Perry und das unheimliche Haus von Hackston
ganzen Kram verderben.
„Aber er könnte!“
Der große Augenblick kam um 16 Uhr 50. Eine Lady (?) in einem roten Kostüm betrat Jack Masons Galerie. Dicki und Ronnie hielten den Atem an.
„Eine Frau!“ sagte Ronnie überflüssigerweise. „Wenn die auch eine Geige nimmt, ist sie die dritte Frau!“
„Die sah eher nach einer aus, die ein Bild kauft!“ sinnierte Ronnie weise.
„An was willst du das sehen?“
Dickis Freund zuckte die Achseln. „Das habe ich so im Gefühl!“ Sprach’s und ließ eine Kaugummiblase platzen.
„Du und dein Gefühl. Ich sage dir, die kommt mit dem gleichen Paket raus.“
„Und die willst du verfolgen?“
„Will ich!“
„Hoffentlich merkt die nichts davon.“
„Die sieht mich gar nicht!“ versicherte Dicki, doch man sah es Ronnie an, daß er wohl nicht so richtig an Dickis Talente auf diesem Gebiet glaubte. Und er gab zu bedenken: „Hier stehen und ein Geschäft beobachten ist leichter, als hinter jemandem herzuschleichen, ohne daß der was merkt!“
„Du hast doch keine Ahnung. Oder hast du schon mal jemanden beschattet?“
„Ich bin ja kein Kriminalist!“
Der Disput wurde in diesem Augenblick durch das Wiederauftauchen jener Dame im roten Kostüm beendet.
„Guck nur!“ flüsterte Ronnie. „Die hat so ’n Paket!“
„Bis nachher!“ Dicki setzte sich in Bewegung. Ein wütendes Hupen begleitete seinen Sprint bei Rot über die erste Straße. Da er nicht quer über den Kingsplace laufen konnte, mußte er zuerst drei Straßen passieren, um in die Hutchison-Street zu kommen; dort war die Lady mit dem Paket verschwunden.
Es dauerte sechs Minuten, dann hatte Dicki den „Sichtanschluß“ hergestellt. Genauer gesagt, er ging sechzig Meter hinter ihr, glücklich darüber, daß sie noch keines der zahlreichen, am Straßenrand parkenden Autos angesteuert hatte. Damit hätte sie ihn — was für ein Triumph für Ronnie — vor ein unlösbares Hindernis gestellt, denn weit und breit gab es keinen Taxistand. Wenig später bog die Frau in die Burk-Lansky-Lane ein, überquerte die Kitchener-Street und nahm den direkten Weg in die Lions-Road, wo sie auf eine Omnibushaltestelle zusteuerte.
Dicki tastete nach seinem Geldschein.
Sollte er ihn vielleicht vorher wechseln lassen? Es wäre zu dumm, wenn ihn der Omnibusschaffner wegen der Pfundnote anmeckern würde. Mußte doch seine Devise heißen: nur nicht auffallen!
Doch es war bereits zu spät.
In diesem Augenblick kurvte der Omnibus von der Anderwood-Street kommend in die Lions-Road ein. In die Schlange der Wartenden kam Bewegung.
Einige Atemzüge lang zögerte Dicki noch. Ganz plötzlich war ihm das Abenteuerliche seines Unternehmens bewußt geworden. Doch dann dachte er an Ronnie Hastings und dessen Art, hinterlistig zu feixen, und das gab den Ausschlag. Mit feuchten Händen und erhöhtem Pulsschlag schloß er sich den Einsteigenden an, krampfhaft bemüht, der Dame in Rot nicht zu nahe zu kommen. Eine Befürchtung, die umsonst war, denn mit Erleichterung konnte Dicki feststellen, daß sie eine Vorliebe für die obere Omnibusetage zu haben schien.
Der kleine Detektiv zählte die Stationen nicht.
Es war inzwischen 17 Uhr 25 geworden.
Da, endlich...
Die Haltestelle hieß Amerson-Castle, obwohl von einem Schloß oder einer Burg weit und breit nichts zu sehen war. Nichts unterschied diese Straße von hundert anderen Geschäftsstraßen in London.
Die Frau mit dem Paket ging zielstrebig auf ein Appartementhochhaus zu, in dem sie verschwand, ohne sich noch ein einziges Mal umzudrehen.
Fünfzehn Sekunden später huschte Dicki ebenfalls durch die Haustür. Rechtzeitig genug, um zu sehen, wie der Fahrstuhl in die oberen Regionen entschwand. Gebannt starrte er auf die Anzeigetafel, auf der jeweils die Zahl des erreichten Stockwerks angezeigt wurde.
Zuletzt leuchtete die Zahl 6 auf.
Sein „Opfer“ wohnte also in der sechsten Etage. Wie nun weiter? Jetzt war guter Rat teuer. Wie sollte er herausfinden, wie sie hieß?
Dicki hatte sich gerade in die Namen auf den Briefkästen vertieft, als ihn eine tiefe, dröhnende Stimme zusammenfahren ließ.
„Na, suchst du jemand?“
Dicki sah in ein freundliches, altes Gesicht, das von einem eisgrauen Schifferbart umrahmt wurde. Der Mann selbst steckte in einem etwas zu weiten Wettermantel und trug eine Baskenmütze. In den Händen hielt er eine Menge Einkaufsbeutel. Dicki hatte sich schnell gefangen (schließlich mußte sich ein Detektiv auch unerwarteten Situationen
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