Pern 10 - Die Renegaten von Pern
Herdenaufseher, zum vorläufigen Herrn des Berghofes ein. Die meisten Angehörigen von Thellas Bande waren aufrichtig froh darüber, nicht abermals heimatlos zu werden. Alle fürchteten, Dushik könnte wieder auftauchen, und bei Eddik fühlten sie sich geborgen.
Larad und Asgenar verstärkten dieses Gefühl der Sicherheit noch, indem sie eine hohe Belohnung für jeden Hinweis auf den Banditen und die doppelte Summe für seine Gefangennahme aussetzten.
*
Jayge wurde von den unterschiedlichsten Gefühlen beherrscht, doch am stärksten war der Wunsch, den Tod Armalds und seiner anderen Freunde zu rächen und die Karawane für die wirtschaft-lichen Verluste zu entschädigen, die ihr durch Thellas Angriff entstanden waren. Außerdem hegte er in einem Winkel seines Bewußtseins die Hoffnung, Readis lasse sich vielleicht doch noch dazu bewegen, Thella und ihrem verhängnisvollen Einfluß den Rücken zu kehren. Immerhin hatte er so viel Loyalität besessen, 237
daß er den Tod riskierte, um dem Angriff auf seine Verwandten Einhalt zu gebieten. Jayge hatte seinen Onkel immer bewundert, und es hatte ihn schwer getroffen, als Readis aus Kimmage verschwand.
Damals hatte er nicht begreifen können, warum sein großes Vorbild sie in dieser schrecklichen Lage im Stich ließ. Sein Vater hatte ihm schließlich erklärt, es sei Readis' gutes Recht, sich nach einer angemesseneren Beschäftigung umzusehen. Und bald hatte Jayge auch durchschaut, mit wie vielen kleinen Nadelstichen Childon die verarmten Händler demütigte, wie er ihnen die unangenehmsten Arbeiten übertrug und ihnen sogar das Essen und die beengten Quartiere mißgönnte.
Der stolze Readis hätte eine solche Behandlung niemals ertragen.
Jayge war erst zehn Planetenumläufe alt und hatte keine andere Wahl. Außerdem hätte er Gledia, seine kranke Mutter, niemals zurückgelassen, selbst wenn er alt genug gewesen wäre, um auf eigenen Beinen zu stehen.
Doch jetzt war er dreiundzwanzig, der Durst nach Rache brannte schlimmer als jene alten Demütigungen, der Schnee hielt die Karawane in der Siedlung fest, und Jayge konnte darangehen, die Rechnung zu begleichen.
Wenn es ihm gelang, in die Nähe des erstaunlichen Mädchens zu kommen, das Drachen hören konnte und dessen Fähigkeiten schuld waren am Unglück seiner Lieben, so überlegte er sich, dann würde er vielleicht auch Thella finden. Er ging davon aus, daß Thella die Verfolgung nicht aufgeben würde, entweder weil sie ihren sicheren Unterschlupf in den Bergen verloren hatte und deshalb das Talent des Mädchen jetzt noch dringender benötigte oder aber weil sie sich für den Verlust dieses hervorragenden Stützpunkts rächen wollte. Als sie bei dem Überfall am Rand des Weges stand und sich an dem von ihr verursachten Chaos weidete, hatte Jayge soviel Bosheit gar nicht fassen können. Bei dem Messerwurf auf das Lasttier war ihm ihre Zerstörungswut hemmungslos, ja fast wahnsin-238
nig vorgekommen.
Auf eine Geistesstörung wies auch hin, daß sie mit jener Lawine den Tod aller Bewohner ihrer Höhlenfestung in Kauf genommen hatte - nicht ohne zuvor sich selbst und einige Auserwählte in Sicherheit zu bringen.
Man hatte Aramina vielleicht in den Benden-Weyr gebracht, aber war sie dort wirklich in Sicherheit, solange Thella nicht hinter Schloß und Riegel saß?
Die Flüchtlinge hatten kaum Zeit gehabt, ihre Flucht vorzubereiten, und würden gewiß vor keinem Diebstahl zurückschrecken.
Wenn sie über die verschneiten Bergpfade den Benden-Weyr erreichen wollten, brauchten sie Nahrungsmittel und Informationen, und beides ließ sich am leichtesten bei den Heimatlosen von Igen beschaffen. Perschar zufolge waren Thella, Giron, Dushik und Readis oft in den Höhlen gewesen, also wollte Jayge dort als erstes Station machen, und er trieb Kesso bis zur Erschöpfung an, um noch vor den Banditen einzutreffen.
Zu seinem Leidwesen erfuhr er, daß das >Auge und Ohr< des ganzen Komplexes mit gebrochenem Genick tot aufgefunden worden war. Der Tod des einbeinigen alten Seemanns Brare wurde allseits beklagt, während man ihn im gleichen Atemzug als abgefeim-ten Betrüger, Schurken, Wucherer und Hurenbock beschimpfte.
Trotz allem waren die Höhlen von Igen offenbar kein schlechter Ausgangspunkt für die Suche.
Die große Grotte schwirrte von Gerüchten über den spektakulä-
ren Angriff auf Thellas Festung. Jayge bekam die Geschichte von verschiedenen Seiten mit den phantastischsten Ausschmückungen erzählt, machte sich aber
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