Perry Rhodan Neo 030 - Hort der Weisen
vielleicht jünger. Er sah nach oben, doch es verschwand zwischen Holzbohlen und Brettern, die kreuz und quer von verschiedenen Ebenen heranragten.
Als Manoli ebenfalls die nächsthöhere Plattform erreichte, direkt nach Khatleen-Tarr und Gihl-Khuan, fiel ihm sofort auf, dass die Bohlen unregelmäßig ausliefen – mehr noch, in zersplitterten Enden. »Was ist dort geschehen?«
»Ein Abbruch«, antwortete ihr Führer lapidar.
»Und das bedeutet?«, fragte Khatleen-Tarr.
»Die Stürme haben diesen Teil in die Tiefe gerissen.«
Die Nüchternheit, ja Emotionslosigkeit, mit der Kalmukh davon sprach, versetzte Manoli einen Schlag. »Kommt das oft vor?«
»Immer wieder.«
»Was geschieht mit den Bewohnern, die ...«
»So viele Fragen, Troghadim?«
»Wie soll ich sonst lernen?«
»Eine seltsame Frage. Aber ich will deinen Wissensdurst stillen. Wer stürzt, stürzt. Das ist Karr-Tork, der Lauf der Dinge. Es ist, wie es ist.«
»Aber ...«
»Schweig jetzt! Man wird auch diesen Teil wieder neu bauen, wie es stets geschieht, und damit neuen Platz schaffen. Weiter! Eure Hütte steht am Rand des Abbruchs.« Der Topsider streckte den Arm aus und deutete auf etwas, das Manoli sich in seinen Albträumen nicht schlimmer hätte ausmalen können.
Keine zehn Minuten später betraten sie zu dritt diese Hütte.
Drei Außenwände standen noch; oder eine komplette und zwei Bruchstücke der Seitenteile. Die Hälfte der Behausung war bei dem Abbruch, wie der Topsider es bezeichnete, in die Tiefe gerissen worden. Das Dach fehlte völlig, über den Wänden gab es etwa einen Meter Freiraum bis zur Unterseite der darüber liegenden Plattform.
So saßen sie mehr oder weniger im Freien auf dem Boden, ungeschützt vor einem schier bodenlosen Abgrund. Eisiger Wind peitschte zu ihnen herein, fing sich in dem Gebälk, das pausenlos knarzte. Außerdem trieb Feuchtigkeit in der Luft, auf dem Holzboden sammelten sich glitschige Tropfen.
»Ein idyllisches Plätzchen zum Ausruhen«, stellte Thersa-Khrur sarkastisch fest.
»Hier kann ich keine Sekunde Ruhe finden.« Vor Manolis innerem Auge stiegen Bilder auf, wie er sich im Schlaf hin und her wälzte und über die Kante stürzte. In dem Fall könnte er nur hoffen, nicht richtig wach zu werden, ehe es vorbei war. Wie lange ein Sturz aus dieser Höhe wohl dauerte? Bei einer Schwerkraft von 1,3 Gravos? Und was würde von ihm übrig bleiben?
»Uns bleibt keine andere Wahl.« Gihl-Khuan ging zu dem einzigen Möbelstück, das in der hinteren Ecke der Hüttenruine stand – einer Kiste, die durch verwinkelte Bretter am Holzboden festgenagelt war. Er öffnete sie, griff hinein und zog eine raue Decke heraus. »Gut«, kommentierte er. »Dann werden wir wenigstens nicht erfrieren.«
Der Topsider warf das Fundstück Khatleen-Tarr zu, beförderte zwei weitere Decken zutage, von denen er eine an Manoli weitergab. »Ich für meinen Teil gedenke nun zu schlafen. Ich weiß nicht, wie es euch geht ...«, diese Worte begleitete er mit einem amüsierten Zischeln, »... aber ich bin müde.« Gihl-Khuan legte sich an der kompletten Wand auf den Boden, so weit von der Abbruchstelle entfernt wie nur irgend möglich.
Khatleen-Tarr tat es ihm gleich. Beide Topsider wickelten sich in ihre Decken ein.
Manoli stand ein wenig ratlos da. Aber welche Wahl blieb ihm? Er konnte sich kaum beim Management des Horts beschweren und eine bessere Unterkunft fordern ...
Also legte er sich ebenfalls hin, in die Ecke des Raums, keine zwei Schritte von seinen beiden Begleitern entfernt, die auffallend nah beieinanderlagen. »Es gibt noch etwas«, sagte er, »über das wir sprechen müssen.«
»Was?« Gihl-Khuan klang unwillig. Seine Decke raschelte.
»Die Pillen.« Manoli holte das Döschen, das Thersa-Khrur ihm überreicht hatte. »Was sollen wir tun?«
»Was schon?«, fragte Khatleen-Tarr. »Man hat es uns gesagt.«
»Und wollt ihr diesem Befehl einfach so gehorchen? Ohne darüber zu diskutieren?«
Die Topsiderin streckte den Arm aus. »Nimm eine der Pillen und gib die anderen rüber. Wir sind Schüler, Erikk-Mahnoli. Thersa-Khrur ist eine der Weisen. Ende der Diskussion.«
Manoli war zu müde, um sich auch noch gegen seine Freunde – wenn er Gihl-Khuan so bezeichnen wollte – argumentativ durchzusetzen. Er nahm eine der Pillen in die Hand; sie waren rund und halb so groß wie sein Daumennagel. Das Döschen reichte er an Khatleen-Tarr. Sie schluckte bereits, während er die seltsame Gabe noch unschlüssig zwischen den
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