmesser in die Scheide, rollte den Streichriemen zusammen und steckte ihn ein. »Drachen erkranken nicht, oder?«
»Meister Tarpan verneint es.« Moreta stand auf. »Die Reiter 107
sind allerdings in Gefahr.«
»Ach, hier im Weyr lebt ein robuster Schlag«, sagte Peterpar stolz. »Wir wissen jetzt Bescheid und können uns vorsehen.
Ich möchte wetten, daß kaum einer von uns krank wird.
Machen Sie sich keine Sorgen, Moreta! Wir müssen uns
zunächst einmal um den morgigen Sporeneinfall kümmern.«
Oft kam der Trost von völlig unerwarteter Seite, dachte Moreta. Aber Peterpars Worte erinnerten sie daran, daß die Weyrbewohner unter anderem deshalb so robust waren, weil sie gut und vernünftig aßen. Viele Krankheiten ließen sich durch die richtige Kost vermeiden oder abschwächen. Und eine ihrer wichtigsten Pflichten als Weyrherrin bestand darin, die Zusammenstellung der Speisen entsprechend des jahreszeitli-chen Angebots abzuwandeln. Moreta spähte umher und suchte das Gewölbe nach Nesso ab. Die Küchenaufseherin genoß es vermutlich, so wichtige Neuigkeiten zu erfahren und im Weyr zu verbreiten.
»Nesso, könntest du bitte in der nächsten Zeit etwas Speer-lauch und Weißknollen in deine Stews mischen?«
Nesso schniefte
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