Perry Rhodan Neo 030 - Hort der Weisen
nichts mehr zu sehen. Auch Manoli schaute sich um, zum ersten Mal, seit er endlich vor dem Ende der Liane auf festem Boden stand, die sich gefühlte tausendmal seinen schmerzenden Händen zu entwinden gedroht hatte. Wobei fester Boden relativ war.
Er hatte noch nie etwas derart ... Verrücktes wie Eskrom-Trogh, den Hort der Weisen, gesehen. Die Ansammlung von Gebäuden – wenn man sie so nennen wollte – krallte sich an der senkrechten Felswand fest, über, unter und neben sich nichts als glattes, abfallendes Gestein. Außerdem ragten sie Dutzende Meter waagrecht von der Felswand weg.
Wasser strömte aus der Höhe in Form eines ewigen, unablässigen Nieselregens. Wind peitschte gegen die windschiefen, ineinander verkanteten und verwinkelten Holzbaracken, Stege und Brücken. Eine Unzahl Seile und Taue verband alles miteinander; sie waren in gewaltigen Ösen verzurrt, die in das Gestein des Berges Beelkar getrieben worden waren.
Manolis Sinne weigerten sich, das als Realität anzuerkennen. Dieses labyrinthische Etwas musste doch in sich zusammenbrechen und haltlos in die Tiefe stürzen. Antigravtechnologie, sagte er sich. Unsichtbare Energiefelder und verborgene metallische Stützkonstruktionen ... all das muss vorhanden sein!
»Ich weiß, was du denkst«, herrschte Kalmukh ihn an.
»Und das wäre?«, fragte Manoli skeptisch.
»Dass der Hort auf Technologie basiert.«
Er fühlte sich ertappt. »Wie kommst du darauf?«
»Weil ein Arkonide so denken muss. Dir fehlt die Vision, an die Macht des Willens zu glauben! Ein Topsider trotzt der Natur aus eigener Kraft, denn er ordnet sich den Umständen nicht unter, sondern steht über ihnen!«
Gerede, sonst nichts. Er wusste nicht, was er sagen sollte, ohne den Zorn des Topsiders zu wecken. Also wiederholte er: »Wie kommst du darauf zu wissen, was ich denke?« Obwohl es stimmt ...
»Ich bin ein Trogh«, erwiderte Kalmukh schlicht. »Du ein bloßer Schüler. Also, wie kommst du darauf zu denken, ich wüsste es nicht?« Er lachte zischelnd. »Und nun kommt mit! Ich bringe euch in euer Quartier. Ruht euch aus!«
Die Ebene, an deren Außenrand die Lianen endeten, bestand wie alles andere, was Eric Manoli entdeckte, aus Holz. Die Lianen selbst wurzelten in einer mehrere Meter breiten Vertiefung, die mit dunkler Erde gefüllt war. Ob es sich tatsächlich um Pflanzen handelte, die über diese gewaltige Entfernung nach unten hingen?
Er war zu müde, um sich darüber ernsthaft den Kopf zu zerbrechen. Später konnte er sich darum kümmern. Irgendwann. Nach einer Woche ununterbrochenem Schlaf. Nur war ihm jetzt schon klar, dass man ihm diese Gelegenheit nicht gönnen würde. Nicht als Troghadim, was in der Sprache der Tefroder zwar Weisen-Schüler bedeuten mochte, er für sich aber als Fußabtreter übersetzte ...
Kalmukh ging über die Plattform, achtete dabei sorgsam darauf, keinen Fuß auf die mit Erde gefüllte Mulde zu setzen. Das Holz knarrte unter jedem Schritt.
In unregelmäßigen Abständen ragten hölzerne Tragesäulen auf, auf denen kleine, windschiefe Hütten wie aufgespießt hingen. Hinter den Türöffnungen flatterte schwerer grauer Stoff im Wind. Ob diese Behausungen bewohnt waren, konnte Manoli nicht feststellen; niemand betrat sie oder kam heraus, wie auch sonst außer ihnen kein Topsider zu sehen war.
Alles andere als gemütlich, dachte Eric Manoli und erinnerte sich daran, wie er darüber sinniert hatte, ob die Weisen wohl in einem Hightech-Luxushotel mit allen Schikanen residierten.
Weit gefehlt.
Sie entfernten sich von der Felswand. Kalmukh ging ungemindert schnell auf einen hölzernen Steg, der kaum einen halben Meter breit war und über keinerlei Geländer verfügte. Zu beiden Seiten gähnte der Abgrund. In der Mitte des Stegs, der in eine große Rundhütte führte, packte er ein Seil und hangelte sich daran nach oben.
Nicht noch mal, dachte Manoli und ballte zitternd seine schmerzenden Hände.
Doch der Weg führte sie nur etwa zwei Meter weit in die Höhe. Kalmukh schwang sich dort auf eine weitere Plattform, die erste von ungezählt vielen, die sich übereinanderstapelten, von Stützbalken und Seilen getragen und verbunden.
Manoli ergriff das Seil und stellte fest, dass es sich erstaunlich warm anfühlte – genau wie die Liane, an der er die schier endlose Kletterpartie zum Hort der Weisen zurückgelegt hatte. Tatsächlich, es handelte sich ebenfalls um dieses ... Gewächs, nicht um ein künstlich gesponnenes Seil. Nur war es heller,
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