Pern 10 - Die Renegaten von Pern
Toten, und Jayge wußte nicht recht, ob er darüber froh oder traurig sein sollte.
Als die Patrouille die Leichen in eine flache Höhle schleppte, um sie dort zu begraben, entdeckte Jayge die zusammengerollten Blätter und hob sie auf, damit sie nicht in die blutige Erde getreten wurden.
Es war an sich schon merkwürdig, unter einer Banditenleiche 202
Bendareks kostbares Holzbrei-Papier zu finden, aber als Jayge das Bündel genauer untersuchte, mußte er noch einiges mehr verkraften.
Außen stand in schöner, sauberer Handschrift die Anweisung : An Asgenar zu übergeben. Die Rolle war weder zugebunden noch versiegelt, und Jayge hatte keine Hemmungen sich anzusehen, was sie enthielt.
Es waren Kunstwerke - lauter Skizzen von Menschen. Jayge hätte beinahe den ganzen Stapel fallen lassen, als er ein Porträt seines Onkels aufdeckte. Thella war in verschiedenen arroganten Posen dargestellt; Girons leeres Gesicht starrte ihm noch erschreckender entgegen als in Wirklichkeit; auch zwei von den Toten waren unter den Abgebildeten. Er ließ sich auf ein Knie nieder und trennte verstohlen das Porträt seines Onkels heraus. Dann rollte er die Blätter so fest zusammen, wie er nur konnte, und stieß einen überraschten Schrei aus.
»Maindy, ich glaube, das sollten Sie an sich nehmen«, sagte er und hielt dem Gutsherrn die Rolle entgegen.
Maindy warf nur einen Blick darauf und schob sie stirnrunzelnd in seine Jacke. Jayge machte sich eifrig so weit entfernt von ihm zu schaffen wie nur möglich. Immerhin lieferte dieser Vorfall ein weiteres Stück des Bildes, das er nach seiner Rückkehr ins Lager zusammenzusetzen versuchte.
Mit wem konnte er sprechen?
Nazer sagte, Temma würde durchkommen, aber dabei machte er ein so betroffenes Gesicht, daß Jayge lieber den Mund hielt.
Auch sein Vater war nicht ansprechbar, er würde also warten müssen, bis es Temma besser ging. Auf dem langen Marsch gelangte Jayge jedoch zu dem Schluß, daß er Readis Schweigen schuldete. Wenn sein Onkel nicht falschen Alarm gegeben hätte, wären sie gewiß alle von den Banditen getötet worden.
Warum? Weil Jayge an jenem Tag bei den Himmelsbesen nicht sehr hilfsbereit gewesen war?
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Oder weil Armald sich so entgegenkommend gezeigt hatte?
Der arme Kerl war tot.
Temma und Nazer waren besonders heftig angegriffen worden.
Hatte Thella es auf sie persönlich abgesehen gehabt? Jayge wäre jede Wette eingegangen, daß es sich bei dem Überfall um eine Strafmaßnahme gehandelt hatte. Die Karawane führte hauptsächlich sperrige Güter mit, die sich nur schwer den Hang hinauf und in die Berge schleppen ließen.
Und schließlich gab es in dieser Gegend nicht allzu viele Höhlen, wo man die Waren vorübergehend hätte lagern können. Thella war nicht auf Beute aus gewesen, sondern auf Zerstörung. Warum?
Wenn sie jeden Fuhrmann mit ihrem Haß verfolgte, der sie nicht höflich genug behandelte, hätte man sie schon längst gefangen.
Und was war von den für Baron Asgenar bestimmten Skizzen zu halten, die jemand so geschickt deponiert hatte, daß man sie nicht übersehen konnte? Thella mußte jemanden in ihrer Bande haben, der nicht ihr Verbündeter war, und diese Vorstellung tröstete Jayge ein wenig, als er in dieser Nacht Temmas fiebrigen Atemzügen lauschte.
Es dauerte mehrere Tage, bis die Karawane weiterfahren konnte.
Maindy mußte Wagen aus der Siedlung kommen lassen, um die Fracht aus den beschädigten Fuhrwerken zu übernehmen, und man benötigte Räder, um die beim Steinschlag zerstörten zu ersetzen.
Schließlich konnten bis auf einen alle Wagen den Schauplatz der Katastrophe verlassen, nur zwölf Gräber blieben zurück.
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Lemos, Südkontinent, Telgar
12. Planetenumlauf
Um den Winter nicht in der Siedlung >Ende der Welt< verbringen zu müssen, aber auch, um die Suche nach Thella und Readis fortzusetzen, schloß sich Jayge mit Kesso einer von Baron Asgenars Streifen an.
Temma und Nazer beneideten ihn und schworen, zu ihm zu stoßen, sobald ihre Wunden verheilt seien.
Jayge bemühte sich, ihnen Mut zu machen, aber er hatte vor dem Notlazarett ein Gespräch zwischen dem Heiler der Siedlung und Lady Disana belauscht und wußte, daß es noch lange dauern würde, bis die beiden wieder ganz bei Kräften waren.
Es zeigte sich, daß Crenden die erlittenen Verluste besser verwand als Borgald - auch war Maindy, anders als damals Childon von Kimmage bereit, mit den beiden Karawanenführern eine faire Abmachung zu treffen.
Auf
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