Perry Rhodan Neo 025 - Zielpunkt Arkon
Die Deutschen sagen Schmand oder Schmetten dazu, die Österreicher und Schweizer Sauerrahm beziehungsweise Crème fraîche. Mein Vater hatte eine Apotheke, die sollte ich natürlich einmal übernehmen, und natürlich habe ich dagegen rebelliert und bin Rockmusiker geworden. Obwohl wir nicht mit dem Komponisten der ›Moldau‹ verwandt sind. Was mich allerdings mit ihm verbindet, ist, dass wir beide unter deftigen Hörstörungen litten.«
»Tinnitus?«
»Genau. Friedrich Smetana hörte in seinen letzten Jahren bei Tag und bei Nacht ›das schrille Pfeifen eines As-Dur-Sextakkords in den höchsten Registern der Piccoloflöte‹, wie er sich ausdrückte. Woher seine Beschwerden kamen, weiß ich nicht; den Grund für die meinigen kenne ich sehr wohl. Für Drogenexperimente war das elterliche Geschäft nämlich ganz ausgezeichnet geeignet.«
»Aber mittlerweile sind Sie davon geheilt.« Sonst hätte er den Fitnesstest für die Marsmission nicht bestanden.
»Vom Ohrenklingeln ebenso wie von den Drogen und übersteuerten Gitarrenverstärkern. Ich habe das Warnsignal verstanden und endlich doch Pharmazie studiert. Aber bei meinem Vater zu Kreuze gekrochen bin ich trotzdem nicht. Da ich mich ohnehin bereits eine Weile mit Unterhaltungselektronik beschäftigt hatte, nahm ich als Nebenfach die Funkerei. Mein Onkel und Taufpate, von dem ich den Namen habe, ist übrigens Experimentalkünstler. Er bearbeitet von ihm aufgezeichnetes Bild- und Tonmaterial für Installationen so, dass die entstehenden Bilder und Töne den akustischen und visuellen Wahrnehmungsgewohnheiten des Rezipienten zuwiderlaufen. Auf diese Weise versucht er, zu neuen Erkenntnissen der Dimensionen von Raum und Zeit zu gelangen. Mit ihm stehe ich nach wie vor in regelmäßigem Kontakt. Ich sitze ja an der Quelle.«
Das brachte Cyr auf eine Idee. »Ich nehme an, die meisten Besatzungsmitglieder kommunizieren gelegentlich mit Freunden oder Verwandten auf der Erde?«
»Ja, jeder hat ein Kontingent an privaten Live-Funksprüchen. Das wird gern genutzt, trotz der gewöhnungsbedürftigen Verzögerung.« Obwohl sich 2037 Mars und Erde so nahe wie selten standen, brauchte jeder Funkspruch etwas über vier Minuten, um die Strecke zu bewältigen, erinnerte Smetana. »Nachrichten kann man sowieso praktisch unbegrenzt senden.«
»Tut sich dabei jemand besonders hervor, im Sinne von auffällig viel Heimatkontakt? Sie verstehen, mich interessiert die menschliche Komponente der Marsmission. Auch Wissenschaftler können schreckliches Heimweh haben.«
Schmunzelnd dachte Smetana nach. »Nicht, dass ich wüsste, Na ja, höchstens in umgekehrter Hinsicht. Emily Tempsky, die neuseeländische Ärztin.« Er hielt die Hände vor seine Brust, als wöge er etwas sehr Schweres. »Die macht überhaupt nicht davon Gebrauch. Offenbar hat sie niemandem etwas von sich mitzuteilen. Ein armes Waisenkind ohne jeglichen Anhang, so scheint es. Ich hätte mich ja bereits als Tröster angeboten, aber sie hat mich abblitzen lassen, freundlich, aber bestimmt.«
»Darf ich nochmals auf das Thema Drogen zurückkommen?«
»Gern. Ich bin clean, falls Sie darauf hinauswollten; schon seit vielen Jahren.«
»Aber ist es denn nicht so, dass man in Extremsituationen wie einer Marskolonie von einer erhöhten Drogengefährdung ausgehen muss?«
»Klar doch. Eben deshalb haben sie ja mich gefragt, ob ich diesen Job hier übernehmen möchte. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen erkenne ich die einschlägigen Symptome früher als die meisten anderen.«
»Und?«
Smetana schüttelte den Kopf, dass die weißblonden Federn flogen. »Einstweilen alles sauber. Ich überprüfe übrigens auch meine Arzneimittelbestände fast täglich aufs Milligramm genau. Da fehlt nichts.«
In ihrer gemeinsamen Kabine gab Hetcher sich wieder zugeknöpft wie eh und je, was Cyr diesmal gar nicht unrecht war.
Zum einen hatten sie auf der Rückfahrt zur Bradbury Base stundenlang, und das durchaus erschöpfend, Gedanken und Geschichten ausgetauscht. Zum anderen konnte sich Cyr dadurch ungestört mit der Datei befassen, die er aus der Versorgungsstation mitgebracht hatte.
Die Liste der dort empfangenen Funksendungen enthielt nichts, was bei oberflächlicher Betrachtung auf irgendeine Form von Sabotage hindeutete. Trotzdem arbeitete Cyr das mehrere Seiten umfassende Verzeichnis wieder und wieder durch. Ihn plagte das Gefühl, des Rätsels Lösung auf der Spur zu sein, ja knapp davor zu stehen. Was hatte er übersehen, was
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