Pern 10 - Die Renegaten von Pern
nicht die Mühe, sie richtigzustellen.
Beträchtliche Unsicherheit herrschte darüber, wie viele Banditen man gefangengenommen hatte und was mit ihnen geschehen war.
Einige glaubten, Baron Larad habe sie in seine Bergwerke schaffen lassen - wer hätte es ihm auch verübeln können? Jedermann wußte 239
doch, daß der Burgherr dringend Arbeitskräfte für die schwarzen Gruben suchte, schließlich brauchte man das knappe Metall, um Waffen für den Kampf gegen die Fäden herzustellen, ganz zu schweigen von den anderen Geräten, an denen der Meisterschmied ständig herumhämmerte.
Andere waren der Meinung, die Verbrecher seien in den Süden verfrachtet worden, und ein solches Schicksal wurde mit einer sonderbaren Mischung aus Angst und Neid erörtert. Jayge hörte aufmerksam zu und hätte gern gewußt, ob diesem Gerücht irgendwelche Tatsachen zugrunde lagen. Hatten sich vielleicht Thella und Giron mit Readis in den Süden geflüchtet - um dort zu verschwinden, auf einem riesigen Kontinent, wie einige behaupteten, oder lediglich auf einer Insel wie Ista, nur größer, wie andere meinten?
Waren sie unterwegs zu den brodelnden Wassern des Südmeeres?
Jedermann wußte, wie heiß es dort war, heißer, als es in Igen jemals sein konnte.
Nein, irgend etwas sagte ihm, daß Thella weiterhin versuchen werde, Aramina in ihre Gewalt zu bringen - wenn auch vielleicht nur, um das Mädchen zu töten.
Und falls es dazu kam, wollte er Readis um jeden Preis aus der Sache heraushalten.
Jayge rechnete damit, daß die Flüchtlinge in den Bergen trotz der Schneestöcke, die auf verschneiten Hängen gute Dienste taten, im Wald jedoch nicht viel nutzten, nur sehr langsam vorangekommen waren. Bei Tageslicht führten die Drachenreiter von Benden häufig auf gut Glück Patrouillenflüge über dem Gebirge durch, und bei aller Verzweiflung wagte es gewiß niemand, in diesem Gelände nachts unterwegs zu sein. Obwohl Jayge eine widerwillige Bewunderung für Drachenreiter wie F'lar, T'gellan und den jungen K'van empfand, hoffte er eigentlich nicht, daß sie die Flüchtlinge tatsächlich fangen würden. Das würde alles verderben. So einfach sollte es nicht sein.
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Jayge nahm sich auch die Zeit, nach einem möglichen Versteck innerhalb des Höhlenkomplexes zu suchen.
Bei seinen Streifzügen durch die weniger frequentierten Gänge fand er mehrere vielversprechende Räumlichkeiten, alle mit kleinen Eingängen, die teilweise oder ganz vor flüchtigen Blicken verborgen waren, aber nirgendwo entdeckte er Hinweise darauf, daß sie vor kurzem benützt worden wären.
Von einem Händler, einem alten Freund seines Vaters, erfuhr er, daß Thella und Giron zu der Zeit die Höhlen besucht hatten, als die Lilcamp-Amhold-Karawane die Fracht für >Ende der Welt< aufnahm. Er zeigte dem Händler die Skizze von Readis, und der bewunderte sie sehr, obwohl er Jayges Onkel damals nicht mit Thella zusammen gesehen hatte.
»Man hat das Gefühl, als fange der Mann gleich zu atmen an.
Gutaussehender Bursche. Mit dir verwandt, sagst du? Ja, die Familienähnlichkeit ist nicht zu leugnen. Wer hat das nur so treffend hinbekommen? Und womit? Holzkohle hätte sich längst verwischt.
Blei, sagst du? Das ist aber teuer - sicher, als Händler hast du natürlich Beziehungen.«
Jayge opferte eine seiner wenigen Marken und kaufte einem anderen Händler eine zerschlissene, aber einigermaßen genaue Karte der Ostregionen ab: sie reichte von Keroon bis Benden, und zeigte auch Bitra und den östlichsten Teil von Lemos. An manchen Stellen verdeckten die Knicke im Pergament die Linien, aber auf der Karte waren auch Höhlen verzeichnet, große und kleine, mit oder ohne Wasser, sowie sämtliche Siedlungen und die besten Routen für verschiedene Transporte.
Außerdem hörte Jayge aufmerksam zu, wenn abends an den großen Feuern die Krüge herumgingen und sich in der geselligen Atmosphäre Gespräche entwickelten. Dowell und seine Familie hatten offenbar so lange in den Höhlen gelebt, daß sie allgemein bekannt waren. Die Leute konnten es noch immer nicht fassen, daß 241
>ihre< Aramina sich nun im Benden-Weyr befinden sollte, wo die Eier heranreiften, aber sie waren fest überzeugt, daß >ihre< Aramina aus den Höhlen das KöniginnenEi in Bendens Brutstätte für sich gewinnen würde, und sonnten sich bereits im Glanz ihres Erfolges. Inzwischen hatte man auch erfahren, daß Dowell, Barla und die beiden anderen Kinder nach Ruatha zurückgekehrt waren und von Baron Jaxom ihr
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