Perry Rhodan Neo 018 - Der erste Thort
Verblendete. Engstirnig und von mentaler Härte.
Nerlan aktivierte den Projektor auf dem Tisch, indem er einen Schalter umlegte. Ein dreidimensionales Bild der Innenstadt flammte auf, verschiedene Stellen im äußeren Bereich waren grün und violett markiert. Thora erkannte Geschütze und Panzerfahrzeuge in Miniatur, die vor einer breiten dicken Mauer lagen.
Das sind Nerlans geplante Stellungen. Thora beugte sich interessiert vor. Durch die Fiktivspiele kannte sie viele Szenarien. Dieses gab ihr Rätsel auf. Wenn sie die Lage richtig verstand, war die äußere Stadt bereits eingenommen, nur der innere Kern von höchstens zwanzig Quadratkilometern musste erobert werden. Ihre Blicke wanderten über die Darstellung. Sie begriff.
Die Stellungen der Feinde sind nicht markiert. Wenn sie die nicht kennen, erwartet sie ein Häuserkampf. Aber warum kennen sie die Stellungen nicht? Es sollte doch möglich sein, sie ausfindig zu machen. Und warum gehen sie so nah heran? Ich würde meinen gesamten Angriff um mindestens dreißig Kilometer nach hinten versetzen und die Stellungen aus sicherer Entfernung ausradieren.
Ihre Betrachtungen konzentrierten sich auf die Zitadelle. Mit den Waffen der Ferronen ließ sich das Gebäude in Schutt und Asche legen. Dass die Anlage noch so intakt war konnte nur einen Grund haben: Sie war nicht oder kaum bombardiert worden. Nerlan wollte die Festung möglichst unversehrt einnehmen. Vielleicht hatte er vor, von dort aus zu regieren.
Thora stutzte. Konnte das sein?
Ich kenne diese Festung, dieser Grundriss … Und den Turm! Dort drüben war ich gefangen. Aber das ist unmöglich. Wenn das das Wüstenfort von Rofus ist, dann … Sie beendete den Gedanken nicht. Später, ermahnte sie sich. Später werde ich darüber nachdenken, was ich da entdeckt habe. Im Moment blieb die wichtigste Aufgabe, einen Fluchtweg aus dem Kommandostand zu finden. Sie musste zu Rhodan und den anderen zurück.
»In zwei Tagen greifen wir an«, sagte Nerlan in die Runde. »Die meisten Hochhäuser in den vorgesehenen Angriffsschneisen sind zerstört. Es wird Zeit, die Bodentruppen hineinzuschicken.«
»Es ist noch zu früh«, widersprach ein Kommandant mit glatter Stirn, auf der eine breite Narbe prangte. Er lehnte sich vor. Seine Stimme klang angenehm sanft, als spreche er zu einem nervösen Tier. »Wir sollten noch ein paar Tage warten, bis Jassnor mit ihren Leuten da ist. Die Grochoos mögen verweichlicht sein, aber um ihre Stadt werden sie kämpfen.«
»Sie werden kein nennenswertes Hindernis darstellen.« Nerlan hob den Kopf, sah in die Runde, als wolle er prüfen, wer für und wer gegen ihn war. »Ich habe für diese besondere Gelegenheit zweihundert Blendbomben aufgehoben, die über den Straßen das Licht Wegas verspotten werden. Ein blinder Gegner ist ein schwacher Gegner.«
»Aber …« Rukaar fuhr aus ihrem Sitz hoch. »Was ist mit meinen Soldaten? Sie sollen an vorderster Front kämpfen! Willst du auch sie blenden?«
»Setz dich, Rukaar.«
Rukaar setzte sich. Thora spürte die Spannung im Raum. Ihr war, als könnte sie sie auf der Zunge schmecken. Offensichtlich war es nicht üblich, Nerlan derart heftig zu widersprechen.
»Krieg erfordert Opfer«, sagte Nerlan schlicht.
»Opfer. Immer wieder Opfer. Ich kann es nicht mehr hören!«, begehrte Rukaar auf. »Wir haben so viele Kinder im Lager. Warum raubst du ihnen die Eltern, Durhai?«
Thora beobachtete, wie die anderen Teilnehmer der Besprechung unruhig wurden. Eine der Kurzhaarigen sah hektisch zum Ausgang.
Nerlan lehnte sich scheinbar entspannt in seinem Sitz zurück. Auf Thora wirkte er wie ein irdisches Krokodil vor dem Zuschnappen. »Dann solltest du einen Gesunder aufsuchen, Rukaar. Deine Ohren machen mir schon lange Sorgen. Wir werden die Blendwaffen einsetzen und danach reingehen und alles säubern. Vergiftete Munition ist noch genug vorhanden. Nur ein toter Städter ist ein guter Städter.«
Rukaar stand erneut auf, die Handflächen auf den Tisch gestützt. In ihrem Gesicht lag Zorn. Alle anderen duckten sich. »Warum nicht verlustschonender? Schick die T-Jäger vor, Durhai. Verzichte auf die Blendbomben. Und lass den Städtern die Chance, sich zu ergeben. Du sagst doch selbst immer, wie knapp Ressourcen sind.«
»Die Gorchoos hatten ihre Chance, Sir-Lan Rukaar. Und nun setz dich wieder hin.«
In Nerlans Gesicht trat ein Ausdruck, den Thora am ehesten mit Hass bezeichnen würde. Es war ihm deutlich anzusehen, wie sehr ihm Rukaars Aufbegehren
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