Pern 10 - Die Renegaten von Pern
der ganzen Karawane gekämpft. Jayge bemerkte flüchtig, wie Crenden, Borgald und zwei Fahrer versuchten, die Tiere zu schützen.
Zwei Frauen und etliche ältere Kinder hatten sich mit Stachelstöcken bewaffnet und setzten sie ein, so gut sie konnten.
Auf dem Pfad war nicht genügend Platz, um Kesso zu wenden, also gab Jayge dem aufgeregten Tier die Sporen, jagte es in unglaublich langen Sätzen den steilen Geröllhang hinauf und schlitterte nach einer Drehung wieder herab, um Temmas und Nazers Gegner von hinten anzugreifen. Es waren neun an der Zahl, kaum eine Chance für die beiden, obwohl sie sich wacker schlugen.
Jayge stellte sich in die Steigbügel, zog zwei Dolche aus seinem Gürtel und schleuderte sie. Jede Klinge blieb in einem Rücken stecken. Dann holte er einen dritten Dolch aus seinem Stiefel, beugte sich über Kessos linke Seite und brachte dem nächststehenden Mann einen tiefen Schnitt vom Gesäß bis zur Schulter bei.
In diesem Augenblick bohrte sich ein Speer durch Temmas Schulter und heftete sie an die Seitenwand des Wagens. Nazer deckte sie mit seinem Körper und verteidigte sich mit verwirrend 195
schnellen Schwerthieben, aber er hatte zu wenig Bewegungsfreiheit und war außerdem an Arm und Bein verletzt.
Jayge zog Kesso in die Höhe, bis er auf den Hinterbeinen stand, ließ ihn ein paar Schritte vorwärts gehen und fällte mit seinen Vorderbeinen zwei weitere Gegner. Dann schleuderte er sein Messer nach dem Mann, der eben sein Schwert erhoben hatte, um Nazer den Kopf abzuhauen. Als er aus dem Sattel sprang, flog zischend etwas an seinem Kopf vorbei, und dann schrie seine Schwester Alda triumphierend auf, denn sie hatte mit einem schweren Eisentopf eine zahnlose Frau an der Brust getroffen.
Tino feuerte sie mit lautem Geschrei an, und nun ging ein ganzer Hagel von Töpfen auf die Angreifer nieder. Kesso schlug weiter mit den Hinterhufen aus und hielt so Temmas rechte Seite frei.
»Macht sie nieder! Macht sie nieder!«
Der Schrei übertönte alle anderen Stimmen, die Kampfgeräusche und das Gebrüll der Tiere. »Werft so viele zu Boden, wie ihr nur könnt!«
»Nein, laßt ab! Drachen am Himmel! Laßt ab!« donnerte eine neue Stimme. »Drachen!«
Jäh wichen die Angreifer zurück und kletterten den Hang hinauf.
Jayge war nicht gesonnen, auch nur einen einzigen lebend entkommen zu lassen. Er nahm dem verwundeten Nazer das Schwert ab und sammelte seine eigenen Dolche ein, ehe er über den Schotter sprang. Auf dem lockeren Untergrund fand er ebenso schwer Halt wie die abziehenden Banditen, aber er hieb und stach wie wild um sich und konnte nur hoffen, auf Fleisch und Knochen zu treffen.
»Drachen? Wo? Ich ziehe dir die Haut ab!«
Wut und Anstrengung verzerrten die Stimme, aber Jayge erkannte sie sofort. Thella! Das waren Thellas Banditen!
Temma würde es bereuen, daß sie nicht auf ihn gehört hatte und vorsichtiger gewesen war. Aber sie waren doch schon so kurz vor 196
>Ende der Welt »Schon wieder auf und davon! Ein Bronzedrache!« kam die Antwort. Jayge erkannte auch diese Stimme und vergaß, den nächsten Hieb zu führen. »Wir müssen weg von hier!«
Jayge hatte keine Zeit, nach den beiden Sprechern Ausschau zu halten, er kämpfte sich mit Händen und Füßen den Hang hinauf, aber seine Beute hielt sich immer knapp außer Reichweite. Er mußte den Mann erwischen, ehe er ihn zwischen den Bäumen aus den Augen verlor. Jayge sah trotz allem noch ein, daß es Selbstmord wäre, die Bande durchs Dickicht zu verfolgen, es sei denn, der Drachenreiter käme zurück und überflöge den Wald. Verzweifelt preschte er vor, spürte, wie sein Schwert eine klaffende Wunde in den Fuß des Mannes schlug und hörte ihn aufschreien. Doch plötzlich wurde er weggezogen, und als Jayge ihn festhalten wollte, verlor er das Gleichgewicht, rollte haltlos den Hang hinab und landete auf einem Steinhaufen.
Er war so benommen und außer Atem, daß er nicht gleich auf die Beine kam. Von allen Seiten wurde um Hilfe gerufen. In diesem Moment erblickte Jayge die Frau. Sie stand auf einem Felsen, der den Pfad überragte, und begutachtete den Schaden, den sie mit ihrem heimtückischen Überfall angerichtet hatte. Dann hob sie den Arm. Der Dolch durchschnitt einem von Borgalds Zugochsen die Sehne, er brach in die Knie. Blind vor Wut über soviel Bosheit schleuderte Jayge eine seiner Klingen.
Aber Thella war nicht bereit, die Zielscheibe abzugeben.
Sie wirbelte herum, sprang die Böschung hinauf und war gleich
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