Perry Rhodan - Jupiter
auf deine Erinnerungen, nicht auf dein bewusstes Denken. Sie lässt dich jemanden in mir sehen, den du einst geliebt hast, jemanden, der dein Leben bestimmte, den du verloren hast oder von dem du einfach getrennt worden bist. Es ist kein bewusster Vorgang, weder bei dir noch von meiner Seite aus, und die Wirkung verblasst auch rasch. Somit unterläuft sie auch deine Mentalstabilisierung. Hättest du den Namen nicht genannt, hätte ich nicht gewusst, wen du siehst. Thomas Cardif ... sehr interessant.«
Rhodan ärgerte sich, dass ihm der Name herausgerutscht war. Er hatte Quantrill damit mehr verraten, als ihm lieb war.
Eine der Leuchtröhren an der Decke flackerte plötzlich und warf den Rest des Verwandlungsvorgangs in bizarre Schatten. Oread Quantrill besaß kurzes, dunkelblondes Haar. Mit einer beiläufigen Bewegung strich er eine längere Strähne, die ihm in die Stirn hing, nach links. Der seltsam blaue Schimmer der Pupillen blieb auch nun noch bestehen. Die gesamte Erscheinung war adrett, charmant, und wirkte unwillkürlich sympathisch.
Ein starkes Charisma ging von Quantrill aus. Rhodan wunderte es nicht, dass er den Gerüchten nach die Massen in seinen Bann ziehen konnte.
»Du glaubst also nicht, dass eine übergeordnete Macht existiert?«, fragte Rhodan.
»Religionen wie die, die ich in meiner Kindheit kennengelernt habe? Ich bitte dich ... ich habe Besseres entdeckt.«
»Honovin?« Der Terraner lehnte sich lässig im Stuhl zurück. »Ich bezweifle, dass es besser sein kann.«
»Urteile nicht vorschnell!«
»Du musst mir deine eigene Religion nicht verkünden. Ich glaube dir, dass du es von der Pike auf gelernt hast. Du weißt, wie man sich darstellt, wie man ein Produkt verkauft.«
»Es handelt sich wohl kaum um ein Produkt«, widersprach Oread Quantrill. »Ich habe die Menschheit kennengelernt, von vielen Seiten. Meine Erfahrung im Kloster hast du erwähnt. Und ob du es glaubst oder nicht, dort habe ich tatsächlich Gutes gesehen. Aber auch vieles, das erstarrt und tot war. Ich zog weiter, ging wieder zur Schule, besuchte die Universität von Terrania. Mein Interesse galt dem Sport. Wusstest du das?«
»Erzähl nur weiter.« Mit jedem Wort seines Gegenübers machte sich Rhodan ein genaueres Bild von der Persönlichkeit des perfekt gekleideten Mannes, der mit dem Syndikat der Kristallfischer eine bedeutende finanzielle Macht aufgebaut hatte.
»Ich war gar nicht schlecht in der Ringermannschaft, auch wenn man mir das kaum zutrauen würde, wenn man mich sieht. Klein, eher schmächtig.« Er lächelte charmant. »Doch ich besiegte mehr als einen Gegner. Bis ich schließlich wegen einer inoperablen Knieverletzung nicht mehr länger trainieren, geschweige denn kämpfen konnte. Also zog ich weiter.«
»Und du hast auch aus dieser Zeit einiges mitgenommen«, vermutete Rhodan. »Wie man Gegner besiegt und hinter sich lässt, beispielsweise?«
Quantrill trommelte mit allen Fingern auf der Holztischplatte. »Ich möchte, dass du verstehst. Dass du sogar deinen eigenen Fehler erkennst. Ich biete dir eine Chance, Perry Rhodan, wie du sie noch nie erhalten hast.«
Der Terraner schwieg und beobachtete, wie Anatolie ins Leere schaute. Sie schien in Gedanken weit weg zu sein. Was wohl in ihr vorging?
»Honovin, die neue schlaflose Menschheit, ist mehr als eine vage Vision. Ich sehe den Erfolg dicht vor mir. Wie viel Zeit verbringt der durchschnittliche Terraner im Schlaf? Ein Drittel seines Lebens? Nimm hundert Jahre seiner Lebenszeit ... ihm bleiben gerade einmal Sechsundsechzig davon, die er bewusst erlebt. Ein zweihundert Jahre alter Terraner im gesegneten Alter hat fast ein komplettes Jahrhundert verschlafen. Was, wenn ich jedem einzelnen anbiete, ihm ein volles Jahrhundert zu schenken?«
»Weil du ihm Tau-acht verabreichst und ihn abhängig machst?«
»Es ist viel mehr als das! Du hattest einst selbst eine Zukunftsvision, die dich angetrieben hat, Perry Rhodan! Oder kannst du das leugnen? Du wolltest eine vereinte, neue Menschheit! Du hast Frieden in der Galaxis vor dir gesehen.«
»Vieles davon ist Wahrheit geworden.« Erst als die Worte ausgesprochen waren, bemerkte Rhodan, dass er unwillkürlich eine verteidigende Haltung eingenommen hatte. Wie kam er dazu, sich vor Quantrill zu rechtfertigen? War er etwa doch unwillkürlich dem Charisma seines Gegenübers erlegen?
»Hast du deinen Traum tatsächlich verwirklicht? Oder ihn verraten? Stell dir diese Frage, Rhodan. Was ist aus dem Frieden für die
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