Perry Rhodan Neo 5: Schule der Mutanten (German Edition)
hier, irgendwohin, wo ihn der Jefe nicht fand.
Er hatte keine Ahnung, wo er war. Er stand in einer breiten Geschäftsstraße. Die Häuser waren verwahrlost wie fast alle, die er kannte. Rechts von ihm befand sich ein Polizeirevier, erkennbar an der gelben Drehsäule. Sicherlich war er eben erst darin gewesen.
Männer kamen herausgestürmt. Sie sahen sich nach allen Seiten um. Suchten ihn.
Chico machte sich noch kleiner, als er war, und eilte davon. Er war so müde und seine Beine so schwer. Und der Hunger ... Er stolperte über den Bordstein. Warum, verflucht noch mal, war er bloß so ungeschickt und so langsam? Er kam wieder auf die Beine, humpelte weiter.
Ein Pfiff ertönte. Chico achtete nicht darauf. Auch nicht auf die Autos, die seinetwegen abbremsen mussten, als er die Straße zu queren versuchte. Sollten sie ihn doch überfahren, was scherte es ihn?
Chico stolperte wieder. Diesmal jedoch trug er keine Schuld. Jemand hatte ihn gestoßen, vor eine Rostlaube, die mit quietschenden Reifen zum Stillstand kam, nur eine Handbreit von ihm entfernt. Eine Frau stieg aus. Sie schrie: »Dios mio!« und viele andere Beschwörungen, während sie ihm hochhelfen wollte.
Doch da waren die Polizisten. Sie schirmten ihn ab, stießen die Frau beiseite, schoben ihn vor sich her. Trotz seiner aufgeschlagenen Knie, trotz seiner blutenden Nase und dem Schmerz in seinem Nacken behandelten sie ihn mit jener Grobheit, die er bereits während der letzten Tage hatte kennenlernen müssen.
Sie brachten ihn auf die Station zurück, unaufhörlich fluchend und auf ihn einbrüllend. Am Treppenabsatz stand der Jefe.
Irgendwie erfüllte es Chico mit Genugtuung, als er das bleiche Gesicht des Mannes sah. Er brabbelte von Teufelei und Dämonen, dass er eine Höllengestalt wäre.
Oh ja. Der Jefe hatte Angst vor ihm.
Sie gaben ihm wenig zu trinken, und wenn er endlich einen Schluck zu sich nehmen durfte, konnte er sicher sein, dass irgendein Rauschmittel darin aufgelöst war.
Chico bekam kaum mit, was rings um ihn geschah. Manchmal war er im Loch, manchmal trug man ihn nach oben. Da waren Leute, die sich Ärzte nannten und sinnlose Fragen stellten, die er nicht beantworten konnte. Ein Mann im Talar, ein Priester mit grimmigem Gesicht, hielt ihm ein Kreuz an die Stirn und brüllte ihn an, sodass Chicos Gesicht voll vom Speichel des Mannes war.
Man schlug ihn. Man tat andere böse Dinge mit ihm, die zwischen all den bunten Träumen, die er die meiste Zeit hatte, angesiedelt waren und die er nicht verstand. Kaum einmal gelang es ihm, einen klaren Gedanken zu fassen. Er hörte sich lachen oder weinen oder schluchzen. Es war alles gleich. Nichts ergab einen Sinn.
Bis eines Tages ...
»Da ist er, Señor.« Die Stimme des Jefe.
»Er sieht grässlich aus, Alberto.«
»Wir mussten ihn ruhigstellen. Wer weiß schon, was er sonst für dämonische Dinge aufgeführt hätte. – Und wenn wir nun über den finanziellen Aspekt unseres kleinen Geschäfts sprechen könnten ...?«
»Selbstverständlich, Jefe. – Sie wissen, dass ich einen Betrug mit allen Mitteln verfolgen würde?«
»Ja, Señor. Es ist so, wie ich sagte. Chico hat Dinge gemacht, die nicht von dieser Welt sind. Ich schwöre es beim Leben meiner Mutter.«
»... die, wie ich erfahren habe, längst verstorben ist, Alberto. Ich würde an Ihrer Stelle vorsichtig sein mit dem, was Sie sagen.«
Papier raschelte. Chico versuchte, seinen Kopf aufzurichten. Er lag auf einer Pritsche. Da waren zwei Männer. Der Jefe, der eigentlich Alberto hieß, und ein Kerl, drahtig und schlank, mit Narben im Gesicht.
Die beiden tauschten ein dickes Päckchen Banknoten aus, der Jefe grunzte zufrieden. »Damit gehört er Ihnen, Señor. Und wenn's möglich ist: Ich möchte niemals mehr wieder etwas von Chico hören.«
»Natürlich nicht, wie versprochen. – Mamasita, nimmst du ihn, bitte schön?«
Aus dem Schatten, der links von Chico war, wurde eine massige Gestalt. Ein Weib, das zwei Meter groß war und einen wallenden Umhang trug, der den Körper bis zu den Fesseln hinab bedeckte. Die Frau hob ihn mit einer Leichtigkeit hoch, als wäre er eine Feder. Sie trug ihn auf ihren Armen diesen verfluchten Gang entlang, den er zu hassen gelernt hatte.
Sie erreichten den Ausgang. Die Sonne blendete ihn. Mamasita grunzte und schulterte Chico. Er konnte nun die Hacken ihrer Schuhe sehen. Wenn sie einen längeren Schritt tat, zeigten sich unglaublich dicke, in den Schaft unterschenkelhoher Stiefel gequetschte
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