Perry Rhodan - 2553 - Die Stadt in der Mitte der Welt
genug, dass ein Wesen von der Länge Sinnafochs sich darin
hätte hinlegen können, und erinnerte Kruuper an den Stall eines Tieres. Der Boden war mit Stroh
bedeckt, an der Wand waren eiserne Ketten angebracht. Kruuper hob eine auf und stellte fest, dass
verschieden große Gliederschellen an ihnen angebracht waren - offenbar hatten die D'Tar die
Erfahrung gemacht, dass unterschiedlich gebaute Fremde durch den Transferkamin auf ihre Welt
kamen.
Kruuper erschauerte. Wäre Philip bei ihm, der Okrill hätte ihm vielleicht traurige Geschichten
erzählen können. Philip vermochte, Infrarotspuren über einige Zeit zurückzuverfolgen und sie zu
einem sinnvollen Ganzen zu verweben.
Schlimme Schicksale hatten sich an diesem Ort erfüllt, so viel war sicher. Und eigentlich, kam
Kruuper der Gedanke, hätten auch sie an diesem Ort enden müssen. Sinnafoch hatte in seinen Leben,
die er als ein einziges betrachtete, viele schlimme Dinge getan. Das Schicksal hätte gute Gründe
gehabt, dem Frequenzfolger hier ein würdeloses Ende zu bereiten.
Wieso war es nicht geschehen?
Wieso hatte das Schicksal stattdessen sein eigenes Geschick an das Sinnafochs gekettet?
Was hatte er, Kruuper, getan, um dieses Schicksal verdient zu haben?
Kruuper ließ die Kette fahren und riss sich los. Die Gedanken waren müßig. Je mehr der Okrivar
sich mit dem Schicksal beschäftigte, desto klarer wurde ihm eines: Er würde das Schicksal niemals
begreifen. Seine einzige Chance auf Erlösung bestand darin, es zu verwirren.
Kruuper rannte weiter, vorbei an den Verbrennungsplätzen. Er musste die Grausamkeit der D'Tar
nicht bis in die letzte Einzelheit verfolgen. Sie mordeten an diesem Ort, das Wissen genügte
ihm.
Der Okrivar verurteilte die D'Tar nicht. Sie begriffen nicht, was sie taten, konnten es
nicht begreifen. Außerdem musste Kruuper ihnen eine gewisse Folgerichtigkeit einräumen: Jeder
Kontakt mit Fremden barg die Gefahr, Krankheitserreger einzuschleppen. Erreger, gegen die die
D'Tar mit ihrer primitiven Technologie wehrlos waren. Sie schützten sich selbst, so gut es ihnen
möglich war.
Nur: Sie verbrannten nicht nur intelligente Lebewesen, in den Flammen vergingen auch
unvorstellbar große Chancen.
Dem Schicksal hatte es beliebt, den D'Tar einen Transferkamin zu schenken. Eine Verbindung zu
anderen Welten, anderen Wesen, anderen Ideen. Ein Fluchttor aus der Beschränkung, aus dem
Aberglauben. Ein Instrument, aus den Kreisen auszubrechen, die ihr Dasein begrenzten.
Vielleicht würden die D'Tar eines Tages ihr Glück erkennen. Vielleicht würde ein
entschlossener D'Tar das Glück beim Schopf packen. Vielleicht würde es F'har sein. Kruuper hoffte
es.
Der Okrivar eilte weiter, nur, um nach wenigen Schritte anzuhalten.
Kruuper hatte die Tür erreicht, die ihn von der Mitte der Mitte der Welt trennte.
Dahinter wartete die Rettung auf ihn.
Hoffte er.
*
Die Tür war aus massivem Eisen gefertigt und mit einer Vielzahl von Bolzen und Ketten
gesichert.
Kruuper zog den Strahler und zertrennte die Sicherungen mit präzisen Feuerstößen. Damit war
unübersehbar, dass sich jemand zum Inneren Kreis Zutritt verschafft hatte. Aber ihm blieb keine
Wahl. Zudem war die Chance, dass die D'Tar die richtigen Schlüsse aus der gewaltsam geöffneten
Tür zogen, verschwindend gering. Es würde wildeste Spekulationen geben, und dabei bliebe es.
Die Tür öffnete sich nach innen. Kruuper musste sich mit dem gesamten Gewicht dagegenstemmen,
um sie aufzudrücken. Kaltes blaues Licht umfing ihn.
Kruuper hieß es mit einem Freudenruf willkommen, den er im letzten Augenblick zu einem Seufzer
dämpfte. Das Blau sagte ihm, dass sich in der Mitte der Stadt tatsächlich befand, was F'har ihm
versprochen hatte: ein Transferkamin.
Der Okrivar trat in den Inneren Kreis.
Es war nur ein Schritt und doch mutete es ihm an, als betrete er eine andere Welt.
Was durchaus zutraf. Die Technologie der Frequenz-Monarchie war jener der D'Tar - wenn man sie
überhaupt als »Technologie« bezeichnen konnte - um Jahrhunderttausende, wenn nicht sogar
Millionen von Jahren voraus.
Sie musste den D'Tar wie ein Hirngespinst oder das Werk von Göttern erscheinen. Selbst F'har
war mit ihr überfordert. Der Erfinder ahnte in Ansätzen, mit was er es zu tun hatte, und er war -
bemerkenswerter Weise - frei von Angst, aber ihm fehlten die Grundlagen, um die Technologie der
Frequenz-Monarchie zu verstehen.
Kruuper
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