Pern 12 - Die Delphine von Pern
wir besitzen nicht die Arzneien unserer Vorfahren, die viele der Krankheiten, die manchmal Menschen befallen, heilen oder bessern.«
Sie hatten den Landungssteg erreicht und wurden von Fischermeister Curran begrüßt, der einem Teil seiner Männer den Auftrag gab, ihre Renner zu versorgen. Menolly bemerkte, daß alle fünf Schiffe der Fischerflotte von Fort im Hafen lagen. Sie verzog das Gesicht. Mit Publikum hatte sie nicht gerechnet, aber sie hatten Curran von ihrem Ausflug und ihren Absichten in Kenntnis setzen müssen.
Meister Idarolan hatte ihn natürlich über die Intelligenz der Delphine aufgeklärt. Sebell, der diese Neuigkeit ebenfalls verbreitete, war auf beträchtliche Skepsis gestoßen, insbesondere seitens der Bewohner des Binnenla ndes, die nie gesehen hatten, wie Delphine ein Schiff begleiteten.
»Ein langer Ritt in der Kälte; Sie brauchen zumindest einen Becher Klah, bevor sie irgendwelche Glocken läuten«, lud Curran sie freundlich ein und deutete auf sein Haus, das auf der Anhöhe oberhalb des Meeres lag. Auf dem Querteil des T-förmigen Landungsstegs selbst befand sich eine kleinere Hütte für den Hafenmeister.
Menolly, die sich nicht gerne unnötig lange von ihren Kindern trennte, war nicht ganz glücklich über diese Verzögerung, doch die Höflichkeit gebot, diese Gastfreundschaft dankbar anzunehmen. Und heißer Klah würde jetzt ein Genuß sein.
Nach dem langen Ritt war sie ein wenig steif, denn in letzter Zeit hatte sie wenig Gelegenheit zum Reiten gehabt. Beinahe war sie neidisch auf die Leichtigkeit, mit der Sebell, der regelmäßig sowohl Drachen als auch Renner ritt, aus dem 176
Sattel stieg.
Gastfreundlich hatten Curran und seine Frau Robina noch mehr als Klah aufgetischt, und alle griffen herzhaft zu: kleine, delikat gewürzte Fischröllche n, kalter Fischrogen auf kleinen, runden Brothappen, heißer Gewürz-Klah und eine Tasse scharf gewürzter Meeresfrüchtesuppe. Hungrig wie nur je einer langten Meister und Gesellen gleichermaßen kräftig zu. Selbst Meister Oldive aß tüchtig.
Schließlich begaben sie sich, begleitet von einer großen Schar interessierter Fischer und Kleinbauern, zum langen Landungssteg hinunter. Menolly hätte sich denken können, daß ihr Vorhaben nach dem langen, einsamen Winter zu einem
geselligen Anlaß werden würde. Man war für jede Ausrede für ein wenig Ablenkung dankbar, und dies war sicherlich einer der interessanteren Anlässe. Kaum hatten sie das Haus des Fischermeisters verlassen, kamen Prinzessin, Taucher und Rocky vom Dach herab, und Prinzessin setzte sich auf Meno llys Schulter, während Taucher und Rocky über ihr in der Luft herumgondelten. Andere Feuerechsen gesellten sich unter freudigen Schreien zu ihnen; Menolly wußte allerdings, daß sie die Bedeutung des heutigen Ausflugs nicht richtig einschätzen konnten.
Die Delphinglocke hatte ein neues Gestell erhalten, und das Holzschutzmittel roch trotz der leichten Brise noch immer so scharf, daß es im Hals kitzelte. Die Glocke selbst war auf Hochglanz poliert worden.
»Wir haben einen neuen Klöppel beschafft«, bemerkte Curran stolz. »Haben Meister Fandarel veranlaßt, ihn da-zwischenzuschieben, damit er rechtzeitig fertig wurde.«
»Wenn ich nur wüßte, wie Sie das geschafft haben, Meister Curran«, antwortete Oldiver und lächelte schief.
»Wie lange war die Glocke ohne Klöppel?« fragte Sebell in seiner ruhigen Art, auf die die Leute immer bereitwillig Auskunft gaben.
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Curran warf die vom jahrelangen Einholen der Netze mit dicken Muskeln bepackten Arme hoch. »Oh, der fehlte schon, als ich hier Meister wurde.«
»Hat Ihr Meister das denn nicht bemerkt?« fragte Sebell mit schalkhaft blitzenden Augen.
»Doch, bestimmt, aber er muß die Glocke so übernommen haben.« Curran wirkte ein wenig verlegen.
»Die Glocke an der Monaco-Bucht hatte auch keinen Klöppel«, meinte Sebell, um den Mann zu beschwichtigen; wie Menolly auffiel, erwähnte er jedoch nicht, daß die Monaco Glocke jahrhundertelang auf dem Meeresgrund gelegen hatte.
»Doch jetzt hat sie einen, und kann wieder ihrer ursprünglichen Verwendung zugeführt werden. Erweist du uns die Ehre, Menolly?«
»Aber gerne«, antwortete sie und packte das Glockenseil am unteren Ende. »Ich denke, Curran, der Zweck der Delphinglocke ist wohl, daß auch die Delphine sie läuten können, damit die Menschen kommen und ihre Berichte hören.«
»Das wußte ich nicht«, erwiderte Curran überrascht. »Aber was soll ich tun,
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