Pern 10 - Die Renegaten von Pern
man vernünftig mit ihr reden könnte. Du mußt so viel wie möglich über sie herausfinden. Ich sehe mir einmal an, wo sie wohnt.« Als er sich abwandte, packte sie ihn am Arm. »Und iß erst etwas, bevor du zurückkommst.
Sieht so aus, als hätte ein Schnorrer den Proviant ausgeschnüffelt, den wir hinterlegt hatten.«
»Eher eine Schlange«, widersprach Giron unerwartet. Sein Blick folgte dem Mädchen, das sich einen Weg durch die in der großen, niedrigen Höhle auf dem Boden sitzenden Menschen bahnte.
Auf der Suche nach ihrer zuverlässigsten Informationsquelle strebte Thella einer größeren Nebengrotte nicht weit vom Haupteingang zu. Dabei fiel ihr auf, daß in den Höhlen mehr Menschen lebten als je zuvor. Der Gestank war überwältigend. Nach Thellas Schätzung ; saßen oder standen sie zu Hunderten hier herum. Aus Gesprächsfetzen entnahm sie, daß sie auf Doris, die Burgherrin warteten, die jeden Morgen mit drei Heilern kam, um die Verletzten und Kranken zu versorgen und die Tagesration an Mehl und 149
Wurzelgemüse zu verteilen. Nach Araminas Netz zu schließen, trugen die Arbeitsfähigen offenbar zum Lebensunterhalt bei. Die Muscheln aus dem Wattenmeer von Igen schmeckten köstlich.
Diesen heimatlosen Faulpelzen ging es besser als ihr, einer gebürtiger Telgar, im ersten Planetenumlauf der Annäherungsphase. Nun, wenn der Baron von Igen und seine Gemahlin so im Überfluß lebten, daß sie auch noch diese Bettler ernähren konnten, dann brauchte sie in Zukunft auch keine Hemmungen mehr zu haben, wenn sie sich ihren Anteil holte, entschied Thella und schlug geschickt einen Bogen um die Menge. Niemand schien sie zu beachten, als sie sich durch den niedrigen Gang zu Brares Behausung schlich.
»Harte Zeiten«, erklärte der einbeinige Seemann, während er ihr eine sämige Suppe aus Wurzelgemüse, verschiedenen Fischsorten und sogar einigen Muscheln vorsetzte, und erwartete auch noch, daß sie ihm glaubte. »Laudeys Männer tauchen inzwischen zu den ungewöhnlichsten Zeiten auf - man weiß nicht mehr, wann man sicher ist.«
Thella warf einen schnellen Blick auf die Ausgänge von Brares Höhle. »Seit wann gibt es diese Durchsuchungen? Was glauben sie denn hier zu finden?« Brare war einer ihrer ersten und nützlichsten Verbindungsmänner. Er verabscheute die Handwerker und hatte auch für Pächter und Burgherren nicht viel übrig, obwohl er bei den mildtätigen Igenern ein recht angenehmes Leben führte.
»Seit ein paar Wochen.« Er sah sie mit schief gelegtem Kopf und schmalen Augen an und lächelte verschmitzt. »Ja, seit eines Morgens bei Fädenfall in Kadross das ganze Getreide gestohlen wurde. Das liegt weiter oben, Richtung Lemos.«
Ohne mit der Wimper zu zucken, dankte ihm Thella für die Suppe und blies darauf, um sie abzukühlen.
»Du kochst ausgezeichnet, Brare«, lobte sie.
»Wenn ich Kadross ausgeräumt hätte, verhielte ich mich ganz still.
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Und ich würde mir eine neue Küste suchen, um meine Netze auszuwerfen. Es werden 'ne Menge Fragen gestellt, ganz beiläufig.«
»Nach mir?«
»Nach möglichen Renegaten. Offenbar sucht man nach einer größeren, gut organisierten Bande. Mit einem zuverlässigen Hinweis wäre einiges zu holen.«
Thella lächelte vor sich hin, sie freute sich, daß ihr geschicktes Vorgehen endlich bemerkt worden war, zugleich war ihr nicht wohl dabei, daß man bei der Suche bis in die Höhlen von Igen vorgedrungen war. Vielleicht sollte sie Igen doch besser nicht überfallen.
»Sie haben sich wirklich gut gehalten, Lady Thella.«
Er hatte ihren Namen genau zum richtigen Zeitpunkt erwähnt - sie hatte gerade einen Mund voll Suppe genommen und konnte sie nicht gleich hinunterschlucken, weil sie noch zu heiß war. Grinsend sah er zu, wie sie sich damit abquälte, aber immerhin waren sie allein, und Brare war klug genug, keine Namen zu nennen, wenn jemand in Hörweite war. Er wußte seit einigen Planetenumläufen, wer sie war, und sie fragte sich, wie viel sie ihm wohl in die Hand drücken mußte, damit er es >vergaß<.
»Keine Sorge, Lady.« Brare gluckste in sich hinein.
»Das bleibt mein Geheimnis!« Wieder gluckste er. »Ich weiß ein gutes Geheimnis zu schätzen. Und ich kann es auch bei mir behalten. Nämlich hier!« Er klopfte auf seine Gürtelbörse.
Nicht mehr als recht und billig, und merkwürdigerweise hatte sie Vertrauen zu Brare. Schließlich hatte sie ihn immer gut bezahlt. Also ging sie auch jetzt auf den Wink mit dem Zaunpfahl ein und drückte
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