Perry Rhodan - Jupiter
Torbogen.
»Was ist?«, fragte Guidry.
»Nichts. Es war mir etwas zu hell.«
»Oh«, sagte Guidry. »Was hast du gesehen?«
»Licht«, erläuterte Rhodan. »Nur Licht.«
Das Licht hatte ihn geblendet, ja. Aber nicht so, wie die Sonne blendet, wenn man ungeschützt hineinsah. Weder fühlte er einen Schmerz, noch wirkte die Blendung nach. Er sah klar und scharf.
Also trat er wieder durch den Torbogen.
Sofort wurden seine Augen erneut mit Licht geflutet. Diesmal wich er nicht zurück. Er ließ die Lider offen. Schritt vor Schritt.
Seine Schritte hallten ein wenig. Der Boden unter ihm – die Fortsetzung der Brücke? – schien eher aus Stein denn aus Metall zu sein. Er überlegte, ob er sich bücken und die Materialität des Bodens mit seinen Fingern prüfen sollte, entschied sich aber dagegen. In der Ferne hörte er ein großes Gemurmel. Es klang, als stünden irgendwo vor ihm Dutzende, wenn nicht Hunderte Menschen, in angeregte Gespräche vertieft.
Das Licht wurde milder, weniger blendend, je weiter er ging. Er sah sich um. Sowohl Firmion Guidry als auch Pao Ghyss waren ihm gefolgt und hielten sich offenbar hinter ihm. Wenigstens sah er die Umrisse zweier menschlicher Körper, beide sehr schlank, einer von ihnen bei aller Schlankheit unverkennbar weiblich. Er winkte ihnen kurz, aber sie reagierten nicht.
Dann machte er die Silhouette von Ileschqa aus. Offenbar hatte der Schiqalaya bis zuletzt gewartet. Warum? Hatte er noch ein, zwei Worte mit dem Phausha wechseln wollen, die für niemand sonst bestimmt waren?
Unwichtig. Rhodan ging weiter.
Der Raum, der sich langsam aus dem Licht hob, ähnelte einer unabsehbar weiten, leergeräumten Maschinenhalle. Etwa wie die Turbinenhalle eines Kraftwerks, das eine ganze Welt betrieben hatte. Am hinteren Ende der Halle sah er die Lichtquelle: eine riesige, kreisrunde Form. Sie verströmte ein Licht offenbar als schmales Strahlenbündel. Alle Farben außer Gelb und Schwarz waren ausgeblendet.
Eine Monofrequenzlampe. Wie die Straßenlaternen in den präastronautischen Städten der Erde, dachte Rhodan.
In einiger Entfernung sah er wie in einem Schattenriss eine größere Menge Menschen. Links und rechts wurden die Seitenwände der Halle deutlich: Mehrere Galerien verliefen übereinander. Jenseits der Galerien entdeckte er Reihen von abstrakten Mustern, Linien wie breite, goldene Flaggen. Er konnte nicht genau feststellen, ob diese Muster bloße Ornamente waren oder räumliche Strukturen, vielleicht Balkone. Oder etwa Spiegel?
Und die Decke ...
Er hielt einen Moment an und legte seinen Kopf in den Nacken. Es war, als hingen Scherenschnitte wie Teile eines langsam bewegten Mobiles von der Decke. Schattenrisse wovon? Nicht von Menschen, da war er sich sicher. Allerdings wirkten die Linien organisch. Idole von Tieren vielleicht? Tierhäute?
Er ging weiter, hielt sich in der Mitte der Halle, aufrecht und für alle Augen sichtbar. Er hatte ja nichts zu verbergen. Er spürte, dass der Boden leicht anstieg. Eine Rampe, vielleicht drei oder vier Meter breit, führte hoch auf eine Ebene oder eine Empore, die die beiden Wände verband. Unterhalb der Empore floss ebenfalls Licht; Rhodan sah auch hier die Umrisse zusammenstehender Menschen.
Nur Menschen? Sah er nicht hier und da den Diskuskopf eines Gatasers auftauchen? Die kolossale Statur eines Haluters? Den Echsenschädel eines Topsiders? Er war sich nicht sicher. Denn wer immer sich dort aufhielt – man stand nicht still. Alles war in unaufhörlicher Bewegung, ein scheinbares, vielleicht aber rhythmisch geordnetes Durcheinander, ein Menuett. Erst jetzt bemerkte er, dass ein feiner Nebel über der Zweifarbenlandschaft aus Gold und Schwarz lag und allem eine diffuse Note verlieh. Hoch in der Halle verdichtete sich der Nebel gelegentlich zu zarten, wolkenähnlichen Gebilden.
Das Gemurmel war ein wenig lauter geworden, aber nicht deutlicher. Manchmal glaubte Rhodan, das eine oder andere Wort herausgehört zu haben, aber er hätte nicht zu sagen gewusst, welches. Vergessen wie die Bilder eines Traums.
Endlich hatte er die Empore erreicht. Von der Rampe her war der Zugang leicht möglich; die andere Seite war durch eine fragil wirkende Brüstung gesichert.
Dort lehnten die Gestalten, schauten, murmelten miteinander oder wandten sich gemächlich nach links oder rechts.
Rhodan trat näher, auf zwei der Gestalten zu. Die eine Erscheinung war groß, breitschultrig, der Kopf dagegen eher klein. Muskulöse Arme, stämmige Beine.
Weitere Kostenlose Bücher