Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
es macht mich traurig, an all die zu denken, die ich verloren habe.«
Vielleicht genügte dieser Hinweis, um ihn von weiteren Fragen abzuhalten. Etwas in meinem Innern sperrte sich dagegen, Lügen zu verbreiten. Ich seufzte. Eines Tages würde die Wahrheit sicher ans Licht kommen, aber bis dahin wollte ich auf Ruatha so fest verwurzelt sein, daß man mir sowohl meine Herkunft wie meinen Schwindel verzieh.
Zum Glück hatten wir die Stallungen erreicht. Pol und Sal saßen auf Strohballen vor der Box der Stute und reinigten eines der Ledergeschirre, die sie von den halbzerstörten Wagen des Festplatzes geholt hatten. Pol reichte Fergal eine mit Grünspan überzogene Messing-Brustplatte. Der Junge schaute fragend zu Dag, und als der nickte, schnitt er Pol eine Grimasse. Aber er setzte sich hin und begann das Teil mit einem Tuch zu polieren. Dag und ich nahmen ebenfalls auf den Strohballen Platz und beschäftigten uns mit den Lederriemen.
»Bestrums Zweitältester sucht Ackerland«, sagte Pol in das Schweigen.
»Tatsächlich?« erkundigte sich Dag.
»Kräftiger junger Bursche - und sehr arbeitsam. Will ein Mädchen vom Nachbargut heiraten.«
»Ob Bestrum damit einverstanden ist, wenn er erfährt, daß zwei seiner Kinder hier auf Ruatha umkamen?«
»Er schätzt Alessan. Der Junge hätte es hier besser, und Bestrum weiß das. Ist ein anständiger Mann, jawohl, das ist er.«
»Sicher. Sonst hätte er euch nicht hergeschickt.« Dag nickte anerkennend. Dann musterte er Pol mit zusammengekniffenen Augen. »Wie lange kann er euch entbehren? Ich muß die anderen Stuten zu den Hengsten bringen, und mit meinem kaputten Bein ...«
»Du weißt doch, daß ich dir helfen werde, Dag!« fauchte Fergal und warf Pol einen zornigen Blick zu.
»Das wirst du auch, mein Junge, aber es gibt mehr Arbeit, als wir beide bewältigen können.«
»In den Bergen kommt das Frühjahr später«, meinte Pol.
»Es kann noch eine Weile dauern, bis die uns brauchen«, setzte Sal hinzu.
»Soll ich das Thema zur Sprache bringen, wenn ich Bestrum und Lady Gana schreibe?« warf ich ein.
»Wäre vielleicht nicht schlecht.«
Tuero hatte herausgefunden, daß Lady Ganas Tochter zu den Opfern der ersten Grippewelle gehört hatte. Eine alte Dienerin hatte sie bis zuletzt gepflegt und war dann selbst der Epidemie erlegen. Beide ruhten im ersten Grabhügel. Der Sohn hatte sich mit Norman, dem Renn-Verwalter, um die Tiere gekümmert, bis sie ebenfalls erkrankten und starben. Sie waren im zweiten Grabhügel bestattet.
»Die Stute wird unruhig«, unterbrach Sal das Schweigen.
Fergal kletterte auf den Stapel mit den Strohballen, stellte sich auf Zehenspitzen und reckte das Kinn, um über den Rand der Box zu schauen.
»Es geht los«, erklärte er mit solcher Autorität, daß ich ein Lachen unterdrücken mußte.
Keiner der Männer zweifelte seine Feststellung an. Wir hörten, wie sich die Stute in das aufgeschüttete Stroh fallen ließ. Tiere ertragen eine Geburt im allgemeinen viel gelassener als Menschen. Sie schrie und kreischte nicht, wie es gebärende Frauen tun, und sie verfluchte auch nicht den Partner, der sie in diese mißliche Lage gebracht hatte.
»Hufe!« flüsterte Fergal. »Jetzt der Kopf. Normale Lage!«
Ich sah Dag an. Der kaute an einem Strohhalm und blinzelte mir zu.
»So!« ermunterte Fergal die Stute. »Noch einmal pressen, meine Schöne, nur noch einmal ... Siehst du, jetzt hast du es geschafft!«
Plötzlich wurde die Anspannung zu groß. Gleichzeitig rannten wir zur Box und spähten über die Trennwand. Die Stute befreite ihr Fohlen nach und nach von der Plazenta. Der Kopf kam zum Vorschein, und der feuchte kleine Körper begann zu zappeln. Es war unglaublich, mit welcher Kraft die überlangen Beine des Neugeborenen ausschlugen.
»He, ihr verstellt mir die Sicht!« rief Fergal. Er zwängte sich neben Dag und zog sich mit beiden Armen an der Trennwand hoch. »Was ist es? Was ist es denn?«
Aber das Fohlen ließ uns im unklaren über diese Frage. Es versuchte seine Beine zu ordnen, doch das schien ein hoffnungsloses Unterfangen. Die Stute stieß das Kleine mit der Schnauze an und versuchte es aufzurichten, aber es knickte wieder ein. Dann fand es Halt im Stroh, scharrte verzweifelt, stemmte sich mit gespreizten Beinen hoch - und stand. Der Schwanz peitschte hin und her.
»Ein kleiner Hengst!« schrie Fergal, der dieses Detail viel schneller erspäht hatte als wir Erwachsenen. Er riß die Tür auf und schoß in die Box. »Was bist
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